Eine Illustration mit einem Globus, in den Joints gesteckt sind, in diesen Ländern kann man relativ legal kiffen.
Collage: Cathryn Virginia
Drogen

Cannabis-Tourismus: Wo ist das neue Amsterdam?

Die niederländische Metropole macht es Kiffertouristen immer schwerer, kichernd zwischen den Grachten zu wanken. Wir haben uns nach Alternativen umgeschaut.
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Alles zur Cannabis-Legalisierung

Amsterdam hat keinen Bock mehr auf Partytouristen. Bars und Lokale müssen am Wochenende um 2 Uhr schließen, für Sexarbeitende beginnt die Sperrstunde um 3 Uhr. Alkohol darf in der niederländischen Hauptstadt schon seit Jahren nicht mehr auf der Straße getrunken werden, jetzt wurde auch das Kiffen in der Öffentlichkeit verboten.

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Aber gut, ein bisschen versteht man es ja. Millionen Menschen reisen jedes Jahr mit dem einzigen Ziel nach Amsterdam, es komplett zu übertreiben. Die Leute, die dort leben, sind genervt von dem ständigen Gegröle, Gekotze und, ja, anscheinend auch vom Gekiffe. Besonders genervt sind sie von Briten. Gegen diese fährt die Stadt seit einiger Zeit nämlich eine Anti-Tourismuskampagne. Der Slogan: Stay away.

Aber auch wenn du nicht aus Großbritannien kommst oder planst, deinen Junggesellenabschied völlig zugedröhnt in De Wallen zu feiern: Als Kifferin oder Kiffer beschleicht einen ganz langsam das Gefühl, in Amsterdam nicht mehr so richtig willkommen zu sein. 

Deswegen haben wir uns mal überlegt, wo man sonst hin kann, wenn man im Urlaub großen Wert darauf legt, die Gehirnzellen baumeln zu lassen. Hier sind unsere Ziele.


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Ziemlich entspannt: Tschechien 

"Prag ist das neue Amsterdam", husten die Spatzen schon seit Jahren von den Dächern. Und ja, es gibt tatsächlich einige Parallelen. Gute wie schlechte. So überrollen jedes Wochenende Horden von eskalierenden Junggesellinnenabschieden die tschechische Hauptstadt, ähnlich wie Amsterdam. Das Bier ist billig, Schießstände locken mit echten Kalaschnikows und auch bei Cannabis ist man hier recht entspannt. Vielleicht ist es auch einfach Schicksal, dass Tschechien ein so laxes Cannabisgesetz hat. Die Landesvorwahl lautet +420.

Seit 2010 ist der Besitz von bis zu zehn Gramm Weed oder fünf Pflanzen straffrei. Seit 2017 gibt es Hanfprodukte auf Rezept in der Apotheke. Hanfshops gibt es überall, aber dort kriegt man nur Produkte mit ein Prozent THC. High wirst du davon eher nicht. Apropos: Auch in Tschechien ist Kiffen in der Öffentlichkeit nicht erlaubt, aber die Gefahr, dafür in Prag belangt zu werden, ist eher gering.

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Tschechiens Drogenbeauftragter Jindrich Voboril setzt sich allerdings dafür ein, den Cannabismarkt zu legalisieren. Selbst der konservative Premierminister Petr Fiala ist auf seiner Seite. Und warum auch nicht? Bereits jetzt bauen 550.000 Menschen in Tschechien zu Hause Gras an und mit 11,1 Prozent hat das Land den größten Kifferanteil in der Bevölkerung in der ganzen EU. Eine komplette Legalisierung war für dieses Jahr geplant, in Abstimmung mit Deutschland. Also gut, dann schauen wir doch mal.

