Drogen

Cannabis-Legalisierung: Endlich positive Signale – ausgerechnet von der CSU

Die neue Drogenbeauftragte Daniela Ludwig will sich anschauen, wie Portugal den Drogenkonsum vollständig entkriminalisiert hat. Aber auch sonst äußert sie sich fortschrittlicher als ihre Vorgängerin.
Zwei Hände tragen die neue Drogenbeauftragte Daniela Ludwig, vor mehreren Hanfpflanzen
Collage bestehend aus: Pflanzen und Hände: imago images / Westend61 | Daniela Ludwig: imago images / Sammy Minkoff  

In den letzten viereinhalb Jahren war es fast schon zu einfach, über die CSU zu spotten. Man musste dafür nur auf die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler zeigen. Sie argumentierte so dogmatisch gegen die Cannabis-Legalisierung, als wäre der Kampf gegen Kiffer nach Atomausstieg, Wehrpflicht-Abschaffung und Ehe für Alle das letzte große Rückzugsgefecht der CSU. Oft wirkte das unfreiwillig komisch. Mortlers Antwort auf die Frage, warum Cannabis verboten sei – "Weil Cannabis eine illegale Droge ist" –, wurde zum Lieblingswitz von Legalisierungs-Befürwortern. Nach ihrem Einzug ins Europaparlament im Juli gab Mortler ihr Amt als Drogenbeauftragte auf. Ihre Nachfolgerin und CSU-Kollegin Daniela Ludwig wurde sogleich für ihre mangelnde drogenpolitische Expertise kritisiert. Rund einen Monat später gibt es jedoch, Überraschung, Grund zur Hoffnung: Daniela Ludwig scheint ausgewogener über das Thema Cannabis-Legalisierung zu denken als ihre Vorgängerin.

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In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland äußerte sich Ludwig am Sonntag auch zur Diskussion um die Cannabis-Legalisierung. Die Fronten seien verhärtet, sagte sie. "Es gibt kaum Dialog, aber viel Konfrontation. Damit möchte ich Schluss machen."

Sie wolle sich alle Seiten anhören und einen Sachverständigen-Beirat einberufen, um mehr Expertenwissen einzuholen. Solche Aussagen hörte man aus dem Büro der Drogenbeauftragten in den letzten Jahren eher nicht. Ob sie die harte Linie ihrer Vorgängerin bei Cannabis weiterführen wolle, beantwortete Ludwig zwar nicht konkret, sagte aber auch: "Es gibt beim Thema Cannabis kein Schwarz oder Weiß, kein Entweder-oder." Sowohl Gegner als auch Befürworter einer vollständigen Freigabe müssten sich am Ende vor allem fragen, was gut für die Gesundheit sei.

Daniela Ludwig trifft sich mit dem Hanfverband – anders als ihre Vorgängerin

Ebenfalls positiv: Ludwig sagte, sie wolle sich anschauen, wie andere Staaten mit Cannabis umgehen – zum Beispiel Portugal. Seit das Land im Jahr 2001 Drogenkonsum vollständig entkriminalisiert und in Suchtprävention investiert hat, ist der Konsum allgemein zurückgegangen – auch unter jungen Menschen. Vor allem die, sagt Ludwig, würden sich in Deutschland von der Politik nicht mehr vertreten fühlen, sie wünsche sich deshalb "ein unvoreingenommenes Herangehen ohne Scheuklappen". Aus dem Mund einer von der CSU gestellten Drogenbeauftragten überrascht das in etwa so sehr, als würde Markus Söder den CSU-Parteitag mit "Moin Moin" eröffnen. Ihr Hinweis, es dürfe nicht um Ideologie gehen, sondern rein um den Gesundheitsschutz, klingt schon fast wie eine Kritik an ihrer Vorgängerin. Doch auch abseits dieses Interviews unterscheidet sich Ludwig von Mortler.

Als sich Daniela Ludwig in einem Video auf Facebook als neue Drogenbeauftragte vorstellte, sagte sie, dass sie suchtkranken Menschen die Stigmatisierung nehmen wolle. Außerdem wolle sie sich offen und unvoreingenommen dem Dialog stellen, "mit allen, die hier was zu sagen haben". Dass das keine Worthülsen waren, vermeldete am Samstag der Hanfverband auf Twitter. Das Treffen mit der Drogenbeauftragten stehe, hieß es dort. Dass sich Politikerinnen mit Lobbyverbänden treffen, wäre eigentlich keine Erwähnung wert. Mit Daniela Ludwigs Vorgängerin hat es so ein Treffen jedoch nie gegeben. Marlene Mortler habe alle Anfragen abgeblockt, sagte ein Sprecher des Hanfverbands gegenüber VICE.

Es sagt viel über die Arbeit ihrer Vorgängerin aus, dass man all das hervorheben muss. Denn eigentlich hat Daniela Ludwig nur signalisiert, was Standard für politisches Handeln sein sollte: Sie möchte ihren Job unvoreingenommen und möglichst gut informiert erledigen. Trotz alledem wird die CSU auch in Zukunft wohl kaum die progressivste Drogenpolitik aller Zeiten machen – aber immerhin: ein erfreulicher Anfang.

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