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Zwei US-Beamten wurde waffenfähiges Plutonium aus ihrem Mietwagen geklaut

Eine unbekannte Menge an waffenfähigem Plutonium ist in der US-Metropole San Antonio unbekannten Dieben in die Hände gefallen. Die Täter sollen die Substanz, die ein wichtiger Bestandteil beim Bau von Atomsprengköpfen ist, vom Rücksitz eines Mietwagens gestohlen haben, den zwei Angestellte des US-Energieministeriums gemietet hatten. Das ganze Debakel ereignete sich zwar schon vor über einem Jahr, doch die abenteuerliche Geschichte kommt erst jetzt an die Öffentlichkeit.

Am 21. März 2017 fuhren zwei Sicherheitsexperten vom Idaho National Laboratory des US-Energieministeriums nach San Antonio, um dort radioaktives Material aus einem Forschungslabor abzuholen. Dieser Auftrag war Teil des sogenannten “Off-Site Source Recovery Program” der US-Atomsicherheitsbehörde. Bei diesem Programm geht es darum, all die kleinen Mengen spaltbaren Atommaterials ausfindig zu machen, die im Laufe der 90er Jahre an verschiedene öffentliche und private Forschungseinrichtungen verteilt wurden. Es ist schwerer, die Übersicht über dieses zu Forschungszwecken ausgegebene Material zu behalten, wenn es sich an hunderten Orten befindet. Daher wollen US-Behörden im Zuge des Recovery-Programms alle Substanzen in weniger nationalen Laboren zusammenführen und so das Risiko minimieren, dass etwas in falsche Hände gerät.

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Weder die US-Regierung noch die Justizbehörden haben den Diebstahl in San Antonio öffentlich gemacht. Erst vergangenen Montag kam das Ganze durch einen Investigativ-Artikel der Non-Profit-Organisation Center for Public Integrity ans Licht.

Was die Diebe in San Antonio klauen konnten

Die Angestellten des US-Energieministeriums hatten Strahlendetektoren sowie Plutonium- und Cäsium-Proben im Gepäck. Bei Cäsium handelt es sich um ein radioaktives Isotop, das bei der Kernspaltung von Uranium und Plutonium entsteht. Zwar kommt Cäsium bei der Herstellung von Atomwaffen nicht zum Einsatz, aber die Non-Profit-Organisation Nuclear Threat Initiative bezeichnet es dennoch als das “gefährlichste alle radioaktiven Isotope”. Außerdem kann man das Isotop auch für sogenannte schmutzige Bomben verwenden. Die radioaktiven Proben hatten die zwei Beamten nur dabei, um die Strahlendetektoren zu kalibrieren.


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Die Beamten des US-Energieministeriums übernachteten in einem Hotel “in einer Gegend mit hoher Kriminalitätsrate”. Das geht aus dem Bericht des Center for Public Integrity hervor. Anstatt das radioaktive Material und die Testinstrumente mit ins Hotelzimmer zu nehmen, entschieden sich die Beamten dazu, alles über Nacht auf dem Rücksitz ihres Mietwagens liegen zu lassen. Als sie am nächsten Morgen zurück zum Auto gingen, hatte jemand die Scheibe eingeschlagen und das radioaktive Material mitgenommen.

Über ein Jahr später hat man weder das Atommaterial wiedergefunden, noch irgendwelche Verdächtigen festgenommen. Dabei ist der Verlust von radioaktiven Proben nichts Ungewöhnliches. Vergangenes Jahr veröffentlichte die Internationale Atomenergie-Organisation einen Bericht, laut dem in den letzten zwei Jahrzehnten 270 Mal nukleares Material für “Schmuggel oder böswilligen Gebrauch” auf dem Schwarzmarkt gekauft werden konnte.

Der Verbleib von nuklearem Material ist längst nicht so klar geregelt, wie er sein sollte

Diese Zahl ist kaum überraschend, wenn man bedenkt, wie schlampig die USA und Russland sich darum kümmern, die Übersicht über die Standorte ihres nuklearen Materials zu behalten. 2009 kam bei einer Prüfung des US-Energieministeriums heraus, dass über ein Drittel der entsprechenden Einrichtungen keine genauen Angaben über die Menge und die Lagerstellen diverser nuklearer Materialien machen konnten. Im Klartext: Das US-Energieministerium wusste bei fast 20 Kilogramm angereichertem Uranium und bei 45 Gramm Plutonium nicht so genau über die eigenen Lagerbestände und Lagerstätten Bescheid.

Wenn nukleares Material verloren geht (so wie das Gramm Plutonium von Forschern der Idaho State University dieses Jahr), dann wird der Verlust von der Nuclear Regulatory Commission öffentlich gemacht. Das US-Energieministerium hingegen beschäftigt sich nur mit militärischem nuklearem Material und tendiert dazu, solche Verluste der Öffentlichkeit nicht mitzuteilen.

Weder die Polizei von San Antonio noch das Idaho National Laboratory wollten gegenüber dem Center for Public Integrity sagen, wie viel Plutonium und Cäsium vermisst wird. Eine Sprecherin des Labors bestätigte gegenüber Public Integrity den Verlust lediglich indirekt. Sie erklärte, dass das Plutonium, um das es bei der Recherche ginge, zu wenig sei, um eine Atombombe herzustellen. Dafür sind gut drei Kilogramm vonnöten. Die Proben dürften sich wohl eher im Grammbereich bewegen. Für eine schmutzige Bombe reichen allerdings schon wenige Gramm eines radioaktiven Materials. Deswegen hat die US-Regierung es auch zur Priorität gemacht, die atomaren Proben so schnell wie möglich zurückzubekommen. Doch manchmal sind selbst die besten Sicherheitsvorkehrungen nicht sicher genug, wenn menschliches Versagen dazu führt, dass radioaktives Material gestohlen wird.

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