Taxis vs. Uber: Ausschreitungen in Frankreich und Courtney Love vergleicht Paris mit Bagdad

Taxifahrer in mehreren französischen Städten haben am Donnerstag gestreikt und gegen den Dienst UberPop des Unternehmens Uber demonstriert, sowie gegen andere Unternehmen, die sogenannte VTC-Dienste („Touristische Fahrzeuge mit Fahrer”) anbieten, weil diese angeblich unlauteren Wettbewerb betreiben.

Nach einem Tag, der von der Gewalt mancher Demonstranten—umgeworfene Autos, entzündete Reifen—gezeichnet war, hat das Polizeipräsidium Paris eine Verordnung erlassen, die den Dienst UberPop (sowie die Dienste Heech und Djump) verbietet, da dieser sich durch den Einsatz nichtprofessioneller FahrerInnen von anderen Diensten unterscheidet.

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Zu dieser Entscheidung kam es nach der Aufforderung des französischen Innenministers Bernard Cazeneuve. Dieser äußerte sich früher am Tag in Reaktion auf eine Reihe gewalttätiger Vorfälle und Blockaden auf mehreren großen Schnellstraßen, insbesondere in Paris, die von Amateuren auf Video festgehalten wurden.

Der Innenminister führte „schwerwiegende Störungen der öffentlichen Ordnung und [die] Entwicklung dieser illegalen Aktivitäten” an. Die App UberPop, die in Frankreich im Februar 2014 erschien und zu den französischen Diensten von Uber gehört, soll nach Inkrafttreten eines Gesetzes zu VTC-Diensten vom Oktober 2014 eigentlich bereits seit Anfang 2015 verboten sein, doch die Firma Uber hat sich mit diversen rechtlichen Schritten gewehrt, weswegen ihr UberPop-Dienst während dem anhaltenden Rechtsstreit weiterhin angeboten werden darf.

Das Büro des Premierministers bat die Taxigewerkschaften, die zum Streik aufgerufen hatten, für den Nachmittag nach Matignon, doch diese weigerten sich einhellig, da sie das UberPop-Verbot als „unzureichend” sehen und eine allgemeinere Lösung für VTC-Dienste anstreben. Fast 3.000 Taxis demonstrierten laut Polizeiangaben am Donnerstag in mehreren französischen Städten. In ganz Frankreich gibt es 55.000 Taxis.

Taxifahrer wurden auch zu Opfern der Gewalt. Zwei Fahrer wurden von VTC-Fahrern angefahren, jeweils an den Flughäfen Roissy-Charles-de-Gaulle und Orly, wo die Taxifahrer demonstrierten. Eine Kamera von iTélé fing einen dieser Fahrer ein, als kurz nach dem Vorfall Hilfskräfte eintrafen.

Laut Le Parisien lag die Zahl der Festnahmen in Lyon und Paris bis zum Spätnachmittag bei 15 Personen. In den Städten, in denen demonstriert wurde—darunter Nizza, Marseille, Toulouse, Bordeaux, Lyon, Nantes und Lille—wurden Bahnhöfe oder Flughäfen blockiert.

Diese sehr französischen Nachrichten gewannen mit dem Eintreffen von Courtney Love am Donnerstagmorgen in Paris eine internationale Dimension. Auf der Fahrt vom Flughafen Roissy-Charles-de-Gaulle (es ist unbekannt, welchen Dienst sie dabei nutzte), kam ihr Auto auf der von Demonstranten blockierten Pariser Ringstraße zum Stillstand.

Courtney Loves Auto wurde anscheinend mit Eiern beworfen. In einem Tweet warnte sie den Rapper Kanye West, der dem Tweet zufolge wohl selbst bald in Paris eintreffen sollte.

Die Sängerin zögerte nicht, die Pariser Ringstraße mit Bagdad zu vergleichen. Sie appellierte auch an Präsident François Hollande, indem sie tweetete: „Get your ass to the airport.”

Nach Angriffen und Bedrohung durch Demonstranten schaffte es Love mithilfe eines Motorrad-Transportdienstes doch noch endlich ohne größere Zwischenfälle ins Stadtzentrum von Paris.

