Das sind Bilder von Ryans abgefuckter Party-Zeit, in der er Fotos seiner verrückten Freunde machte, bis er endlich seine eigene Ausstellung im Whitney Museum bekam, die ihn wie eine junge, nasse Nudel in das kochende Wasser der Kunstwelt geschmissen hat.
Um diese auszugraben, musste Ryan sein Archiv durchforsten—unzählige Alben in den Regalen seines Studios, von der Decke bis zum Boden. „Ich war psychotisch davon besessen, mein Leben zu dokumentieren“, sagte er. „Ich musste von allem und jedem Fotos machen. Damals war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen, rauszugehen, mich komplett zu zerstören und Unmengen an Fotos zu schießen. Wenn ich den Film dann entwickelt hatte, war das wie Beweisfotos von den Dingen zu haben, an die ich mich erinnern konnte.“
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Selbstportät (Autounfall), 1998
Es war einer der heißesten Tage dieses Sommers und ich fuhr ohne T-Shirt Rad. Ich wurde von einem Auto angefahren und ein Stück auf dem Asphalt auf meinem Hintern und Rücken mitgeschleift. Das Quietschen der Reifen verfolgt mich noch immer. Obwohl es meine Schuld war, gab mir der Autofahrer das ganze Geld, das er bei sich hatte, weil er selber so geschockt war. Das waren fast 400$. Das war Wahnsinn! Ich habe heute noch Kieselsteine im Rücken.
Donald und Earsnot, 2003
Es war ein wirklich verrückter Sommer für Earsnot. Es war der Anfang seiner 5-jährigen Bewährungstrafe und ein Lastwagen fuhr ihn beim Skaten an. Er lag vier Wochen im Krankenhaus, bevor sie ihn operierten. Dann lag er noch Wochen lang zu Hause herum, bis er wieder fit war. Ich fand, dass er unbedingt mal Abwechslung brauchte, deshalb fuhr ich mit aus der Stadt raus. Snot war aber nur ziemlich sauer, weil er das Gay Pride Weekend verpasste. Der auf dem Foto neben ihm sitzt, ist Donald Eric Cumming. Ich habe an einer Trampolinserie gearbeitet und die beiden sehen gerade Leo Fitzpatrick beim Herumspringen zu und trinken Bier.
Dan (9/11), 2001
Das ist der Künstler Dan Colen in der Nacht vom 11. September. Wir fuhren mit unseren Rädern in die Gegend, um zu schauen ob wir irgendwie behilflich sein konnten. Alles war staubig, deshalb hat die Feuerwehr die Straßen geflutet. Es flogen Papier- und Dokumentenfetzen herum, riesige Vorräte an Trinkwasser für die Soldaten, die dort stationiert waren, standen auf dem Gehsteig. Es war alles so unglaubich bizarr. In Downtown konnte man noch Wochen später den Staub riechen.
Dash (Lieferung), 2002
Das war eine typische Nacht in diesem Jahr. Dash Snow telefoniert mit unserem Dealer. Die Couch, auf der er sitzt, hatte mal mir und meinem Mitbewohner, Teddy gehört. Wir haben sie Dash zu seiner Wohnungseinweihung geschenkt, als er mit seiner Frau, Agathe Snow, dem Kaninchen Gary und dem Wellensittich Sergeant Slaughter in die Avenue C zog. Irgendwann mal zerlegten wir die Couch, weil wir der Meinung waren, dass da mal jemand Gras drin verloren hatte. Wir wurden leider nicht fündig, aber Jahre später pflanzte Dash einen Baum in das Loch, das wir rausgerissen hatten und verkaufte sie als Skulptur an Charles Saatchi.
Oliver (3D-Brille), 2002
Oliver habe ich im Cock—der grindigen, alten Version auf der Avenue A, nicht die neue, die das alte Loch übernommen hat—kennengelernt. Es war uns immer ein bisschen unangenehm, das zu erzählen, darum dachten wir uns immer irgendwelche Geschichten aus, wo wir uns zum ersten Mal getroffen haben. In Wirklichkeit war es ziemlich geradeaus. Ich habe keine fünf Sekunden gebaucht, ihm meine Liebe zu gestehen. Ein paar Minuten später haben wir auf dem Dach meines Apartments herumgemacht. Ich dachte mir, dass das alles zu schön um wahr zu sein war und ich ihn nie wieder sehen würde. Darum hab ich ihm seine Polaroid-Kamera gestohlen. Zum Glück, denn deshalb trafen wir uns wieder und hatten unser erstes Date. Ich hab ihm als Geschenk ein 10-Gang-Fahrrad gekauft, wir haben uns einen Trip eingebaut und sind mit 3D-Brillen durch Manhatten gefahren.
