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Safer Use

Ecstasy: Vor welchen Pillen gerade gewarnt wird – und was der deutsche Zoll mit ihnen macht

In Großbritannien warnt die Polizei vor bestimmten Ecstasy-Pillen, in Deutschland nicht. Dabei wurden allein in den letzten Tagen 6 extrem hoch dosierte Exemplare getestet. 2 enthielten gar kein MDMA.
Pillenwarnungen zweite November-Woche
Pillenfotos: Checkit! | DIB+ | DIZ | Drogenarbeit Z6 | The Loop | Trimbos || Hintergründe, sofern nicht anders angegeben unter CC0

Jedes Jahr Anfang August reisen Tausende in ein kleines Dorf nach Polen, um auf dem Garbicz Festival den Alltag hinter sich zu lassen. Dass dort auch Drogen genommen werden, ist kein Geheimnis. Dass der deutsche Zoll deshalb jedes Jahr sogenannte Schwerpunktkontrollen direkt vor der Grenze macht, auch nicht. Für die 132.000 Euro, die so eine Maßnahme kostet haben die Beamten vor zwei Jahren 403 Pillen bzw. 47 Gramm Ecstasy gefunden, 2017 waren es 125 Gramm. Aber was passiert eigentlich mit den Pillen, die der Zoll beschlagnahmt?

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Ein Teil davon wird an Labore geschickt und dort auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz untersucht, teilt uns die Pressestelle des Zollkriminalamts mit. Ob eine Beschlagnahmung getestet wird oder nicht, entscheidet die jeweilige Dienststelle selbst oder die Staatsanwaltschaft vor Ort. Bei den Tests werden die Pillen auf alle Stoffe untersucht, die das Betäubungsmittelgesetz verbietet, und auf deren Menge. Das Bundeskriminalamt wiederum führt eine Statistik über die Messergebnisse, veröffentlicht wurde diese für Ecstasy allerdings zuletzt vor 14 Jahren. Seitdem werden die Daten nur teilweise an die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) weitergeben, schreibt die Zoll-Pressestelle. Auf die Frage, warum die Behörde keine Warnungen bei besonders gefährlichen Pillen herausgibt, ging die Pressestelle dabei nicht ein.

In anderen Ländern ist das anders. Die belgische Drogenbeobachtungsstelle Eurotox veröffentlicht neben eigenen Tests auch Warnungen und Daten, die aus Polizeiuntersuchungen beschlagnahmter Pillen oder aus Todesermittlungsverfahren stammen. In den Niederlanden wurde vor vier Jahren in den Abendnachrichten vor der tödlichen Superman-Pille gewarnt. Und auch britische Polizeistellen warnen immer wieder vor einzelnen Pillen. Also veröffentlichen wir regelmäßig die Resultate der Labore unserer Nachbarländer. Die Warnungen stammen neben Eurotox von The Loop aus Großbritannien, dem niederländischen Trimbos Institut, "Checkit!" von der Suchthilfe Wien, der Innsbrucker Drogenarbeit Z6, Energy Control auf Mallorca, dem Drogeninformationszentrum der Stadt Zürich (DIZ) und der Drogeninfo Bern Plus (DIB+).

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Die folgenden Pillenwarnungen wurden in den letzten sieben Tagen veröffentlicht. Alle Warnungen seit Mai dieses Jahres – einschließlich der neuen – haben wir in diesem Artikel zusammengefasst. Jede Pille ist entweder hoch oder extrem hoch dosiert, oder sie enthält gar kein oder nicht nur MDMA. Wenn eine Pille nicht gelistet ist, heißt das nicht, dass sie rein und niedrig dosiert ist. Der Artikel enthält zudem eine Reihe sogenannter Safer-Use-Regeln, um unnötige Risiken und mögliche Schäden durch Ecstasy-Konsum zu reduzieren. Wir erklären dort auch, warum wir überhaupt Pillenwarnungen veröffentlichen.

