Wir haben Netflix unrecht getan. Dogs of Berlin ist entgegen unserer bisherigen Annahme NICHT das Schlimmste, was in den letzten Jahren an Film und Serie über die deutsche Hauptstadt hereingebrochen ist. Seit Mittwochabend wissen wir: Diese Ehre gebührt dem neuen Kinofilm Berlin, I Love You. Zumindest lässt der erste Trailer Schreckliches erahnen.
Der Film will der Perle inmitten der Miesmuschel Brandenburg durch episodenhaft erzählte Liebesgeschichten ein Denkmal setzen – und tut das mit motivierenden Mitschunkelsongs, jeder Menge Hollywood-Stars und allen unzutreffenden Berlin-Klischees, die man sich als Instagram-Power-User, der noch nie aus Bottrop-Kirchhellen rausgekommen ist, überhaupt nur vorstellen kann. Jede kleine Liebesgeschichte wurde von einer anderen Regisseurin oder einem anderen Regisseur gedreht. Und selbstverständlich ist auch Deutschlands Stanley Kubrick dabei: Til Schweiger.
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Nach Gucken des ersten Trailers drängt sich der Gedanke auf, dass zumindest Ostberlin von dieser filmgewordenen Schuppenflechte hätte geschützt werden können – würde die Mauer noch stehen. Wir hätten da so oder so aber noch ein paar Fragen.
Wenn die konzeptuell ähnlichen Filme Paris, je t’aime und New York, I Love You hießen – warum heißt die Liebeserklärung an die deutsche Hauptstadt dann nicht Berlin, ick liebe dir?
War irgendeiner der beteiligten nicht-deutschen Personen jemals wirklich in Berlin, oder haben sie ihr Berlin-Bild aus Werbespots für Krankenversicherungen zusammengeklöppelt und daraus einen Film gedreht?
“Leute kommen nach Berlin, um zu träumen, zu tanzen und sich zu verlieben” heißt es im Trailer. Warum wurde bewusst weggelassen, was danach passiert? Klang “Leute feiern sich mit verschnittenem Koks ins Party-Burnout und verlassen ihre mit Sperrmüllmöbeln eingerichteten Altbauwohnungen irgendwann nur noch, um Hummus und Billigwein am Späti zu kaufen” einfach nicht inspirierend genug, oder wird das der große Storytwist?
Wie schafft man es, einen zweieinhalbminütigen Trailer über einen Berlin-Film zu veröffentlichen, in dem nicht mindestens einmal jemand in Hundescheiße tritt?
ODER Rotkäppchen-Sekt aus der Flasche trinkt?
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Die Vorgängerfilme haben in unterschiedlichen Bezirken der jeweiligen Städte gespielt. Heißt das, wir bekommen in Berlin, I Love You auch mit dramatischer Popmusik unterlegte Rumknutschszenen in Spandau, Hellersdorf oder Rudow?
Wurde Til Schweiger mit körperlicher Gewalt davon abgehalten, sein Gesicht in die Kamera zu halten?
Und wo ist eigentlich Daniel Brühl?
Ernsthaft jetzt: Wo sind die ganzen großen, deutschen Stars? Die sind sich sonst doch auch für nichts zu schade. Veronica Ferres und Hannelore Elsner stehen zwar in den Credits, tauchen aber zumindest im Trailer nicht auf.
Hat irgendeine Person, die tatsächlich in Berlin lebt, jemals gesagt “Das ist Berlin!” – und sich damit nicht zynisch auf einen betrunkenen Verschwörungstheoretiker bezogen, der sich auf dem U-Bahn-Sitz in die Hose macht und anschließend seine Mitpassagiere um Kippen anschnorrt?
Wäre es außerdem nicht deutlich realistischer gewesen, die Protagonistinnen und Protagonisten in Carsharing-Autos zu setzen, statt sie in alten Luxuskarren durch Berlin brettern zu lassen? Nur so ein Vorschlag. Weil: “Das ist Berlin!”
Ist Berlin, I Love You ein inoffizielles Spin-off zu Game of Thrones, bei dem Shae (Sibel Kekilli) und Ramsay (Iwan Rheon) von den White Walkern reanimiert werden, weit entfernt von Westeros ein neues Leben beginnen und sich ineinander verlieben? Wenn Ja: geil!
Wer würde ebenfalls größere Geldsummen darauf verwetten, dass die Storyline, für die Til Schweiger verantwortlich ist, jene ist, bei der sich Toni Garrn in Mickey Rourke verliebt? Und das sagen wir nicht nur wegen dem deutlich sepialastigeren Farbeinschlag dieser Szenen.
Welcher Rapper wird nach dem Kinostart zuerst ein Berlin-Verbot gegen alle aussprechen, die an diesem Machwerk beteiligt waren? Wir tippen auf Fler.
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