Die wahren Cannabis-Clubber: Malta, Katalonien

Malta hat im Dezember 2021 als erstes Land der EU Gras legalisiert. Erwachsene dürfen sieben Gramm davon mit sich rumtragen und vier Pflanzen züchten. Es ist zwar noch illegal, in der Öffentlichkeit zu kiffen, aber dafür hat die maltesische Behörde für den verantwortungsvollen Cannabisgebrach, kurz ARUC, im Februar dieses Jahres damit angefangen, Bewerbungen für Cannabisclubs anzunehmen. So ein Antrag kostet 1.000 Euro und beinhaltet eine Art Bewerbungsgespräch. Außerdem muss die Vorsitzende oder der Vorsitzende des Clubs seit mindestens fünf Jahren in Malta leben. Für das in den Clubs angebaute Gras gibt es allerdings keine THC-Obergrenze. Die schlechte Nachricht: Touristen sind bislang davon ausgeschlossen.

Und dann ist da noch Katalonien. Cannabis ist in ganz Spanien entkriminalisiert, rauchen darfst du es aber nur zu Hause und in einem der vielen Cannabisclubs. Allein in Katalonien gibt es um die 500, ein paar Hundert davon in Barcelona. Auch wenn sie nur für Einheimische gedacht sind, kommst du in manche auch als Touristin rein, wenn du dich nicht total blöd anstellst. Einige kontrollieren sehr genau, ob du wirklich in Spanien lebst, andere nicht. Aber bitte nicht petzen.

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Die Vorreiter: Kanada und Uruguay

Nur zwei Länder auf der ganzen Welt haben Cannabis vollständig legalisiert. Kanada ist dir da vielleicht sofort eingefallen, aber an Uruguay denken nur die Wenigsten. Dabei war es das erste Land, das Cannabis komplett für den Freizeitkonsum legalisiert hat – und zwar schon 2013. Überraschenderweise geschah dies damals nicht im Willen der Bevölkerung. 58 bis 66 Prozent der Bürgerinnen und Bürger des Landes waren dagegen. Trotzdem dürfen auch die jetzt ganz legal bis zu 40 Gramm pro Monat in lizenzierten Apotheken kaufen. Viele gehen trotzdem noch lieber zu ihrem Dealer, weil die Auswahl dort größer und die Preise niedriger sind. Auch in Uruguay gibt es Cannabisclubs, allerdings bislang nur für Einheimische. Für Touristen könnten die Verkaufsstellen noch dieses Jahr öffnen, allerdings dürften die Preise dann höher sein als für Einheimische. Fürs Kiffen bekommst du in Uruguay auf jeden Fall so oder so keine Probleme.

Kanada hat 2018 landesweit Gras legalisiert. Es ist die einzige Nation der Welt, in der es komplett legal für Touristen ist, in den über 3.000 autorisierten Verkaufsstellen Gras zu kaufen und auch zu rauchen. Du darfst bis zu 30 Gramm besitzen. Und in den meisten Bundesstaaten ist Kiffen auch überall dort gestattet, wo du dir eine Zigarette anzünden darfst.

Hauptsache Premium: Colorado und Kalifornien

Wenn du auf Gras stehst, also so richtig auf Gras stehst, dann sind Colorado und Kalifornien deine Traumreiseziele. Zwar haben auch 19 andere US-Bundesstaaten Cannabis legalisiert, aber hier gibt es die mit Abstand erlesensten und potentesten Sorten. Das Cannabisgeschäft hat sich hier in wenigen Jahren zu einer großen Industrie entwickelt. Seit der Legalisierung hat der Cannabisverkauf Kalifornien vier Milliarden US-Dollar Steuern eingebracht, Colorado immerhin 2,3 Milliarden.

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Solange du über 21 bist, kannst du in beiden Bundesstaaten auch als Tourist Gras kaufen. Und es lohnt sich. Hier kannst du besondere Sorten wie Wedding Cake, Girl Scout Cookies und Sour Diesel probieren.

Die Klassiker: Jamaika, Thailand

Bevor Graszüchter durchdrehten und jede erdenkliche Sorte dieses Planeten miteinander kreuzten, um unsere modernen THC-Monster zu erschaffen, gab es die sogenannten Landsorten – also die, die ganz natürlich in der freien Wildbahn wachsen. Eine von ihnen ist Thai, eine reine Sativa-Sorte, die ihren Ursprung in Südostasien hat, also auch in Thailand. Eine andere ist Lambsbread oder Lamb's Bread aus Jamaika – angeblich war es die Lieblingssorte von Bob Marley. Kein Wunder, dass Gras eine wichtige Rolle in beiden Ländern spielt.

