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Die österreichische Musikszene 2017 in 12 Tweets

Es gab die Wahl, die Ehe für alle und Money Boy ist noch immer auf Twitter aktiv.
Screenshot via Twitter.

Was ist heuer so passiert? Es gab in Österreich Wahlen, es gab viele ausverkaufte Shows (hoch lebe Bilderbuch), HVOB waren auf Welttournee, Andreas Gabalier hat gegen das Konzerthaus verloren, die gleichgeschlechtliche Ehe kommt 2019 und nicht wie gedacht 2050, RAF Camora ist jetzt Influencer und Weltstar in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Mavi Phoenix, Crack Ignaz und Cid Rim machen noch immer super Zeug und Falco ist noch immer tot.

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Uns geht es also musikalisch eigentlich ziemlich gut – außer, dass Falco tot ist – und unsere Künstler arbeiten fleißig am Image unseres Landes und werden dabei von Fans unterstützt. Die Wahlergebnisse kratzen dennoch an unserem Image oder – um Jan Böhmermanns Tweet zu zitieren: "Österreich ist eine Black Mirror-Folge von Deutschland."

Diese musikalische Zusammenfassung kann man in Tweets aufarbeiten – so wie man alles in Tweets aufarbeiten kann – und das tun wir jetzt. Hier die kuriosesten, lustigsten und bezeichnendsten Tweets des Jahres 2017. Leyya , Annkathie Koi und viele andere Künstler haben zwar noch immer keinen aktiven Twitter-Account, trotzdem haben wir aussagekräftige Tweets gefunden. Wir wissen, dass man eine Portion Schrulligkeit für Twitter braucht.

1. Es gibt noch immer Rassismus in Österreich und er ist nach den Wahlen stärker spürbar

In Österreich gab es Wahlen und diverse Entwicklungen, egal ob national oder nicht, spalteten das Land. Außer, dass die ÖVP unter Basti alles abgeräumt hat, konnte die FPÖ stark dazugewinnen und da Rot-Schwarz schon vor der Wahl nicht erwünscht war, stand relativ schnell fest, dass Heinz Christian und Sebastian zusammen packeln werden. Und wir somit eine konservativ-rechte Regierung haben werden, wie es sich für ein progressives Land gehört.

Dass ist für die österreichische Musikszene desaströs, da sowohl die FPÖ als auch die ÖVP nicht gerne Kulturgelder hergeben (siehe Kärnten und neuerdings auch Oberösterreich) und auch sonst einen Fick auf Offenheit geben. Außerdem ist es desaströs, weil es Rassisten die Berechtigung gibt, sich offen rassistisch zu verhalten, wie wir es schon von Trump kennen. Salute bestätigt.

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2. Yung Hurn ist noch immer auf allen sozialen Medien

Gibt es ab jetzt nur noch Love Hotel-Band und keinen Rap mehr? Oder war Hurn einfach einfach sehr, sehr gut drauf und hat einfach etwas ins Internet rausgekotzt, unverhältnismäßig viel Zuspruch bekommen und es in fünf Sekunden wieder vergessen? So oder so, unser österreichischer Anti-Held ist noch immer online und textet auf Twitter Gedichte, postet komische Sachen, schmust vielleicht mit einer zehn Jahre älteren Russin und holt sich weiterhin seinen Hype. Auch eine Leistung!

3. Bilderbuch spielen drei ausverkaufte Shows hintereinander in der Arena, wie geht das?

Es ist an sich schon wirklich schwer, mehr als ein Mal im Halbjahr ins Fitnessstudio zu gehen und diese Menschen spielen vor der Festival-Zeit drei ausverkaufte Arena-Shows hintereinander. Das ist diszipliniert und irgendwie unmenschlich, aber vor allem saugut.

4. Moneyboy ist der eigentliche Willy Nachdenklich und vielleicht hat er recht

Die Jugendworte des Jahres haben viele Nicht-Jugendliche verärgert, Untergang der Sprache und so. Wirkliche Jugendliche haben sich "lel" gedacht und ans Jahr 2014 zurückgedacht, als das tatsächlich noch Jugendworte waren und nicht ein Relikt des Jahres 2014. Jedenfalls wissen wir hier in Österreich, wer der wahre Gründer der VONG-Sprache ist, egal wie viele Willy Nachdenklich-Interviews und -Bücher noch kommen.

