Drogen

Undercover-Polizisten erzählen von ihren gefährlichsten Einsätzen

politie

Das Leben als Undercover-Polizist ist aufregend und faszinierend. Man ist mit Drogendealerinnen und Waffenhändlern per Du, erschafft sich eine falsche Identität und blickt weit hinter die Kulissen der kriminellen Welt. Genau diese Aspekte machen das Ganze aber auch so nervenaufreibend wie ein tägliches Kokainfrühstück.

Um herauszufinden, welches Risiko verdeckte Ermittler wirklich eingehen, haben wir drei britische Ex-Undercover-Polizisten und einen ehemaligen Zeugenschutzbeauftragten nach Situationen gefragt, in denen es für sie richtig brenzlig wurde.

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David Corbett: “Plötzlich spazierte der Schäferhund des Dealers ins Wohnzimmer”

Einmal führten wir eine umfangreiche Operation durch, bei der wir auch Drogen und Waffen kauften. Mit einem Aufnahmegerät in meiner Unterhose besuchte ich einen Dealer zu Hause, um eine beträchtliche Menge Cannabis abzuholen. Als ich dort ankam, sagte der Dealer, dass der Lieferant noch nicht da sei. Ich könne aber gerne warten. Also machte ich es mir auf der Couch gemütlich.

Leider spazierte plötzlich der Schäferhund des Dealers ins Wohnzimmer. Durch sein gutes Gehör bekam das Tier mit, wie die Kassette in meinem Aufnahmegerät lief, und interessierte sich deshalb brennend für meinen Schritt. Dem Dealer fiel das natürlich auf, aber er interpretierte das Ganze als Zeichen dafür, dass der Hund mich mochte. Ich spielte mit, aber eigentlich ging mir der Arsch richtig auf Grundeis. Auf dem Mitschnitt des Einsatzes klingt meine Stimme dann auch sehr besorgt.

Zum Glück flog meine Tarnung nicht auf. Ansonsten hätten mich meine Kollegen wohl in irgendeiner Seitengasse mit mehreren gebrochenen Gliedmaßen aufgefunden.

Frank Matthews: “Wir hatten niemandem gesagt, wo sich das Safe House befindet”

Undercover kann man sich als Zeugenschutzbeamter frei mit den Zeugen bewegen. So können sie ein normales Leben führen, bis sie ihre Aussage machen. Und wir können uns sicher sein, dass uns keine Kriminellen zum Zuhause der Zeugen folgen. Wir geben ja nicht mal den Zeugen unsere volle Identität preis.

Bei einem Fall mussten wir einen Häftling beschützen, der vom Gefängnis in ein Safe House verlegt worden war. Zuvor hatte er zusammen mit einigen echt gefährlichen Verbrechern hinter Gittern gesessen. Die hatten ihn in einen Plan verwickelt, bei dem diverse Banken um eine fast vierstellige Millionensumme betrogen werden sollten. Als Computerspezialist hatte er der Bande erzählt, dass die technischen Aspekte des Plans für ihn kein Problem seien.

Die Verbrecher wollten ihn also so schnell wie möglich wieder draußen haben. Sie bestachen hochrangige Gefängnisaufseher, damit er in den offenen Vollzug verlegt wurde und Wochenendausgang bekam. Schließlich wurde dem Computerspezialisten bewusst, dass er sich zu viel aufgehalst hatte. Er kontaktierte die Polizei und landete schließlich im Zeugenschutzprogramm.

Wenn wir Zeugen beschützen, dann bekommen die Polizeibeamten, die in dem Fall ermitteln, eigentlich nur dann Zugang zu ihnen, wenn sie das mit uns Zeugenschützern vorher abklären. Als wir eines Tages am sicheren Unterschlupf des Computerspezialisten vorbeifuhren, bemerkten wir jedoch ein Auto, in dem einer der Beamten saß. Wir hatten niemandem gesagt, wo sich das Safe House befindet, und mussten deshalb von einem Korruptionsfall ausgehen. Möglicherweise hatte jemand einen Peilsender an unserem Auto angebracht.

