2017 schaffte es die österreichische Fußballnationalmannschaft der Frauen sensationell bis ins EM-Halbfinale. Dass fußballspielende Frauen in Österreich so gefeiert werden, wie es damals der Fall war, ist aber alles andere als selbstverständlich: Die völlige Unterdrückung von Frauensport im Nationalsozialismus war auch Jahrzehnte später spürbar. Noch in den 60ern waren Frauenabteilungen beim ÖFB komplett verboten.
Dabei nahmen österreichische Frauen im Fußball ursprünglich eine Vorreiterrolle ein: Bereits in der Zeit des Austrofaschismus formierten sich weibliche Teams, die aber der Schikane des ÖFB und der Presse ausgesetzt waren. Davon handelt dieser Text von Helge Faller, der zuerst im österreichischen Fußballmagazin ballesterer erschienen ist.
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Als die Spielerinnen des ASV Spratzern im Frühsommer 2016 den Gewinn der Meisterschaft der ÖFB–Frauenliga feierten, standen sie in einer langen Tradition. Denn bereits 80 Jahren zuvor, am 2. Mai 1936, war auf dem Baumgartnerplatz in Wien vor rund 250 Zuschauern das erste Meisterschaftsspiel der Österreichischen Damenfußball Union, der ÖDU, ausgetragen worden. Damals besiegte der DFC Wien den DFC Hertha 9:0.
Vor dem Spiel hatten die Fußballerinnen einiges an Überzeugungsarbeit geleistet, denn der Austrofaschismus sah den Frauensport generell und den Frauenfußball im Speziellen höchst kritisch. Physische, psychische und ästhetische Gründe wurden ins Treffen geführt, auch prominente Fußballer äußerten sich ablehnend.
So wird “Wunderteam”-Spieler Karl Zischek am 3. Februar 1936 im Montag zitiert: “Wie werden die Damen nur köpfeln, wenn sie auf ihre Wasserwellen achtgeben müssen?! – und überhaupt eine kickende Braut – unmöglich!” In derselben Ausgabe wurde Austria-Präsident Emanuel Schwarz mit den Worten wiedergegeben: “Eine Frau als Fußballerin wirkt entschieden unästhetisch. Außerdem ist Fußball für Frauen ungesund und viel gefährlicher als für Männer, da sie viel empfindlichere Organe haben.”
“Eine Frau als Fußballerin wirkt entschieden unästhetisch. Außerdem ist Fußball für Frauen ungesund und viel gefährlicher als für Männer, da sie viel empfindlichere Organe haben.”
Doch in Wien und Umgebung gründeten sich neue Vereine. Die Zuschauer strömten zu den Spielen, es entstand eine echte Fangemeinde. Nur logisch, dass bereits im Dezember der nächste Schritt vorbereitet wurde – die Gründung eines Verbands und die Ausrichtung nationaler Titelkämpfe. Die Meisterschaft sollte in einer Zehnerliga stattfinden. Für den 15. März 1936 ver-meldet das Kleine Blatt die behördliche Genehmigung der Österreichischen Damenfußball Union. Vorsitzender wurde Franz Holzer, der Trainer des DFC Wien, seine Stellvertreterin Edith Klinger, die Gründerin des später in DFC Tempo umbenannten 1. Wiener DFC.
Am 20. März 1936 reagierten die Funktionäre mit der Verkündigung eines Spielverbots für die Frauen auf Verbandsplätzen. Bereits einige Tage zuvor hatte das Wiener Montagsblatt behauptet, dass nun endlich mit dem Unfug aufgeräumt werde. Andere Zeitungen zeigten sich verständnisvoller, und manche, wie der Montag, stellten sich auf die Seite der Frauen.
Das Verbot verhinderte einige Spiele in den Bundesländern, so zum Beispiel in Linz. Doch die ÖDU verfügte über fünf Sportplätze außerhalb der ÖFB-Observanz, und so ging der Spielbetrieb ungestört weiter. Die Reaktion an dem auf das Verbot folgenden Wochenende war ein Schlag ins Gesicht des ÖFB: Jeweils 2.500 bis 3.000 Besucher kamen zu den Matches, und das trotz eines ebenfalls stattfindenden Länderspiels der Männer − Rekordbesucherzahlen.
Mehr von VICE: Das einzig wahre Wiener Derby
Am 20. März 1936 reagierten die Funktionäre mit der Verkündigung eines Spielverbots für die Frauen auf Verbandsplätzen. Bereits einige Tage zuvor hatte das Wiener Montagsblatt behauptet, dass nun endlich mit dem Unfug aufgeräumt werde. Andere Zeitungen zeigten sich verständnisvoller, und manche, wie der Montag, stellten sich auf die Seite der Frau
Das Verbot verhinderte einige Spiele in den Bundesländern, so zum Beispiel in Linz. Doch die ÖDU verfügte über fünf Sportplätze außerhalb der ÖFB-Observanz, und so ging der Spielbetrieb ungestört weiter. Die Reaktion an dem auf das Verbot folgenden Wochenende war ein Schlag ins Gesicht des ÖFB. Jeweils 2.500 bis 3.000 Besucher kamen zu den Matches, und das trotz eines ebenfalls stattfindenden Länderspiels der Männer − Rekordbesucherzahlen.
Im Mai wurde schließlich die Meisterschaft gestartet. Meister der Frühjahrsrunde, die bis Mitte Juli dauerte, wurde die Austria, die ebenso wie Rapid vom Männerfußballverein gleichen Namens unabhängig war. Die stärksten Widersacher waren der DFC Wien, Vindobona und Tempo. Im Durchschnitt sahen rund 500 Zuschauer die Spiele, die zweimal 40 Minuten dauerten.
Im September 1936 kam es aber dann zum ersten internationalen Spiel. Die Austria fuhr nach Brünn und schlug den dortigen DFK 7:1.
Nach Ende der Frühjahrsrunde wurden Länderspiele gegen Frankreich und Belgien geplant, sie kamen wegen der unzureichenden Plätze und der damit verbundenen finanziellen Risiken jedoch nicht zustande. Auch ein Spiel gegen die Preston Ladies aus England scheiterte am Platzproblem. Im September 1936 kam es aber dann doch zum ersten internationalen Spiel. Die Austria fuhr nach Brünn und schlug den dortigen DFK 7:1. Es war das erste von neun Spielen der Brünnerinnen gegen Wiener Teams.
Die Meisterschaft ging im Herbst weiter und sah wieder die Austria an der Spitze, ebenso wie im Frühjahr und Herbst des folgenden Jahres. Lediglich dem DFC Wien gelang ein Sieg gegen die frühen Rekordmeisterinnen. Auch 1938 wurde noch gespielt.
Mit der Auflösung des ÖFB nach dem “Anschluss” fiel zunächst das Platzverbot. Die Fußballerinnen versuchten sich den neuen Gegebenheiten anzupassen, und die ÖDU wurde in Deutsch-Österreichische Damenfußball-Union umbenannt. Doch im Juni 1938 wurde vom Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen ein allgemeines Spielverbot für Frauen verhängt. Am 3. August wurde die Damenfußballunion aufgelöst.