Außerdem hat YSL oder M-Beezy oder einfach Basti auf Twitter einen Manager gesucht: "suche 1 manager der im deutsch rap game ist. connected mit medien veranstaltern… mit erfahrung im biz mails an therealmoneyboy@gmail.com." Dann hat er sich auch eine Freundin geholt, ein extrem stabiles Comeback-Video gedreht und kotzt nach wie vor, wie sein jüngerer Seelenverwandter, Sachen ins Internet.

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5. Österreicher denken manchmal simpel – so auch im Falle eines Crack Iganz

Crack Ignaz hat eine blonde Pracht, eine richtig dope EP rausgebracht und den nötigen Humor, den man in good old Austria auch braucht. Hier in Österreich ist es einfach üblich, dass man Menschen die anders aussehen mit berühmten Menschen, die anders aussehen vergleicht – ich bin zum Beispiel total die Mirna Jukic (weil Ostblock, lange Nase). Mein Kumpel mit indischem Background schaut voll wie der eine Inder aus der Telering-Werbung aus und nun ja, Crack Ignaz schaut total wie Alaba aus. Österreich-Flagge-Emoji.

6. Es fand wieder ein Boiler Room in Wien statt

Boiler Room ist an sich ein cooles Konzept. In Österreich aber, wenn man Techno konsumiert, hat's etwas sehr Kafkaeskes. Die Wiener-DJs, die sich sonst auf Facebook streiten, geben sich Bussis links und rechts und schauen dabei mit ihren Eristoff-Bechern Richtung DJ. Ob auf der Party jemand ohne Gästeliste war, ist bisschen fraglich. Genauso, ob man für so ein Klassentreffen eine coole Industrie-Halle braucht. Das nächste Mal reicht den hochnäsigen Wienern auch die Autobahnstätte in St. Valentin. Steht ja auch mehr für unser schönes Land, als so eine Halle á la Berlin, die um zwölf wieder still sein muss.

7. Raf Camora wird auch ohne ORF ein Superstar

Wann und wie schnell ist das passiert, bitte? Vor drei Jahren war man noch ein Rap-Insider, wenn man seinen Namen gedroppt hat, heute lädt er ein Video auf YouTube hoch und hat binnen weniger Stunden Millionen von Views. Wenn RAF Camora Svaba Ortaks neues Video in seiner Insta-Story erwähnt, dann trendet das Video. Und da er die ganze Zeit erwähnt, dass er Wiener ist, ist der Wien-Tourismus drastisch angestiegen. Das war ein Schmäh, aber er ist verdammt nah an der Realität.

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8. Mavi Phoenix macht ein politisches Posting und gehört somit zu den wenigen, seltenen Juwelen in der Musikszene

Künstler, die in Österreich irgendwie berühmter sind, meiden politische Themen. Immerhin weiß man ja nach der Wahl wie der Durchschnittshans so denkt und etwas Linkes zu sagen, könnte Fanverlust bedeuten. Früher hatten Künstler irgendwie mehr Eier für Sachen einzustehen, die heutigen sind mit stillen Wässern weichgewaschen. Oder sie kotzen Sachen ins Internet, die mit Politik wenig zu tun haben. Eine Ausnahme war die O5-Initiative, mit der Künstler wie Svaba Ortak, 5/8erl in Ehr'n, Ankathie Koi, Brenk Sinatra, Crack Ignaz, DJ Phekt, Elektro Guzzi, Patrick Pulsinger, Skero, Soia, Waxolutionists, Yasmo, Ali Capone und viele mehr versucht haben, vor allem junge Wähler zu mobilisieren.