2022 entkriminalisierte die thailändische Regierung Cannabis und das fast ohne Vorgaben. Du darfst zwar immer noch nicht in der Öffentlichkeit kiffen, aber Händlerinnen und Händler werden kaum kontrolliert. Entsprechend wenig Verlass ist auf den angegebenen THC-Gehalt. Wenn man richtig Pech hat, ist das Gras sogar gestreckt. Dennoch bieten professionell gestaltete Shops in Bangkok und auf den touristisch erschlossenen Inseln inzwischen oft mehr als ein Dutzend unterschiedliche Sorten, Indoor- und Outdoorzüchtungen sowie fertig gerollte Joints und Edibles an. 

In Jamaika ist Kiffen illegal, aber der Besitz von bis zu 57 Gramm gilt nicht als Straftat. Es kann allerdings passieren, dass du ein bisschen blechen musst, wenn du es zu öffentlich mit dir rumschleppst. Der medizinische Gebrauch von Cannabis ist in Jamaika hingegen legal und das Gesetz ziemlich großzügig angelegt. Das bedeutet, dass sogenannte Wellnesszentren einen eigenen Arzt haben, der dir schnell ein Rezept ausstellt, falls du unter Angststörungen, Panikattacken, Schmerzen oder kleineren Wehwehchen leiden solltest. Ein bisschen chaotisch ist das alles schon noch. Wirklich bizarr ist allerdings, dass Jamaika aktuell haufenweise Gras aus Kanada importiert, anstatt es selbst anzubauen. Da geht der heimischen Wirtschaft eine Menge Geld durch die Lappen.

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Das alte Hippieparadies: Marokko

Der Großteil des in Amsterdamer Coffeeshops verkauften Haschischs stammt aus Marokko. Also warum nicht direkt zur Quelle dieses herrlich-klebrigen Zeugs fahren – und zum Ursprung des Kiffens, wie wir es kennen? Denn in Marokko wird Cannabis Kif genannt und hat dort eine lange Tradition. 2016 war das Land der größte Haschisch-Exporteur der Welt, dabei war Cannabis dort gar nicht legal. Das hat sich erst 2021 ein bisschen geändert. Seitdem ist es für medizinische und kosmetische Zwecke erlaubt, der Freizeitkonsum bleibt aber weiterhin verboten.

Nichtsdestotrotz blüht der Kifftourismus, jedenfalls an einigen Orten. In Städten wie Chefchaouen und Issaguen gibt es viele inoffizielle Touristenguides, die einen durch die Gegend führen, etwas über die Geschichte der Orte erzählen und dir großartiges Haschisch besorgen. In anderen Teilen Marokkos, vor allem im Süden, sollte man mit Cannabis aber weiterhin sehr vorsichtig sein.

Für die Ästhetik: Kanepi

OK, in Estland ist Cannabis nicht legal, aber 2018 stimmten die Einwohner der Gemeinde Kanepi über ein neues Wappen ab. Das Ergebnis war ein weißes Hanfblatt auf grünem Hintergrund. Warum? Der Name des Ortes leitet sich mutmaßlich von dem estnischen Wort für Hanf ab: Kanep. Ach ja, bis zu sieben Gramm Cannabis für den persönlichen Gebrauch sind in Estland straffrei.

Der ewige Teaser: Deutschland

Ja, warum in die Ferne schweifen, wenn die Cannabislegalisierung doch zum Greifen nah ist? Bislang ist es halt leider noch nicht so weit und der Weg dorthin auch viel komplizierter, als wir uns alle erhofft hatten. Cannabisgeschäfte soll es erst einmal doch keine geben, dafür private Cannabisclubs, die schon jetzt nach einem mittelschweren bürokratischen Albtraum klingen, und dazu ein paar Modellversuche und Eigenanbau. Wann genau es damit so weit ist, weiß noch niemand so wirklich. Irgendwann 2023, so der Plan.

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