YouTuber aus Deutschland
Foto: Screenshots via YouTube aus den Videos: "Ist die #RX480 AUCH SCHEISSE?!" von AlexiBexi | "7 VERBOTENE DINGE DIE JEDER TUT! | LiDiRo" von LiDiRo | "Wer hat uns DAS erlaubt?" von Jodie Calussi | "YouTube - WAS STIMMT MIT EUCH NICHT?" von RobBubble || Collage: VICE
vorbilder

Was YouTube-Stars selbst gegen den Klimawandel tun

Ist Fliegen noch erlaubt? Sind Steaks OK? YouTuber wie AlexiBexi und LiDiRo haben erzählt, was sie machen, um den Planeten zu retten.

Jahrelang wurde YouTube-Stars vorgehalten, sie setzten ihre Reichweite nicht für die wirklich wichtigen Dinge ein. Zu selbstbezogen, zu unpolitisch, so lautete die Kritik von Leuten, die so gar nicht verstehen konnten, warum sich Millionen für den schnell zusammengeschnittenen Alltag anderer junger Menschen interessieren. Dann kam Rezo kurz vor der Europawahl mit seinem CDU-Zerstörungs-Video – und versetzte die Regierungspartei in Panik.

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Der YouTuber sprach sich klar gegen konservative, klimafeindliche Politik aus und demontierte die fehlgeleitete Politik der großen deutschen Regierungsparteien. Für ein zweites Video holte er sich dutzende Influencer-Kolleginnen und -Kollegen dazu. Die gemeinsame Botschaft: Wenn wir jetzt nichts gegen den Klimawandel tun, sind wir alle am Arsch. Eine Botschaft, die wichtig ist. Die zeigt, dass YouTube-Stars ihre Reichweite eben doch für die wirklich wichtigen Themen nutzen.

Und trotzdem reagierten Politiker, vor allem von der CDU, und einzelne Medien herablassend. Sind YouTube-Stars nicht auch diese Leute, die ständig durch die Welt jetten, weil sie mit Markenkooperationen und Urlaubs-Vlogs ihr Geld verdienen? Können die überhaupt gute Vorbilder in Sachen Klimaschutz sein?

Klar, warum nicht, haben wir uns gedacht, und deutsche YouTuberinnen und YouTuber gefragt, wie sie ihren Kampf für Klimaschutz eigentlich persönlich umsetzen.

Jodie: "Würde ich nicht fliegen, könnte ich meine Miete nicht bezahlen"

YouTube-Kanal: Jodie Calussi, 501.000 mal abonniert

Ich fliege. Von Köln nach Berlin, zu einem Dreh oder einem Meeting, wenn es die Zeit nicht erlaubt, Zug zu fahren. Nach New York, um mit meiner Familie die Welt zu erkunden. Oder nach Afrika, um mich für die Umwelt einzusetzen. Ich habe Flugangst, ich hasse fliegen. Würde ich es nicht müssen, um meine Miete zu zahlen, Menschen einen Traum zu erfüllen oder etwas auf der Welt zu bewirken, würde ich es niemals freiwillig machen. Aber leider ist das Fliegen Teil meines Lebens und das wird mir hin und wieder vorgehalten: "Wie kannst du dich für die Umwelt einsetzen und gleichzeitig fliegen? Heuchlerin!"

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Für diese Art von Nachricht habe ich folgenden Text vorbereitet, den ich gerne copy-paste-mäßig verschicke:

Lass uns mal den Blickwinkel ändern. Ich spende sehr viel Geld an Organisationen, die sich für die Umwelt einsetzen. Mit einigen Freunden habe ich einen Verein gegründet, um Spenden zu sammeln und Projekte zu unterstützen, die die Welt verändern. Ich esse kein Fleisch, fahre kein Auto, produziere so wenig Müll, wie es geht. Zudem versuche ich meine Zuschauer zu mobilisieren, auch mehr auf die Umwelt zu achten und erreiche damit sehr viele Menschen, die etwas bewirken können. Mein Job erfordert es leider, dass ich fliege. Würde ich das nicht tun, könnte ich meine Miete nicht zahlen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass meine Bemühungen und mein öffentliches Auftreten das Klima mehr schützen, als dass meine Flüge ihm schaden. Doch auch du scheinst dich sehr zu kümmern, sag mir doch gerne, was du für die Umwelt tust. Vielleicht inspiriert mich das und ich kann mich noch mehr verbessern. Liebe Grüße.

An circa 15 Menschen habe ich diesen Text in den letzten Wochen verschickt. Und es überrascht mich nicht wirklich, dass ich bisher keine einzige Antwort bekommen habe.