Semen Sperms, 2001
Semen Sperms ist eine Downtown New York City-Graffiti-Legende. Ich habe schon davon gehört, wie schräg er ist, bevor ich ihn zum ersten Mal getroffen habe. Dass er mit Karate-Kicks Fenster eingeschlagen hat, tausende Platten besaß und wirklich alles über seine Musik wusste. Der Typ hat mich total fasziniert. Als wir uns dann tatsächlich trafen, konnte ich kaum glauben, dass dieser weirde 70er-Rocker Semen Sperms sein sollte. Sperm hatte ein unmenschliches Wissen an Schrägheiten, das mich hypnotisierte. Er ist und wird immer mein liebster Tag bleiben.
Eric (Heilsarmee), 2001
Jetzt ist Donald Eric Cumming der Sänger der Virgins. Zur Zeit, als ich dieses Foto von ihm gemacht habe, hörte er auf Eric und es dauerte einige Zeit, mich daran zu gewöhnen, ihn Donald zu nennen. Er hat einfach eines Tages beschlossen, seinen Vornamen zu wechseln und das wars. Auf dem Foto ist er gerade bei der Heilsarmee in Chelsea. Dort gab es immer das schönste Gewand und Bettzeugs. Die ganzen toten Schwuchteln aus der Gegend—deren Kleiderschrank landete dort. Ralph Lauren, Dior, Yves Saint Laurent. Ich habe öfter Bettüberzüge gestohlen. Einmal war ich mit Eric dort und wir sahen diesen Typen mit dem Hitlerbärtchen. Eric stellte sich neben ihn, damit ich ein Foto von ihm machen konnte. Als ich sagte: „Hey Eric, schau mal her!“ sahen sie beide auf und ich hatte mein Bild.
Sparky, 1999
Als ich in der Seventh Street in der East Village wohnte, verkauften mein ältester Freund aus Jersey, Teddy und ich Weed, um uns das College zu finanzieren. Als ich mit Marc zusammen kam, hat Teddy immer wenn Marc zu Besuch kam gerufen: „Hey Marc-y Sparky, lass uns einen rauchen!“ Jedes Mal, wenn er durch die Tür kam, rauchten sie ein paar. Scheiß Kiffer. Darum sagten bald alle Sparky zu ihm, auch jetzt noch.
Ryan (Head-Butt), 1999
Das ist nicht mein Blut. Ich hab mit meinem Freund im East Village herumgemacht und irgendein Macho-Trottel hat uns im Vorbeigehen Schwuchteln genannt. Wahrscheinlich hat er sich nicht gedacht, dass ich darauf reagieren würde, aber wir haben ein bisschen herumgestänkert und dann habe ich ihm einen ordentlichen Head-Butt verpasst. Ich konnte fühlen wie seine Nase auf meiner Stirn brach. Wir sind ein paar Blocks gelaufen und haben gelacht und zu Hause sind wir gleich ins Bett gegangen. Da hat mein Freund dieses Bild von mir gemacht.
Mariana (Badezimmer), 1998
Mariana war meine erste Muse. Sie ist die schönste Frau, die ich jemals fotografiert habe. Sie hatte eine ganz besondere Energie und hatte nie Angst davor, genau das zu sagen, was sie sich dachte. Sie ist eine von den Menschen, die sogar im Kino ihren Senf dazu geben. Wir haben uns immer furchtbar aufgeführt und nur Mist im Kopf gehabt. Dieses Foto von ihr habe ich bei irgendeinem armen Kind gemacht, das dachte, es sei eine gute Idee, eine Party im Haus seiner Eltern zu machen. Mariana randalierte im Badezimmer und patzte mit teuren Cremes der Oma des Kindes herum.