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Warum das Wolfsburg-Spiel für Braunschweiger kein Derby ist

Ein langjähriger BTSV-Fan erklärte uns, warum er beim Duell nichts spürt - und trotzdem ein Problem mit der Autostadt hat.
Braunschweiger machen in Wolfsburg machen zum Derby mobil - in Hannover. Foto: Imago/Hübner

24,87 Kilometer Luftlinie trennen die Arena des VfL Wolfsburg und das Eintracht-Stadion. In diesen beiden Stätten wird am Donnerstag und Montag über Auf- oder Abstieg entschieden. Das Spiel der beiden Niedersachsen-Klubs ist ein echtes Relegations-Derby. Würde man zumindest meinen. Aber viele BTSV-Fans sträuben sich immer noch davor, den Spielen gegen die Wolfsburger eine besondere Rivalität beizumessen.

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Die beide Vereine trafen zuletzt in der Braunschweiger Bundesliga-Saison 2013/2014 nach über 20 Jahren wieder aufeinander. Insgesamt gab es nur acht Spiele. Trotzdem könnte man meinen, dass die Gelb-Blauen dem neureichen Nachbarn eine gesunde Portion Animositäten entgegengebracht haben. Der eine Klub gehört dem Volkswagen-Konzern, der andere hat ihn als Hauptsponsor. Viele grün-weiße und blau-gelbe Mitarbeiter stehen nebeneinander in den VW-Werken. Trotzdem sehen die Braunschweiger das Wolfsburg-Spiel nicht als Derby an.

Wir fragten Theodor*, der seit 11 Jahren ins Eintracht-Stadion geht, nach einer subjektiven Einschätzung, warum ihn ein Duell mit Wolfsburg nicht juckt.

Wie groß ist eure Rivalität mit dem VfL Wolfsburg?
Theodor: Rivalität ist viel zu hoch gegriffen, das ist eher ein Nachbarschaftsduell. Die meisten Braunschweig-Fans sehen das Spiel nicht wirklich als Derby. Bei einem Derby braucht es Emotionen und eine gemeinsame Geschichte. Bei Hannover 96 gibt es das, bei Wolfsburg nicht. Das ist ein Verein, der durch diesen multinationalen Konzern gegründet wurde und gegen den wir nie gespielt haben. Dadurch leidet die Legitimität dieses Klubs in den Augen vieler Traditionalisten unter den Braunschweig-Fans. Also man sieht Wolfsburg eher als Plastikverein. Die aus Wolfsburg sehen das mit der Rivalität bestimmt anders.

Sind nicht gerade die Gegensätze der Vereine wie gemacht für eine richtige Rivalität?Gegensätze gibt es überall, aber so eine Rivalität zeichnet sich besonders durch die Gemeinsamkeiten aus. Leider muss ich da wieder auf Hannover zurückkommen: Diese Feindschaft beziehungsweise diese Konkurrenz geht ja schon lange in die Vergangenheit zurück und ist mit den Fans und Erlebnissen gewachsen. Bei Wolfsburg wächst das vielleicht natürlich noch, aber gerade spüre ich nichts.

Durch das Duell "arm gegen reich" und die vielen Menschen aus beiden Städten, die für VW arbeiten, würde ein Sieg von euch aber trotzdem zu einer riesigen Genugtuung führen…
Na klar. Wolfsburgs Hauptsponsor und Eigner Volkswagen pumpt hunderte Millionen in diesen Klub rein und unser Hauptsponsor ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Volkswagen AG. Viele Menschen in Braunschweig arbeiten für VW – wie etwa meine Mutter. Das wäre natürlich schon exquisit und eine Genugtuung, den Hauptkonzern rauszuhauen.

Kennst du überhaupt Wolfsburg-Fans?
Einer meiner besten Freunde ist Wolfsburg-Fan. Er geht aber nur zu den Heimspielen und fährt natürlich nicht zu Auswärtsspielen – wie wohl fast alle der Radkappen. Der muss sich natürlich immer viel anhören hier in der Stadt. In Braunschweig sind die Leute so traditionsbewusst und lokalpatriotisch, dass sie zur Eintracht halten – auch wenn sie nichts mit Fußball zu tun haben. Nur an der Uni in Braunschweig steht immer ein Auto mit Wolfsburgfahnen dran – aber keine Ahnung, wo das herkommt.

In Scharen fahren Braunschweiger auch ohne Tickets zum Hinspiel nach Wolfsburg. Was erwartet sie dort so mal abgesehen von VW und dem VfL?
Wolfsburg ist wirklich eine der hässlichsten Städte, die ich kenne. Man versucht es zwar mit der Autostadt ein bisschen schön zu machen, aber das sind keine Augenweiden. Ich verbinde mit Wolfsburg eine unästhetische Stadt und Volkswagen – mehr auch nicht. Braunschweig ist hingegen eine Stadt mit Geschichte, mit Parks, mit Nachtklubs und einer vielseitigeren Community. Ich muss es wissen: Ich bin in Wolfsburg geboren worden und mit drei Jahren mit meiner Familie nach Braunschweig gezogen. Und wir bereuen es nicht.

*Name geändert