"HIV hat die Art und Weise verändert, wie ich mit Sex und Intimität umgehe"—John Grant im Interview

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"HIV hat die Art und Weise verändert, wie ich mit Sex und Intimität umgehe"—John Grant im Interview

Gestern spielte John Grant im Wiener WUK. Wir haben ihm ein paar Fragen gestellt.

​"Half of the time I think I'm in some movie. I play the underdog of course," singt John Grant in "GMF" und jeder, der schon mal mit Selbstbewusstsein und Selbstliebe gekämpft hat, wird sich einmal als dieser Underdog gefühlt haben. John Grant ist polyglott und neben Isländisch, Russisch oder Französisch zählt auch Deutsch zu seinen erlernten Sprachen. Das Interesse an der deutschen Sprache hat die Musik von Nina Hagen geweckt und seine Kenntnisse gehen weit über "Hey, Wien, wie geht es euch?" hinaus.

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Mit seinem aktuellen Album Grey Tickles, Black Pressure hat er wie auch schon bei Pale Green Ghosts gezeigt, dass er nicht nur mit Sprachen, sondern auch mit Worten umgehen kann. Man hat das Gefühl, als würde er auf kluge, herzzerreißende aber auch witzige Art und Weise sein Innerstes nach außen kehren. Bevor wir uns heute Abend das Konzert im Wiener WUK ansehen, haben wir John ein paar Fragen via E-Mail durchgeschickt und erfahren, ob er in Island schon Schafe überfahren hat, wie HIV sein Leben verändert hat, aber auch so etwas Banales, wie zum Beispiel Sachertorte zu etwas Enttäuschendem werden kann.

Noisey: John, du bist ja nach Island gezogen. Wie viel Island steckt in deiner Musik?
John Grant: Ich glaube nicht, dass sich Island in meiner Musik widerspiegelt—ich denke, dass sich meine Persönlichkeit sehr stark in ihr spiegelt und all die Einflüsse, die durch meine Sicht auf die Dinge gefiltert wurden.

Was ist dein Lieblingsort in Island?
Mein Bett.

Hast du schon jemals ein Schaf überfahren?
Noch nicht. Aber ich arbeite daran.

Welcher deiner Songs ist der ehrlichste?
Ich glaube auf eine gewisse Art und Weise sind sie es alle. Jeder einzelne kommt von einem sehr ehrlichen Ort. Aber andererseits muss man "ehrlich" erst mal definieren und darüber reden, inwieweit es einem überhaupt möglich ist, zu sich selbst ehrlich zu sein. Aber ich sage es oft genau so, wie ich sie im Moment empfinde.

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Wenn deine Musik eine Farbe hätte, welche wäre es?
Marineblau.

​Ich war ja etwas verwundert als ich hörte, dass du mit Robbie Williams zusammengearbeitet hast. Hauptsächlich weil "Rock DJ" das Letzte war, was ich von ihm hörte und ihr für mich somit zwei komplett unterschiedliche Zugänge zu Musik habt. Vermutlich tue ich ihm damit unrecht—wo liegen eure Gemeinsamkeiten?
Robbie und ich haben sogar viel gemeinsam—das mag ich ja auch so an ihm. Wir kämpfen beispielsweise beide mit Selbstliebe, was schon mal eine große Gemeinsamkeit ist.

Wie war es, mit ihm zu arbeiten?
Sehr entspannt und unkompliziert.

Wer ist deiner Meinung nach gerade der wichtigste Musiker?
Ich weiß nicht. Mir kommt vor, es sind alle voller Scheiße.

Und glaubst du, dass gute Musik ein Ablaufdatum hat?
Ich glaube, es wird immer großartige Musik geben.

Was war der beste Rat, den du jemals bekommen hast?
Sei du selbst—egal, was andere Menschen denken. Das klingt sehr einfach, sehr nach Klischee  und kitschig, aber für manche Menschen ist genau das das schwierigste der Welt.

Viele Menschen tun sich schwer, herauszufinden, wer sie sind und was sie fühlen. Einige versuchen, das mit Alkohol und Drogen zu kompensieren. Du warst ja auch einmal an diesem Punkt—würdest du sagen, dass du dich gefunden hast, als du clean und trocken wurdest?
Allerdings. Aber ich muss auch dazusagen, dass es ein langer Prozess ist. Und mit den Substanzen aufzuhören, ist nur die Spitze des Eisbergs. Du musst das wirklich wollen und daran arbeiten, sonst wird es immer schwieriger, es auch tatsächlich zu schaffen.

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Worauf kannst du heute nicht verzichten?
Coke Zero, Filmen, Naked Bars (gesundes Zeug aus England) und Musik.

Inwiefern hat HIV dein Leben verändert?
Ich gehe jetzt anders mit Sex und Intimität um.

Was denkst du über Journalisten—wie mich gerade—die dich mit diesem Thema konfrontieren? Findest du es falsch, diese Fragen zu stellen?
Nein. Ich muss ja nicht antworten, wenn ich das nicht möchte.

Was können wir von deiner Show in Wien erwarten?
Ihr könnt davon ausgehen, dass ich mich nicht verstelle. Ihr könnt Ehrlichkeit erwarten, eine gute Show und ihr könnt euch sicher sein, dass wir uns freuen, bei euch zu spielen. Und ihr könnt mich Deutsch reden hören.

Gibt es etwas, was du mit Österreich verbindest?
Nicht wirklich. Ich denke da immer an schöne Landschaften, schwer zu verstehendes Deutsch, gutes Essen und eine großartige elektronische Underground-Szene. Oh und daran, wie enttäuschend Sachertorte sein kann, wenn sie zu trocken ist.

Gibt es auf Grey Tickles, Black Pressure einen Song, mit dem du nicht so zufrieden bist?
Ich bin nicht allzu glücklich damit, wie Black Blizzard wurde. Der brauchte noch mehr Zeit. Aber ich liebe den Song—ich finde ihn sehr John Carpenter-esk.

Last but not least: Dein Lieblingswitz?
Ein Mann kommt mit einer Ente unterm Arm heim und sagt: "Das ist das Schwein, mit dem ich ficke." Sagt die Frau: "Das ist kein Schwein, das ist eine Ente." Sagt der Mann: "Mit dir rede ich gerade nicht."

Header-Credits: Ari Magg

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