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Hangover–News – 10. September 2018

5 News vom Wochenende, die du nicht verpasst haben solltest

In Sachsen-Anhalt ziehen Tausende Neonazis durch die Straßen, der Verfassungsschutz soll mit der AfD zusammengearbeitet haben und ein 17-Jähriger legte sich vor laufenden Kameras mit Donald Trump an.
Köthen am Sonntagabend | Screenshot: @ThomasWieder | Twitter

Es war wieder ein komplexes Wochenende: In Sachsen-Anhalt gab es eine Demo von Rechten, die auch dank beherzter Gegendemo weniger stark ins Gewicht fiel als befürchtet und in Schweden sind die Rechtspopulisten bei der Wahl nicht so stark geworden wie gedacht, konnten aber trotzdem ein Rekordergebnis einfahren.

Außerdem in den Hangover News: Der Sänger Daniel Kaiser-Küblböck ist laut derzeitigem Ermittlungsstand von einem Kreuzfahrtschiff ins kalte Wasser vor Kanada gesprungen und wir erklären, warum ein harmloser Schüler im Holzfällerhemd von Trumps Secret Service festgehalten und vernommen wurde.

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Tödlicher Streit in Köthen – Tausende Neonazis demonstrieren

(

Anm. d. Red.: Die Demonstranten im hierüber eingebetteten Video rufen "Nationaler Sozialismus, jetzt, jetzt, jetzt!"

)

Sieht man diese Bilder, fragt man sich, ob auch diesmal noch Leute von "besorgten Bürgern" sprechen werden, oder, dass es "keinen Mob" gab. Wieder sind in einem ostdeutschen Bundesland Tausend Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet auf die Straßen gegangen, weil sie einen Tod für ihre Zwecke nutzen sollen. Anders als in Chemnitz blieb es bisher in Köthen in Sachsen-Anhalt aber eher ruhig. Dort war in der Nacht zum Sonntag ein 22-jähriger Mann ums Leben gekommen. Die Ermittlungen laufen noch, laut aktuellem Erkenntnisstand erlag den Folgen eines Herzinfarkts, berichtet der mdr. Zwei junge Afghanen sind vorläufig festgenommen worden, weil sie kurz vor seinem Tod eine gewalttätige Auseinandersetzung mit dem Mann gehabt hatten und dieser dabei verletzt wurde. Laut mehreren Augenzeugen, mit denen die Bild-Zeitung und die Volksstimme gesprochen haben, kollabierte das Opfer erstmals noch während des Streits und starb später im Krankenhaus. Gegen die beiden Männer wurde ein Untersuchungshaftbefehl wegen des Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge erlassen.

Am Sonntagabend sind dann laut Angaben der Stadt rund 2.500 Rechte durch die Stadt gezogen, bei einer Rede sprach der Sprecher von Thügida von einem "Rassenkrieg gegen das deutsche Volk". Die Polizei hatte zuvor Verstärkung aus Niedersachsen und Berlin angefordert, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Trotzdem schlug die Stimmung um und Journalisten von der taz und von BuzzFeed News wurden bedroht und angegriffen. Gegen zwei Verdächtige ist deshalb Haftbefehl erlassen worden, berichtet DLF24.

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Medienbericht: Der Verfassungsschutz hat mit der AfD zusammengearbeitet

Ein Mann mit kleiner Brille, ergrautem Kurzhaarschnitt mit Sakko und Krawatte

Hans-Georg Maaßen soll am Montag Bericht erstatten | Foto: imago | IPON

Am Wochenende ist die Sache mit Hans-Georg Maaßen noch ein wenig komplizierter geworden, Zeit also für ein bisschen Kontext: Der Mann ist Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, ein Inlandsnachrichtendienst, der verhindern soll, dass irgendjemand in Deutschland gegen die "freiheitlich.demokratische Grundordnung" vorgeht, beispielsweise also Terroristen, Rechts- oder auch Linksextreme. Seit einiger Zeit steht Maaßen aber in der Kritik, weil viele glauben, dass er vor allem Linke stärker im Blick hat als Rechte. Die SPD-Vizechefin Malu Dreyer aus Rheinland–Pfalz fordert deshalb sogar Maaßens Rücktritt.

Maaßen hatte Ende vergangener Woche angezweifelt hat, dass die Videos aus Chemnitz, in denen Rechte Jagd auf Ausländer gemacht hatten, überhaupt echt seien. Unter anderem ze.tt hatte früh Kontakt zu den Menschen, auf die es die Nazis in den Videos abgesehen hatten. Für seine Fälschungsvorwürfe legte Maaßen bisher auch keine Belege vor.


Auch bei VICE: Chaos in Chemnitz


Auch schon im Zusammenhang mit den NSU–Ermittlungen wurde Maaßen vorgeworfen, eher wenig Interesse an der Verfolgung Rechtsextremer zu haben. CSU-Innenminister Horst Seehofer fordert von Maaßen am Montag einen Bericht zur Lage: "Ich erwarte eine Begründung, auf die er seine These stützt."

