Im wohl künstlerischsten Airbnb aller Zeiten könnt ihr in van Goghs Schlafzimmer pennen

Das Art Institute of Chicago scheint besessen zu sein von den Schlafzimmern des niederländischen Malers van Gogh. Eine aktuelle Ausstellung beschäftigt sich jetzt mit den drei berühmte Gemälden, die der Künstler von seinen Schlafgemächern angefertigt hatte und die seinem Zuhause im französischen Arles nachempfunden sind. Eines der Schlafzimmer, nämlich Vincents Schlafzimmer in Arles
wurde dabei originalgetreu nachgebaut.

Für die Hardcore-Van-Hogh-Fans unter euch gibt es sogar die Möglichkeit, für schlappe 10-US-Dollar auf Airbnb in der nachgebauten Version des Gemäldes zu übernachten. Wenn ihr also schon immer davon geträumt habt, in einem Gemälde—inklusive der charakteristischen Pinselstriche—zu leben, könnt ihr euren Traum nun wahr werden lassen.

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Wer sich statt in das Zimmer, das Van Gogh zu seinem Gemälde inspirierte, in das wahrgewordene Schlafzimmer legt, kann das sehen, fühlen und denken, was der Künstler einst selbst gesehen, gefühlt und gedacht hat—oder sich in dieser physischen Simulation zumindest eine ganz gute Vorstellung davon machen. Hier kann man, ohne seitenlang Bücher über Kunst gewälzt zu haben und auch ohne einen Doktortitel in Kunstgeschichte, ein Gefühl für den Künstler und seine Arbeit bekommen.

Als der Social Media Manager des Art Institutes, Robert Sexton, das Bild des Zimmers auf Instagram präsentierte, schrieb er dass „das Besondere an dem Zimmer ist, dass man Van Goghs eigenem Innenleben sehr nahe kommen kann.“ Sexton merkte an, dass die lebendigen Farben wie die der kornblumenblauen Wände und der scharlachroten Bettwäsche ein positives Gefühl  transportieren und vielleicht auf einen der wenigen positiven Momente in Van Goghs Leben verweisen, das ein ständiges Auf und Ab war. Zusammen mit der Aufregung, in einem Van Gogh Gemälde zu schlafen, überträgt sich diese positive Einstellung hoffentlich auch auf den Bewohner.

Bild mit freundlicher Genehmigung des Art Institute of Chicago

Das Schlafzimmer wurde von Glenn Ragaishis und einem Team von Künstlern/Herstellern in den Ravenswood Studios erschaffen. Die Herausforderung an diesem Projekt des bewohnbaren Gemäldes war aber nicht der Nachbau selbst, sondern der kleine Zusatz „bewohnbar“. Was auch immer sie nachbauen würden, musste in das Zimmer reinpassen, und sie orientierten sich dabei an der Größe eines Doppelbetts. Diese selbstauferlegten Anforderungen und die Tatsache, dass ein Besucher natürlich bequem in dem Bett schlafen können soll, bedeutete, dass es unmöglich wäre, das Van Gogh Gemälde dreidimensional perfekt getreu nachzubilden.

Die Gemälde im Schlafzimmers hängen auf wunderbare Weise schräg; Wände, die sich wie halbtrunkene Gestalten sanft aneinander lehnen, Bilderrahmen, die von der Wand baumeln, Fenster, die sich wie Kirchtürme treffen, Möbel—Stuhl- und Tischbeine, die in neckischen Winkeln herausragen—die auf euphorische und doch befremdliche Weise scheinbar über dem Boden schweben. Es wäre einfacher, anhand einer Abmessung aller Längen und Winkel eine genaue Kopie des Zimmers anzufertigen; Doch weil ein solcher Raum nicht bewohnbar wäre, mussten sich die Künstler in den Ravenswood Studios eher auf ihr künstlerisches Verständnis als auf die Mathematik verlassen.

Foto: Glenn Ragaishis

Ragaishis und sein Team, das aus den Tischlern Brian Kopola und Tom Daniel und den Malern Rosie Stewart und Ralph Scotese bestand, entwickelten mehrere Techniken, um eine bewohnbare Version von Van Goghs kaum umsetzbarer Perspektive entstehen zu lassen.

„Es ging uns eher darum, mit künstlerischem Blick einzuschätzen, was hier am besten passen würde“, so Ragaishis.

Das Ravenswood Team stellte zunächst die „Wände“ um das Bett herum auf, die aus lackierbaren Paneelen bestehen, die oft für Bühnenkulissen genutzt werden. Die Wände und der Boden wurden mit lackiertem Musselin abgerundet und das Bett hielt zunächst alles zusammen. Aus Pappe hergestellte Muster der an den Wänden hängenden Bilder und der Tischplatte wurden so lange angepasst, bis die ungeraden Möbel fertig waren und fest eingebaut wurden. Ein Requisiten-Einkäufer besorgte den Tisch und die Stühle, die den in dem Bild dargestellten so ähnlich wie möglich sehen. Gewisse Aspekte des Bildes, wie zum Beispiel die Diskrepanz in der Perspektive zwischen dem Stuhl im Vordergrund und dem im Hintergrund, mussten vernachlässigt werden, da die Herstellung zu aufwendig gewesen wäre. Das Endergebnis ist trotzdem erstaunlich wahrheitsgetreu.
 

Foto: Glenn Ragaishis

Das Gemälde wurde aber nicht nur durch die Perspektive zum Leben erweckt; auch die charakteristischen Pinselstriche wurden nachgeahmt, die die besondere Technik der Textur des Malers zum Vorschein brachten.

Durch die detailreiche Nachahmung der Texturen und Farben des Bildes trugen Rosie Stewart und Ralph Scotese erheblich dazu bei, das Zimmer zu einem lebendigen Gemälde werden zu lassen.

Bild mit freundlicher Genehmigung des Art Institute of Chicago

„Bei allen Möbelstücken haben wir zur Schleifmaschine gegriffen und eckige Kanten  abgeschliffen, damit alles etwas weicher aussieht, eben wie von einem Pinsel gemalt“, sagte Ragaishis.

Obwohl die beteiligten Künstler ständig andere entworfene Zeichnungen künstlerisch umsetzen und herstellen, war dieses Projekt dennoch etwas ganz besonderes. Sie konnten damit einem Künstler, der für sie in vielerlei Hinsicht ein Vorbild darstellt, huldigen, und seine Werke aufleben und physische Form annehmen lassen.

„Die Künstler waren von dem Projekt wahrlich fasziniert und haben sich sehr viel Mühe gegeben. So einen interessanten und ungewöhnlichen Auftrag kriegt man nicht alle Tage, selbst in Ravenswood nicht“, sagte Ragaishis.

„Sie waren total begeistert davon.“

Und nun können sich auch die Besucher von Van Goghs Schlafzimmer begeistern lassen.

Foto: Daniel Shea für das Art Institute of Chicago

Hier könnt ihr eine Nacht in Van Goghs Schlafzimmer buchen.