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Gesundheit

Ist Passivkiffen genauso gefährlich wie Passivrauchen?

Laut einer neuen Studie ist es drei mal schlimmer, mit Kiffern rumzuhängen, als Tabakschwaden zu inhalieren. Die Ergebnisse sind allerdings umstritten.
Photo by Lauren Naefe via Stocksy

Vor Kurzem ist eine neue Studie im Journal of the American Heart Association erschienen, laut der es es potenziell gesundheitsschädigender sein könnte, mit Kiffern rumzuhängen, als mit Rauchern. Forscher der Universität von Kalifornien in San Francisco haben unter der Leitung von Dr. Matthew Springer herausgefunden, dass die Arterienfunktion von Ratten, die eine Minute lang Marihuanarauch ausgesetzt wurden, dreimal so lange reduziert war wie bei Ratten, die eine Minute lang Tabakqualm ausgesetzt wurden.

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„Viele Leute meiden Tabakrauch ganz aktiv, denken aber, dass der Rauch von Marihuana harmloser sei—und das nur aus dem Grund, weil man ihnen jahrelang beigebracht hat, dass man Zigarettenrauch meiden sollte. Es spricht kaum jemand darüber, das man eben auch Marihuanarauch umgehen sollte", sagt Springer in einer E-Mail. In einer Pressemitteilung erklärte er, dass die Durchblutung beim Kontakt mit Rauch allgemein gehemmt wird und wenn die Durchblutung beeinträchtigt ist, erhöht das das Risiko für Herzprobleme. Es sind aber nicht die Eigenschaften von Cannabis selbst, die die Probleme verursachen, sagt er, vielmehr handelt es sich dabei um eine grundsätzliche körperliche Reaktion, die stattfindet, wenn man etwas verbrennt und dann inhaliert. Sein Rat: Man sollte jede Form von Rauch meiden.

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„Zum aktuellen Zeitpunkt können wir nur sagen, dass jede Form von Rauch gesundheitsschädigend ist, wenn er inhaliert wird", sagt Springer. „Ich bin der Meinung, dass man allgemein vermeiden sollte, Rauch einzuatmen. Egal ob Tabak, Marihuana, Lagerfeuer oder Grillen—man sollte Rauch grundsätzlich meiden."

Einige Marihuanabefürworter hingegen zweifeln die Ergebnisse der Studie an. „Man kann die Ergebnisse aus vorklinischen Tierversuchen nicht auf den Menschen übertragen", sagt Paul Armentano, leitender Direktor von NORML, einer nationalen Organisation zur Reform der Cannabis-Gesetze in den USA. (Hierzu muss auch gesagt werden, dass die Studie vom NIH, dem nationalen Institut gegen Drogenmissbrauch des amerikanischen Gesundheitsministeriums finanziert wurde—einer Organisation, die sich entschieden gegen die Legalisierung von Gras ausspricht.)

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Armentanos Misstrauen ist durchaus begründet. 2014 wurde durch die Überprüfung bestehender Literatur bestätigt, dass die Voraussagen zu präklinischen Krebstherapien aus Tiermodellen nur bedingt auf die klinischen Testphase übertragen werden können. Es wurde auch festgestellt, „dass die Übersetzung der Tiermodelle in die klinische Krebsforschung in weniger als 8 Prozent erfolgreich war."

Dennoch, sagt Springer gegenüber Broadly, seien „die Ratten in diesem Fall ein gutes Modell, da die Blutgefäße von Ratten und Menschen ähnlich auf Tabakrauch reagieren. Deswegen kann angenommen werden, dass die Blutgefäße von Menschen auf Marihuanarauch ähnlich reagieren würden wie die von Ratten."

Es gibt bereits Studien, die zeigen, welche Auswirkungen Cannabis auf den Menschen hat—egal ob man es raucht, isst oder vaporisiert. Eine der Studien stellte fest, dass die kurzzeitigen Effekte, die Springer mit seiner Studie festgestellt hat, auf lange Sicht keine ernstzunehmenden Auswirkungen haben. 2006 haben Forscher Daten aus über 15 Jahren analysiert, die in einer laufenden Längsschnittstudie zur Entwicklung von koronaren Herzkrankheiten bei jungen Erwachsenen erhoben wurden. Dabei haben die Forscher herausgefunden, dass „der Konsum von Marihuana [bei Menschen, die gelegentlich Gras rauchen] nicht unabhängig mit kardiovaskulären Risikofaktoren assoziiert wurde." Nach Analyse der langfristigen Gesundheit von 3.617 Männern und Frauen, von denen knapp die Hälfte Cannabis konsumierte, berichtete die Studie, dass Cannabiskonsumenten zwar deutlich mehr Kalorien zu sich nahmen, dies aber keine Auswirkungen auf die bekannten Marker von Herzgefäßkrankheiten hat—den diastolischen Blutdruck, das Gesamtcholesterin und das HDL-Cholesterin. Tabak dagegen erhöht diese Risikofaktoren, wie bereits gezeigt werden konnte.

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Springer rät dennoch zu Vorsicht. „Die wiederholte kurzzeitige Beeinträchtigung der Arterienfunktion durch Tabakrauch kann langfristige Effekte haben. Gleiches kann auch auf Marihuanarauch zutreffen … Dies konnte aber bisher noch durch keine langfristige Studie bestätigt werden. Nachdem wir aber bereits zeigen konnten, dass es einen kurzzeitigen Effekt hat, halte ich es trotzdem für vernünftig, Rauchquellen allgemein zu meiden und sicherzugehen, dass Nichtraucher geschützt werden, damit sie nicht ungewollt Rauch ausgesetzt sind", sagt er.

Armentano rät zu Alternativen: „Den Cannabis-Konsumenten, die Bedenken haben wegen dem Rauch, stehen mehrere alternative therapeutische Methoden zur Verfügung: Vaporisierer, Tinkturen, Extrakte, Esswaren und ähnliches. Die Vaporisierung von Marihuana ermöglicht dem Konsumenten noch wir vor die rasche Wirkungsentfaltung, reduziert aber die Belastung durch Gase und potenzielle Schadstoffe."


Foto: snickclunk | Flickr | CC BY 2.0