9. Andreas Gabalier versucht das Konzerthaus zu verklagen, weil er sich ins rechte Eck gestellt sieht

Die Geschichte ist wirklich bombastisch. Der Konzerthaus-Chef gibt der Presse ein Interview und sagt, dass er ihn nicht auftreten lassen würde, weil Gabalier Signale sendet und für etwas steht. Jenes sollte man – seiner Meinung nach – abwägen, bevor man ihn auftreten lässt. Damit könnte er vielleicht Gabaliers Lieblingsworte meinen, nämlich "genderverseucht", “Gender-Wahnsinn" oder auch sein Wunsch, dass "es noch ein Grundbedürfnis von Frauen ist, sich ein bissl um die kleinen Kinder zu kümmern."

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Außerdem singt er ja sehr gerne die Hymne, allerdings lässt er die Frauen weg, weil das ja nicht traditionell ist. Wie Gabalier zur Zuwanderung steht, darf man sich denken. Jedenfalls befürchtet der Volksrock'n'roller schlimme wirtschaftliche Einbüßen und auch das Abwenden von seinen linken Fans. Ja, er geht davon aus, dass er linke Fans hat. Und klagt deshalb den Konzerthaus-Chef. In erster Instanz verliert er, in der zweiten auch. Trauriges-Emoji.

10. Die Diskussion zwischen Krone-Chef und ORF-Armin über den Eurovision Songcontest ist bezeichnend für Twitter und Österreich und den ESC

Twitter in Österreich bedeutet: weiße, alte Männer, die sich streiten. Meistens spielt hier in der goldenen Drei auch Klenk eine Rolle (der Falter-Dude). Für den ORF geht Wolf ins Rennen und für die Krone der Schmitt. Es ist wirklich lustig, ihnen zuzuschauen und wahrscheinlich auch der Grund, warum sich 80 Prozent, der österreichischen Twitter-User eben nicht löschen. Schmitt beschwert sich, dass der ORF den ESC-Kandidaten aussucht und Wolf verteidigt den ORF, da das Unternehmen Alleinmitglied in der European Broadcasting Union ist.

Wir wissen eh alle, was wir von ORFs Alleinwahlen für den ESC halten (nicht viel) und wie man eine demokratische Abstimmung organisieren könnte. Der ORF vergibt aber gern Plätze im stillen Kämmerchen. An Künstler, die man nicht wirklich kennt und die dann für Österreich ins Rennen gehen. Oder schon mal was von César Sampson gehört?

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11. Das Celeste in Wien baut den Lärmschutz aus

"Bester kleiner Club" stimmt vielleicht für die Makava-Trinker, aber diese Menschengruppe ist ja eh groß genug. Nach dem das celeste ein Politikum der FPÖ war – die hat vor der Wahl 2015 Zettel auf die Wände des Lokals aufgehängt, die versprochen haben, dass sie den Club schließen werden – und Anrainer nach wie vor keine Fans sind, wird jetzt investiert. Man kann nur hoffen, dass es nicht so ausgeht, wie bei der Bettelalm, die ganze zwei Millionen in den Lärmschutz investiert hat und trotzdem schließen muss, weil ein Anrainer trotz zwei Millionen nicht schlafen kann. Toi, toi, toi.

12. LOL. Wie beschreibt man das jetzt. Ein Christoph & Lollo-Lied wurde fast als Beweisstück beim BUWOG-Prozess vorgespielt, aber es gab dann technische Schwierigkeiten

Wo fangt man an. KHG, der blaue Finanzminister, der bis heute nachhaltig das Land quält, ist ja vor Gericht. Es geht um viel, viel Geld und die BUWOG. Sein Anwalt wollte mit dem Christoph & Lollo-Lied " Karl-Heinz beweisen, dass die Richterin befangen ist. Dass ist sie deshalb, weil ihr Ehemann einmal dieses Lied gepostet hat.

Und weil wir Frauen sowieso immer derselben Meinung sind, wie unsere Männer und auch unsere Arbeit nach ihnen richten, wurde es eben als Beweis fast vorgespielt. Leider ging es technisch nicht, also wurde der Text vorgelesen. Das war das erste Mal in der Geschichte der FPÖ, dass man Künstler (die nicht HC oder die John Otti Band sind) für so wichtig gehalten hat, dass sie Meinungen von Richterinnen ändern. Mehr Österreich geht nicht, echt nicht.

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