Tourismus-Fake-Portal ‘Touristifikation’ aus Regensburg führt peinliches Citymarketing vor

Wenn der Sommer kommt, erwachen die müden Mitarbeiter städtischer Tourismusbüros in ganz Deutschland. Sie entwickeln mit Hilfe von Werbeprofis vermeintlich mutige Marketing-Ideen, um Touristen anzuziehen. Jedes Kaff tut dann so, als wäre es New York – und jede Großstadt wird dafür zum sympathischen, aber weltgewandten Kaff. Vor allem mit Hilfe von Slogans und Hashtags wird dann versucht, Touristen anzulocken.

Zum Glück existiert aber ein Stadtportal, das die Dinge beim Namen nennt. Das Satireprojekt Touristifikation.de stellt den Besuchern das bayerische Regensburg und seine etwa 150.000 Einwohner mal anders vor. Sowohl die Website als auch ein in der Altstadt verteilter Touri-Guide bringen Regensburg Besuchern näher. Über den vom tatsächlichen Regensburger Stadtmarketing als Top-Attraktion angepriesenen Dom heißt es hier: “Der Dom ist im Prinzip eine Kirche. Sie werden ihn gleich erkennen, weil er schon von außen den Anschein einer zu großen Kirche erweckt. Innen bestätigt sich dieser Eindruck. Er ist sehr hoch und hat Fenster. Es klingt wie ein Wunder, dass die Menschen damals mit ihren kleinen Händen so große Häuser bauen konnten. Aber es ist wirklich wahr.”

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Für die Altstadt fordert das Fake-Stadtportal eine “längst überfällige Radfahrerobergrenze”. Diese solle durch “verschärfte Einreisebedingungen und Blockabfertigung für Velozipedisten” erreicht werden. Der Hintergrund sei, dass immer mehr SUV-Fahrer sich über die “zweirädrigen Verkehrshindernisse” beklagen würden. In einem kostenlosen Fake-Stadtführer macht sich das Satireprojekt gleichzeitig über das gescheiterte Vorhaben lustig, in Regensburg autofreie Sonntage einzuführen.

In diesem Stil und mit einem Mix aus Satire und Sozialkritik stellt das Projekt Regensburg dar. Und eine Bastelanleitung für einen Selfie-Stick gibt es auch noch obendrauf: Einfach das Smartphone an eine Fußbodenleiste nageln und ab dafür. #FreiheitRegensburg.

Touristifikation ist nicht die einzige Verballhornung offizieller Werbekampagnen

Die beiden Regensburger Künstler Klaus Schwarzfischer und Hubert Lankes haben das Portal 2015 gestartet. Einige ihrer satirischen Ideen wären auch durchaus etwas für die ganzen #Stadtwerber. Mit der Regensburger Initiative “Kreuzkümmel meets Kreuzgang” soll ein Dönerstand in die christiliche Kirche St. Jakob eingefügt werden, natürlich “gestalterisch ansprechend”. Wer das zu abgedreht findet, sollte sich anhören, was die FDP gerade für Berlin angeregt hat: den Hyperloop. Eine Debatte solle angestoßen werden, ob man nicht einen Unterdrucktunnel für eine High-Speed-Trasse von Berlin nach Leipzig bauen könne, heißt es.

Das Regensburger Touristifikation ist nicht die einzige Verballhornung offizieller Werbekampagnen. Wer beispielsweise von der ganzen Freiheit in Berlin zu viel bekommt und nach Brandenburg ins Grüne fährt, will ja auch wissen, was dort geht. “Wenn es um Umwelt- und Tierschutz-Auflagen geht: Da lassen wir auch mal Fünfe gerade sein”, heißt es aktuell in einem nicht-offiziellen Werbevideo über dieses weite Land, das Berlin eingekreist hat.

Berlin selbst versucht es mit unendlich cheesigem Pathos – und eben damit, wie frei doch alle in der Hauptstadt seien: “Die Vielfalt, die Gegensätze, das Miteinander, das Kunterbunte, das Kreative, das Verrückte und auch das Normale – alles, wofür Berlin international steht, fußt auf dem großen Wert der Freiheit.” Jetzt könnte man den Versuch, den Begriff Freiheit von der FDP zurückzuerobern, ja löblich finden, aber dafür wird er hier zu platt ausgewalzt. Und sogar noch mit einem #FreiheitBerlin versehen. Wer seine Freiheit so betont, muss sie schon sehr bitter nötig haben.

In einem Imagefilm für Niedersachsen singen dagegen lächelnde Menschen Sätze wie: “Seht das Land und seht es richtig! Eure Träume sind uns wichtig!” Und: “Genug von Sonne, Meer und Watt, führt dich dein Weg nun in die Stadt!” Und irgendwann sogar, es ist kein Scherz: “Wenn die Heide wieder glüht, sind wir auch stets bemüht!”

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