„Ich rufe alle Beteiligten dazu auf, von jeglicher Gewalt abzusehen”, verkündete der Innenminister Bernard Cazeneuve auf dem Weg nach Marseille. Mehrere Taxigewerkschaften riefen ebenfalls dazu auf, die Ruhe zu bewahren.

Auf Anfrage von VICE News am Donnerstagnachmittag erklärte der ehemalige Präsident der Fédération Nationale de Taxis Indépendants (FNTI), Jean-Claude Françon, im Namen der FNTI: „Die Regierung ist für die heutigen Ausschreitungen verantwortlich. Sie hat nichts getan, dabei hätte sie schon längst etwas unternehmen sollen. In gewisser Weise unterstützt die Regierung also Schwarzarbeit.” Françon bezeichnet damit UberPop als Schwarzarbeit. Tatsächlich kritisieren Taxifahrer besonders die steuerliche Ungleichheit zwischen ihnen und UberPop-Fahrern.

„Die Ausschreitungen von heute Morgen bringen zweifellos das Anliegen der Taxifahrer voran”, sagte Françon. „Genau wie Taxifahrer, die nicht aussteigen, um ihren Kunden die Tür zu öffnen”, kommentierte ein Taxifahrer mit 45 Jahren Berufserfahrung.

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Françon sagt: „Es gibt keine kurzfristige Lösung, außer vielleicht eine Beschleunigung des Berufungsverfahrens von Uber.”

Taxifahrer sehen sich bedroht durch Dienste, die Kunden direkt mit Fahrern in Verbindung setzen, ob VTC-Profis oder Amateure wie bei UberPop. Sie verurteilen die ungleiche Behandlung, da sie selbst seit Jahrzehnten gewisse Regeln befolgen müssen.

Das ist der Grund, warum manche Taxifahrer sowohl gegen UberPop als auch VTC-Dienste sind, auch wenn Letztere legal sind. Die Situation wird dadurch noch weiter kompliziert, dass VTC-Firmen auch gegen UberPop sind, ebenfalls aus Gründen der unlauteren Wettbewerbsführung.

Die Anzahl der Taxilizenzen ist in Frankreich gesetzlich begrenzt. Fahrer, die in den Ruhestand treten, können ihre Lizenz an Neulinge verkaufen—wobei der Tarif je nach Stadt variiert und in Paris mehr als 240.000 Euro betragen kann. Viele Taxifahrer erklären, dass sich diese Investition nun angesichts der neuen Dienste nicht mehr lohne. Die Fahrer würden sich für den Kauf der Lizenz verschulden und sähen sich aufgrund der Konkurrenz dann nicht mehr in der Lage, ihre Schulden zu begleichen.

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Der Wert des Unternehmens Uber, das 2009 gegründet wurde, wird inzwischen auf 40 Milliarden Dollar geschätzt. Die Firma ist in etwa 250 Städten in 50 Ländern weltweit aktiv, mit verschiedenen Diensten wie UberX, Uber Berline [„Limousine”] oder UberVan, sowie mit der UberPop-App.

In vielen Ländern hat Ubers Anwesenheit Konflikte zwischen der Firma, den Behörden, Taxiunternehmen und anderen Fahrdiensten ausgelöst. Die Informationsseite Rue89 hat die globalen Spannungen kartografiert.

In Frankreich hat es mehrere Zwischenfälle zwischen Uber- und Taxifahrern gegeben. In den vergangenen Wochen kam es zu mehreren Übergriffen auf Uber- bzw. UberPop-Fahrer, zum Beispiel in Straßburg.

In Marseille und Nizza haben Taxifahrer Fallen gestellt, indem sie sich als Kunden ausgegeben haben, um Uber-Fahrer in deren Fahrzeugen anzugreifen. Auch brachen mehrere Taxifahrer einem Mann Nase und Kiefer, als er davon sprach, ein Uber zu bestellen.

Der französische Innenminister empfing um 18:30 Uhr die Delegation der Taxigewerkschaften, die sich früher am Tage geweigert hatten, in Matignon zu erscheinen.