Eine Recherche im Handelsblatt am Wochenende hat zusätzlich nahegelegt, dass aus der Behörde in manchen Bundesländern sensible Informationen direkt an die AfD weitergegeben wurden. Maaßen steht ohnehin schon in der Kritik, weil er sich mit AfD-Politikern getroffen hatte.

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Daniel Küblböck nach Sprung von Kreuzfahrtschiff verschwunden

Ein junger Mann mit leicht rotstichigem Haar und Baar, sein T-Shirt hat einen weiten Ausschnitt

Daniel Küblböck wird derzeit vermisst | Foto: imago | Future image

Als vor über 15 Jahren die allererste Staffel von "Deutschland sucht den Superstar" lief, war Daniel Küblböck der Quoten-Aufgedrehte der Show. Nach der Show war er dann als erfolgreicher Investor in Ökostrom noch einmal in den Schlagzeilen. Zuletzt hatte er eine Schauspielschule in Berlin besucht. Weil er inzwischen adoptiert worden war, trat er unter dem Namen Daniel Kaiser-Küblböck auf. Seit den frühen Morgenstunden am Sonntag wird vor der Küste Kanadas nach ihm gesucht, weil er vermutlich während einer Kreuzfahrt vom Schiff gesprungen ist. "Das ist unsere Vermutung", sagte ein Sprecher von Aida Cruises, die auch bestätigten, dass es sich um Kaiser-Küblböck handelt. Die Unglücksstelle liegt rund 185 Kilometer vor Neufundland, die Wassertemperatur dort beträgt derzeit rund 10,5 Grad.

Es ist noch unklar, ob es sich um einen Suizid handelt. Wer selbst viel über den eigenen Tod nachdenkt oder sich um Mitmenschen sorgt, findet sofort und anonym Hilfe unter 0800–111 0 111 oder 0800–111 0 222 und unter www.telefonseelsorge.de .

Rechte in Schweden erreichen Rekordergebnis

Menschen warten in einer Schlange hinter einem Schild mit Aufschrift

Fast jeder fünfte schwedische Wähler machte am Sonntag sein Kreuz bei den Rechten | Foto: imago | Bildbyran

Es ist in unseren Zeiten ja beinahe schon ein Grund zum Aufatmen: Umfragen vor der Parlamentswahl in Schweden hatten im Juli noch darauf hingedeutet, dass die schwedischen Rechten sogar stärkste Partei werden könnten. Zumindest daraus ist gestern nichts geworden, aber trotzdem haben die "Schwedendemokraten" am Sonntag mit fast 18 Prozent das beste Ergebnis ihrer Parteigeschichte erzielt. Anders erging es den Sozialdemokraten, die mit etwa 28 Prozent das schlechteste Ergebnis seit mehr als 100 Jahren einfuhren. Die moderat-konservativen Politiker von Modaterna landeten mit knapp 20 Prozent auf Rang zwei. Weil auch die Grünen Verluste erlitten, ist unklar, wie es für die ohnehin schon ohne Mehrheit regierende Koalition aus Sozialdemokraten und Grünen weitergeht.

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Die Rechten hatten in Schweden wie in vielen anderen Ländern auch mit einer strammen Anti-Flüchtlings-Agenda und hysterischen Warnungen vor vermeintlich steigender Kriminalität Wahlkampf gemacht. Auch in Schweden fragen sich deshalb Beobachtende, ob möglicherweise der jahrzehntelange gesellschaftliche Konsens des Landes bedroht ist. Fest steht: Acht Parteien sind im Parlament und ohne die Schwedendemokraten hat weder ein Mitte-Links- noch ein Mitte-Rechts-Bündnis eine Mehrheit.

Ein 17-Jähriger ärgert Trump vor laufenden Kameras

Für die Trump-Resistance in den USA ist Tyler Linfesty der Held des Wochenendes: Als #PlaidShirtGuy wird er in den sozialen Netzwerken gefeiert, denn Linfesty hatte es am Donnerstag bei einer Rede von Donald Trump auf die begehrten Plätze direkt hinter dem Präsidenten geschafft – dort, wo man im Fernsehen zu sehen ist. Linfesty hat das genutzt, um die seltsamsten Aussagen von Trump in Frage zu stellen, beispielsweise als dieser schwadronierte, warum er gegen Hillary Clinton gewonnen hatte.

Als Trump sich lobte, wie viel Support die Republikaner seit seiner Wahl dazu gewonnen hätten, sieht man Linfesty nur sagen: "Have you?" ("Ach ja?")

Trumps Leute ließen sich das nicht lange gefallen. Nach der Hälfte der Rede sei jemand auf ihn zugekommen und habe gesagt: "Ich werde dich ersetzen", sagte der 17-Jährige hinterher CNN. Am Freitagabend klärte Linfesty im US-Fernsehen auf, was danach geschah: Er musste daraufhin zehn Minuten in einem Raum sich den Fragen von Secret-Service-Mitarbeiten stellen, bis die ihn schließlich frei ließen und aufforderten, nicht wiederzukommen.

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