Joseph: "Ich mag den Geschmack, aber Fleisch ist für mich nicht mehr tragbar"

YouTube-Kanal: DeChangeman, 102.000 mal abonniert

Ich durfte dank meiner Filmarbeiten für den WWF im Jahr 2015 nach Brasilien fliegen und 2017 in die Arktis. Ja, dafür musste ich ganz schön weit fliegen und das vermeide ich sonst, aber anders hätte ich nicht die dokumentarische Arbeit machen können und vermutlich wäre ich auch nicht so schnell selbst auf andere Verkehrsmittel umgestiegen. Die eindrückliche Erfahrung hat mich 2015 zum Veganer und Bahncard50-Kunden gemacht. Ich versuche gar nicht mehr zu fliegen, aber natürlich bleibt es nicht ganz aus. Ich halte mich an die Regel "Reisezeit vs. Verweildauer". Sollte ich doch fliegen müssen, weil es keine Bahnverbindung gibt, bleibe ich möglichst lange an einem Ort, um die Reise möglichst stark zu nutzen. Für einen Tag irgendwo hin fliegen, kommt für mich nicht in Frage.

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Wenn man etwas kleiner anfangen möchte, hilft auf jeden Fall die Einstellung von Plastikverbrauch. Jutebeutel sind super. Zudem ist ein Rad ganz toll und auch die öffentlichen Verkehrsmittel und die Bahn. Mir ist klar, dass das nicht immer geht, vor allem im ländlichen Bereich, aber auch hier kann man sich natürlich im Kleinen verbessern. Das Auto bewusster und mit klarer Planung nutzen, vielleicht sogar gemeinsam zur Arbeit fahren und Gemeinschaften bilden.

Der Verzicht von Fleisch ist natürlich auch ein großer Schritt, mit immer besseren Ersatzprodukten sollte das zunehmend leichter werden. Und ja, auch ich mag den Geschmack von Fleisch, der Geschmack war nie der Grund für den Verzicht. Es war die Massentierhaltung und das Sterben von Lebewesen, obwohl es Alternativen gibt. Das war für mich persönlich nicht mehr tragbar.

Ich finde es extrem wichtig, dass wir, die ein Publikum und eine Reichweite haben, diese auch nutzen. Vor allem in Zeiten, in denen die Politik größtenteils von Menschen bestimmt wird, denen die Ausmaße des Klimawandels für diese und kommende Generationen entweder nicht klar, oder noch schlimmer: egal sind. Wenn man uns, die laut werden, jetzt vorwirft, dass wir nicht perfekt agieren und auch mal in Urlaub fliegen oder ein Auto fahren, dann haben sie unsere Forderung nicht verstanden.

Lina: "Denken allein bringt keine Veränderung"

YouTube-Kanal: LiDiRo, 741.000 mal abonniert

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Klimawandel ist wie eine schlimme Krankheit. Kommen die ersten milden Symptome, ist es uns gleichgültig. Wir hoffen darauf, dass es schon irgendwie von selbst vergeht. Wenn dann Schmerzen kommen, beginnen wir, uns Sorgen zu machen. Die Erkenntnis kommt erst, wenn wir Blut spucken und uns keiner mehr helfen kann.

So weit ist es mit uns und dem Klima noch nicht. Wir haben noch eine Chance zur Heilung.

So nutzen meine Familie und ich schon seit mehreren Jahren kein Auto. Bahn und Bus sind billiger und umweltfreundlicher. Außerdem kaufen wir größtenteils regionale, biologische und saisonale Produkte und minimieren den Konsum von Fleisch; ich ernähre mich vegan.

Viele wissen ja, dass Plastik nur nach mehreren 100 Jahren zersetzt werden kann. Deshalb verzichten wir auf Plastik, soweit es möglich ist, und nutzen für den Einkauf Stoffbeutel. Es gibt so viele einfache Möglichkeiten, etwas Gutes für seine Umwelt zu tun.

Natürlich kann jeder rumerzählen, wie schlimm der Klimawandel doch ist, ja sogar auf Demos gehen – und dann doch wieder abends erschöpft mit dem Auto zum nächsten Laden fahren, ein Fertigprodukt mit Fleisch kaufen und die Plastikverpackung in einen Busch schmeißen. Ich fürchte, viele machen das so oder so ähnlich. Aber was ist der Sinn dahinter? Das eigene Selbstwertgefühl aufrechtzuerhalten, um sich gut zu fühlen?

Worte bringen uns zwar zum Denken, aber denken allein bringt keine Veränderung. Daher müssen wir nicht nur unsere Meinung zu diesem Thema aussprechen, wir müssen handeln.

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Alex: "Nutella, Wurst und McDonald's kommt nicht mehr in die Tüte"

YouTube-Kanal: AlexiBexi, 1.662.000 mal abonniert

Etwas für das Klima zu tun ist ein Prozess, also nix was "von jetzt auf gleich" zu verinnerlichen und umsetzbar ist. Deswegen ist es auch in Ordnung, noch für gewisse Anliegen zu fliegen oder Auto zu fahren, sofern man verstanden hat, warum und worauf es hinausläuft. Das ist vielleicht ein bisschen wie vegetarisch essen.

Das wäre aber auch schon mein erster Ansatz: deutlich weniger Fleisch und vor allem kein "unnötiges" Fleisch, wie die Wurstscheiben aus dem Kühlregal und Ähnliches. Ich selbst esse privat seit nun zwei Jahren kein Fleisch mehr. Ein Anstands-Steak aus gesellschaftlichen Zwängen bei manchen Sesselfurzer-Terminen muss dann noch sein, das wars dann aber auch. Das auch online zu kommunizieren gehört dazu. Nicht, um sich als etwas besseres zu fühlen, sondern um den Leuten zu sagen: "Nutella, Wurst und McDonalds war mal und kommt 'nicht mehr in die Tüte'".