Wir meldeten den Vorfall, aber der Zeuge wohnte auch danach noch in dem Safe House. Die Folge: Ein bewaffneter Handlanger der Gang klopfte an seine Tür. Natürlich wurde unser Zeuge beschützt, aber die Kollegen durften das Haus nicht verlassen. Bis die Polizei eintraf, war der Mann längst wieder weg. Dieser Zwischenfall machte unserem Zeugen so viel Angst, dass er nicht mehr länger gegen den Anführer der Gang aussagen wollte. Insgesamt war die Situation auch für mich sehr gefährlich: Wenn ein korrupter Beamter meine Identität weitergegeben hätte, wäre ich in Lebensgefahr geraten.

Stephen Bentley: “Es wurde immer offensichtlicher, wie skrupellos der Kanadier eigentlich war”

Stephen Bentley infiltriert als Undercover-Hippie ein LSD-Netzwerk
Stephen Bentley infiltriert als Undercover-Hippie ein LSD-Netzwerk | Foto: privat

Zusammen mit einem Kollegen reiste ich nach Liverpool, um mich dort mit einem Kanadier zu treffen, der Beziehungen zur Mafia und zu südamerikanischen Drogenkartellen pflegte. Wir vereinbarten unseren Deal: Mein Kollege und ich sollte große Mengen Kokain importieren.

Nach dem Abendessen gingen wir noch feiern. Dabei wurde immer offensichtlicher, wie skrupellos der Kanadier eigentlich war. Wie aus dem Nichts blickte er mich eindringlich an und fragte: “Seid ihr beide Bullen?” Ich tat die Frage mit einem Lachen ab, aber er machte weiter: “Falls doch …” Dabei formte er mit seinen Fingern eine Pistole, berührte damit meine Stirn: “Peng, peng!”

Später erfuhr ich, dass mein Chef den Kanadier an die US-amerikanische Drogenvollzugsbehörde ausgeliefert hatte. Der Typ wurde zu 25 Jahren hinter Gittern verurteilt.

Duncan MacLaughlin: “Ich saß alleine mit drei breitgebauten Drogendealern im Auto”

Für eine Mission musste ich mich als verdeckter Ermittler unter asiatische Heroindealer mischen. Ein Informant brachte mich auf eine Party, bei der auch die Anführerin der Gang war. Ich stellte mich als desertierter Ex-Militär vor, der schon Drogen per Fallschirm ins Land geschmuggelt hatte.

Ich erarbeitete mir das Vertrauen der Anführerin. Sie fragte mich, ob ich Piloten kannte, die Heroin importieren könnten. Einer der Piloten von Scotland Yard gehörte zu uns, deswegen bejahte ich die Frage. Dann sagte sie, dass ein paar Leute aus Pakistan rüberkommen würden, um den Piloten kennenzulernen. Als ich die Typen vom Flughafen abholte, um sie zum Flugfeld zu bringen, musste ich erstmal schlucken: Alle drei waren richtige Schränke!

Um zu unserem Ziel zu kommen, mussten wir erstmal durch eine abgelegene Gegend fahren. Ich war ziemlich nervös, immerhin saß ich alleine mit drei breitgebauten Drogendealern im Auto. Auf halbem Weg hielt ich an einer Tankstelle und stieg kurz aus, damit meine Begleiter die Chance bekamen, durch das Handschuhfach zu wühlen. Darin hatten wir vorher mehrere Dokumente und Sachen platziert, die meine Hintergrundgeschichte bestätigten. Als ich mich wieder ins Auto setzte, zitterten meine Füße vor Aufregung dennoch so stark, dass ich die Kupplung nicht mehr richtig durchtreten konnte. Ich lenkte die Pakistaner mit Smalltalk ab. Wenn sie gemerkt hätten, wie sehr ich zitterte, wäre meine Tarnung aufgeflogen. Zum Glück verschwand meine Angst kurze Zeit später und wir konnten normal weiterfahren.

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