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Rassismus

Dieser Fan ist schockiert von rassistischen Ausfällen beim Länderspiel gegen Serbien

"Wo geht das hin", fragt André Voigt unter Tränen, "und warum sagt keine Sau irgendwas?"
André Voigt im Deutschland-Trikot
Screenshot: Facebook | André "Dré" Voigt

André Voigt trägt noch sein Deutschland-Trikot, als er am späten Mittwochabend ein Live-Video auf seiner Facebook-Seite startet. Der Journalist rückt sich die Brille zurecht und presst die Lippen zusammen. "Ich weiß gerade nicht, wohin mit mir", sagt er. "Ich muss mir etwas von der Seele reden." Dann erzählt er, was er kurz zuvor beim Länderspiel Deutschland gegen Serbien in Wolfsburg erlebt hat.

Gemeinsam mit seiner Frau und der zweijährigen Tochter habe er sich als Fan das Spiel angeschaut, sagt Voigt. Doch von Anfang an seien ihm drei Männer in der Reihe hinter ihm aufgefallen, die wohl "auch wegen der Getränke" ins Stadion gekommen und "gut dabei waren". Bereits in der ersten Halbzeit hätten sie viel "Scheiße erzählt", sagt Voigt. "Man hat gemerkt, der ganze Block hatte keinen Bock auf die."

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In der zweiten Halbzeit seien die Männer eskaliert, erzählt Voigt unter Tränen. Sie hätten angefangen, die Spieler Leroy Sané und İlkay Gündoğan rassistisch zu beleidigen. Im Video nennt André Voigt die Begriffe selbst mehrmals. "Ich habe mich umgedreht und gefragt, ob alle drei Rassisten sind", sagt Voigt. "Oder nur der eine, der dauernd N**** sagt." Dann habe er gefragt, ob solche Begriffe für die Männer normal seien.

Und es ist wahrscheinlich, dass sie es tatsächlich waren: Rassismus, Homofeindlichkeit und andere Diskriminierungen sind in der Fußball-Szene weit verbreitet. 2017 forderte Kevin-Prince Boateng, den Video-Beweis auch für Fans einzuführen - wer sich rassistisch äußert, soll Stadionverbot bekommen. Doch auch zwei Jahre später hängen Zuschauer im Stadion Banner für verstorbene Neonazis auf oder beschimpfen nicht-weiße Spieler rassistisch, ohne dass die Vereine oder Veranstalter reagieren.

Eine Frau stimmt den Männern zu, sonst sagt niemand etwas

Auch die Reaktion auf André Voigts Eingreifen am Mittwoch in Wolfsburg zeigt, wie selbstverständlich Rassismus in Deutschland toleriert wird. Er erzählt, die Männer hätten Hitler-Grüße und Vorurteile über vergewaltigende Ausländer ausgesprochen und gesagt, Deutschland brauche "wieder einen kleinen Österreicher". Dem widersprochen habe niemand. Im Gegenteil: Eine Frau habe zustimmend gesagt, in Deutschland laufe gerade einiges schief. Mehrmals muss Voigt die Erzählung unterbrechen. Sein Kinn zittert, die Stimme bricht. Er sei geschockt, sagt er: "Wo geht das hin, und warum sagt keine Sau irgendwas? Wenn nie einer was sagt, dann geht das immer so weiter." Dann bricht er die Aufnahme ab.

Seit dem Upload in der Nacht zu Donnerstag wurde das Video von Voigt über 51.000 Mal angeschaut und von mehreren Medien aufgegriffen. Viele Nutzer und Nutzerinnen kommentieren, sie fänden es gut, dass Voigt die Männer auf ihren Rassismus angesprochen habe. Doch es gibt auch Menschen, die sich auf die Seite der Rechten stellen: Am Donnerstag meldet sich André Voigt auf seinen Social Media-Accounts zu Wort. Er habe wegen des Videos Mails bekommen, in denen seine zweijährige Tochter im Zusammenhang mit Vergewaltigungen genannt wurde.

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