Apropos Kommunikation nach außen: Wenn es um meinen Content auf YouTube geht, beschränke ich mich beispielsweise bei Reviews von technischen Geräten nur noch auf "das Nötigste". Heißt: Entweder richtig gut (Mehrwert hervorheben) oder richtig schlecht (Unterhaltungsfaktor). Aber die große Suppe aus "immer gleichen Banalitäten" lasse ich schon seit einer Weile komplett weg. Auch, um Verhältnismäßigkeiten für Zuschauer klarer darzustellen und nicht jede belanglose Mainstream-Scheiße als "OK" und "kann man für den Preis ruhig kaufen, muss man aber nicht" im Raum stehen zu lassen.

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Robin: "Gemeinsam Druck auf Unternehmen ausüben"

YouTube-Kanal: RobBubble, 202.000 mal abonniert

Ich glaube, das meiste, was ich tun kann, ist Leute mit meiner Reichweite zum Nachdenken zu bewegen, wie zum Beispiel mit meinem Video über Smartphones in Zusammenarbeit mit dem WWF.

Privat verzichten meine Familie und ich inzwischen fast komplett auf Fleisch und ernähren uns größtenteils vegan. Früher habe ich gerne Softdrinks aus Dosen getrunken, weil ich das immer leckerer fand als Plastik oder Glas. Inzwischen versuche ich komplett auf Einweg zu verzichten. Wir versuchen, bewusst auf Produkte zu verzichten, die viel Plastikmüll produzieren, und nutzen zum Beispiel Tupperware statt Frischhaltefolie, haben beim Einkauf eigene Tüten dabei und extra Stoffnetze für Obst.

Wir achten auf Mülltrennung, ich fahre in Berlin wenn möglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln und achte beim Kauf von Technik auf eine gute Energieeffizienzklasse. Generell ist es bei uns inzwischen so, dass wir eigentlich bei jedem Kauf und jeder Reise die Frage stellen, ob das so notwendig ist. Natürlich mache auch ich mal Fehler oder treffe Entscheidungen, die nicht perfekt fürs Klima sind.

Als Konsument braucht man natürlich auch Alternativen, auf die man umsteigen kann. Zum Beispiel mehr Fahrradwege, ein besseres Angebot der Deutschen Bahn oder klimafreundliche Produkte. Da müssen Konsumenten und Politik gemeinsam Druck auf Unternehmen ausüben.

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Aber wenn Leute argumentieren: "Warst du nicht neulich im Urlaub?", oder: "Du hast doch auch ein Auto!", ist das ein lächerlicher Versuch, die Verantwortung von sich selbst, den Unternehmen und der Politik wegzuschieben. Jeder sollte mehr tun.

Fynn und Paul: "Unfassbar peinlich, wie viele Politiker mit der Jugend umgehen"

YouTube-Kanal: Ultralativ, 184.000 Mal abonniert

Wir beide von Ultralativ leben mittlerweile vegetarisch, versuchen Plastikmüll und -verpackungen so gut es geht einzudämmen, und beziehen unseren Strom aus bezahlbaren Ökotarifen. Uns ist aber natürlich bewusst, dass das die bevorstehende Klimakatastrophe nicht daran hindert, einzutreten.

Dass die Politik nicht genug handelt, um die CO2-Emissionen auf ein Minimum zu reduzieren, haben wir auch öffentlich nie verschwiegen. In Podcasts, Tweets, Livestreams oder auch Vorträgen haben wir immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Trägheit der Regierungen aktuell viel zu stark ist. Gerade bei öffentlichen politischen Aussagen im Internet bekommt man zwar schnell Gegenwind von Leuten, die von "der Klimalüge" oder einem "unbestätigten Verdacht" reden, wir haben da aber immer eine klare Kante gezeigt und den Leuten auch zu verstehen gegeben, wie prekär die aktuelle Situation ist.

Eben deshalb sind wir auch so froh, dass mit Fridays for Future und dem Statement von Rezo ein dringend notwendiges neues Interesse für diese Problematik aufgeflammt ist.

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Wie viele Politiker aktuell mit dem Thema, mit Greta Thunberg aber eben auch mit Stimmen aus "der Jugend", also alle Leute unter 35 offenbar, umgehen, ist unfassbar peinlich und entlarvt diese Leute oft besser, als es jeder YouTuber je könnte.

Diana: "Jeder Schritt bewirkt etwas"

YouTube-Kanal: Diana zur Löwen, 638.000 mal abonniert

Ich esse kein Fleisch mehr. Bei der Herstellung von Fleisch werden so viele Ressourcen verbraucht. Das versuche ich im Alltag einzusparen. Außerdem versuche ich immer mehr Kleidung Second Hand zu shoppen. Das macht mir einfach super viel Spaß!

Natürlich gibt es auch noch einiges zu optimieren, aber jeder Schritt in Richtung Nachhaltigkeit bewirkt schon etwas.

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