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"Volljuristen fisten dich bei Tisch" – Der Pol1z1stens0hn ist zurück und feiert das Rechtssystem

Der neue Song von Jan Böhmermann ist keine bloße Haftbefehl-Parodie mehr und lässt uns etwas verwirrt zurück.
Foto: Screenshot via YouTube aus dem Video "Recht kommt (K.O. in KA)" von Neo Magazin Royale

Was wir 2018 brauchen: Ein Album von Haftbefehl. Was wir nicht brauchen: Parodien von Haftbefehl. Das ist Jan Böhmermann aber völlig egal und so schmeißt er sich wieder in sein Rapper-Kostüm und ahmt Baba Haft nach. Um den Staffelbeginn seines Neo Magazin Royals zu feiern, hat der TV-Moderator als Pol1z1stens0hn einen neuen Track veröffentlicht: "Recht kommt (K.O. in KA)". Darin feiert er zu einem brachialen Beat das deutsche Rechtssystem ab, mit Lines wie "Jurasohn gibt Schelle! Attacke, Anwaltarmee!" und "Volljuristen fisten dich bei Tisch". Im Video läuft ein sichtlich besorgter Böhmermann in den Gerichtssaal, dann übernimmt Pol1z1stens0hn und rappt die Anwälte der Gegenseite in den Boden. Dabei werden auffällig oft Neonazi-Beweisstücke gezeigt, die uns sofort an den desaströsen NSU-Prozess denken lassen, in dem auch das Gericht keine gute Figur macht. Gleichzeitig erinnern sie an den AfD-Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner, der diese Woche zum Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Bundestages gewählt wurde. Brandner hatte noch im Dezember auf Twitter ein Bild einer Machete gepostet und geschrieben, dass er auf die Antifa warte. Wie heißt es im neuen Böhmermann-Song doch gleich: "Staatsanwältin Machete hat Anklage gemacht!" Macht sich da einer doch Sorgen um sein geheiligtes Paragraphen-Land?

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Als im November 2015 Böhmermann erstmals in die Rolle des "Pol1z1stens0hns" schlüpfte und als halbgare Haftbefehl-Parodie mit "Ich hab Polizei" einen Hit landete, war das ein bisschen witzig, vor allem aber total egal und für unseren Autor Marcus Staiger sogar "standesgemäße Überheblichkeit". Ein paar Monate später wurde gegen Böhmermann ein Strafverfahren wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten Erdogan eingeleitet und schließlich wieder eingestellt. Aufatmen für den Satiriker, die Staatsanwaltschaft hatte doch zu seinen Gunsten entscheiden, "strafbare Handlungen" seien "nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen", hieß es. Das Recht war auf seiner Seite, wie es sich gehört, für einen Polizistensohn. Der im Video dargestellte Gang in den Gerichtsaal blieb ihm erspart.

Dass Böhmermann (selbst ehemaliger Schöffe) Fan von Gerichtsprozessen ist, hatte er schon mal erwähnt, in seinem Podcast Fest & Flauschig mit Olli Schulz. Im Gespräch über die #MeToo-Debatte und prominente Fällen wie Louis CK oder Kevin Spacey hatte er dort kritisiert, dass die Öffentlichkeit schon vorverurteilt, obwohl die Vorwürfe noch von keinem Gericht behandelt wurden.

Daher scheint es fast logisch, dass er jetzt so einen Representer-Track auf das deutsche Grundgesetz rausbringt. Könnte man mit einem Schmunzeln und respektvollen Nicken schnell abhaken, immerhin hat Böhmermann seine Rapskills ordentlich gesteigert. Wenn da am Ende nicht die martialischen Lines wären: "Recht kommt. Und jetzt wird Gleichschritt marschiert! Recht kommt. Attention, mein Freund!" Möglich, dass wir übertreiben, er sich eigentlich nur über die Klagefreudigkeit eines Bushidos lustig machen will und wir allein durch das Hakenkreuz im Video aus dem Gleichgewicht geworfen wurden, aber wir können das lautlose "s" nach "Recht" einfach nicht überhören. Diesmal wollte Böhmermann wohl doch nicht nur eine Blödel-Parodie abliefern, sondern hatte wirklich mal was sagen. Wenn er nächstes Mal noch darauf verzichtet, Haftbefehl nachzuäffen, könnten wir seinem eigentlich soliden Rap viel besser zuhören.

sich nächstes Mal nicht hinter einer Parodie versteckt, hört seinem durchaus okayen Rap/Sprechgesang vielleicht sogar jemand richtig zu – und seiner Botschaft.

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