Die Seite pillen.sauberdrauf.com der bayerischen Drogenberatungsstelle mindzone und das Drug-Checking-Tool von saferparty.ch listen viele weitere und ältere Pillentests. Saferparty veröffentlichen im Laufe des Wochenendes regelmäßig zusätzlich neue Warnungen und Meldungen.

Die Pillenwarnungen der zweiten November-Woche 2018

Rote "Kenzo"

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Pillenfotos: Checkit! | DIB+ | DIZ | Drogenarbeit Z6 | The Loop | Trimbos || Hintergründe, sofern nicht anders angegeben unter CC0

Im Mai tauchte in Wien bereits eine Pille mit 196 Milligramm MDMA in Form eines lilafarbenen Tigers auf – das Markenzeichen der Modemarke "Kenzo". Ende Oktober fand das Wiener Drug Checking-Institut 156 Milligramm MDMA in Pille mit "Kenzo"-Logo, allerdings in Rot und Dreiecksform sowie ohne Tigerkopf.

Orangefarbene "Boom!" *KEIN MDMA

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Das "Boom!" auf diesem orangefarbenen Teil sollte als extra Warnung vor einer solchen Pille verstanden werden. Bei einem Test von "Checkit!" Ende Oktober enthielt eine solche Pille kein MDMA, sondern wies 179 Milligramm der psychoaktiven Droge 4-Flouramphetamin auf, das ist eine sehr hohe Dosis. Die Person, die die Pille zum Test abgegeben hatte, hatte genau diesen Stoff darin erwartet. Optisch unterscheidet sie sich allerdings nicht von einer Pille mit MDMA, 2C-B oder einem anderen Wirkstoff.

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Orangefarbene, blau gesprenkelte "Philipp Plein"

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Wieso ausgerechnet das "Philipp Plein"-Logo laufend auf Pillen gepresst wird und nicht "Gucci", "Versace" oder "Vetements" können wir leider nicht beantworten. Was wir aber wissen: Mit "Philipp Plein"-Pillen ist nicht zu spaßen. Zwei orangefarbene Tabletten mit blauen Punkten und einem Totenkopf auf der Rückseite wurden in Wien Ende Oktober auf je 172 Milligramm MDMA getestet, das ist eine hohe Dosis. Gerade im Halbdunkeln sind diese Pillen nur schwer von derzeit ebenfalls kursierenden gelben, bunt gesprenkelten "Philipp Plein" zu unterscheiden – von denen wurde gerade eine auf eine extrem hohe Dosis getestet (siehe unten). Ein Unterschied: Sie haben keinen Totenkopf auf der Rückseite.

Beigefarbene, runde Pille ohne Logo oder Namen *KEIN MDMA

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Oftmals enthalten namenlose Pillen kein MDMA, sondern andere Substanzen. Deshalb ist bei logolosen Pillen das Gesundheitsrisiko durch uninformierten Konsum besonders hoch. Eine beigefarbene, runde Pille ohne Logo oder Namen tauchte Ende Oktober in Wien auf. Sie enthielt eine nicht bestimmbare Menge 2C-E, ein Psychedelikum, das man auf keinen Fall unterschätzen sollte.

Gelbe, leicht gesprenkelte "Mitsubishi"

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Bereits Anfang August testete Drogenarbeit Z6 in Innsbruck eine gelbe "Mitsubishi" auf 149 Milligramm MDMA. Im Oktober wurden zwei solche Pillen bei "Checkit!" zur Analyse abgegeben – mit Dosen von 121 und 130 Milligramm MDMA. Anders als die Innsbrucker Pille waren sie leicht gesprenkelt.

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Gelbe, bunt gesprenkelte "Philipp Plein"

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Eine gelbe Pille mit bunten Punkten,PP-Logo und drei Bruchrillen statt eines Totenkopfs auf der Rückseite, erreichte im Oktober in Wien eine extrem hohe Dosis von 242 Milligramm MDMA.

Gelbe "Rockstar"

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Der Konsum einer gelben "Rockstar"-Pille ist definitiv riskanter als das Zocken des neuesten Rockstar-Videospiels auf der Playstation. Eine solche Pille enthielt bei einem Test von "Checkit!" in Wien eine hohe Dosis von 183 Milligramm MDMA. Im Juni untersuchte das selbe Institut eine grün-gelbe "Rockstar" mit 160 Milligramm MDMA.

Grüne "Heineken"

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Die Niederlande sind das Land in welchem europaweit die meisten Ecstasy-Pillen produziert werden. Kein Wunder, dass sich viele Pillen mit dem Logo der bekannten holländischen Biermarke finden lassen. "Checkit!" analysierte gleich zwei grüne "Heineken" im Oktober. Eine kam auf eine extrem hohe Dosis von 218 Milligramm MDMA. Die andere auf 137 Milligramm MDMA. Jedoch war die getestete Pille bereits abgebrochen, das ganze Teil dürfte demnach einen noch höheren Wert aufweisen. Grüne "Heineken" variieren ohnehin besonders stark in ihrem Gehalt, wir veröffentlichten bereits Ergebnisse zwischen 131 und 238 Milligramm MDMA.

Blaue "Duracell"

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Nur weil diese Pille aussieht wie eine Batterie, bedeutet das nicht, dass man nach dem Konsum wie ein "Duracell"-Hase durch den Club springt. Der Konsum von Ecstasy-Pillen birgt immer Risiken. Eine blaue "Duracell" kam bei einem Test in Innsbruck Anfang November auf die hohe Dosis von 138 Milligramm MDMA. Auf der Vorderseite dieser Pille stand "MDMA Power", auf der Rückseite "Last Longer".

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Lilafarbene "Tomorrowland"

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Wer auf Menschenmassen und David Guetta steht, ist beim größten Techno Event Europas genau richtig. Die Pillen, die immer wieder mit dem Logo des Tomorrowlands auftauchen, haben allerdings nichts mit dem Festival zu tun. Auch nicht die lilafarbene "Tomorrowland", die eine extrem hohe Dosis von 275 Milligramm MDMA. Auf dem Lost Village Festival in England fand The Loop in England im August extrem hohe Dosen von bis zu 240 Milligramm MDMA in rosafarbenen "Tomorrowland"-Pillen.

Graue "1UP"

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Gut möglich, dass eine solche Pille in Berlin produziert wurde, denn "1UP" steht für "One United Power" und ist ein Sprayerkollektiv aus der Hauptstadt. Konsumierende Fans und Nicht-Fans des Kollektivs sollten allerdings wissen, wie gefährlich stark diese Pillen sein können. Die Forscher und Forscherinnen in Wien testeten sie auf eine extrem hohe Dosis 245 Milligramm MDMA.

Graue "Moncler"

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Eine graue Pille mit dem Logo der italienischen Modemarke "Moncler" wies im Oktober einen extrem hohen MDMA-Gehalt von 271 Milligramm auf. "Moncler"-Pillen erreichen bei Tests immer wieder besonders hohe Werte. Bereits Mitte Oktober tauchten in Österreich solchen Tabletten in Weiß und Braun auf, mit Dosen von 214 und 305 Milligramm MDMA.

Graue "Plata o Plomo"

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"Silber oder Blei?", so stellt Pablo Escobar seine Gegner in der Netflix-Serie Narcos vor die Wahl. Mindestens genauso gefährlich wie das weiße Zeug, welches Escobar zu einem der mächtigsten Drogenbarone der Welt machte, ist eine graue "Plata o Plomo". Eine solche Pille wurde Ende Oktober in Wien auf eine extrem hohe Dosis von 272 Milligramm MDMA getestet. "Plata Plomo"-Pillen sind oft extrem hoch dosiert. Im Juni ergaben die Tests solcher Pillen 242 und 184 Milligramm MDMA.

Wenn du schon einmal ambulant behandelt werden musstest, nachdem du Drogen genommen hast, (oder Freunde von dir) und du mit VICE über deine Erfahrung sprechen möchtest, erreichst du unseren Redakteur Thomas Vorreyer per E-mail oder Twitter-DM.

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