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Die sieben Stufen der Verzweiflung beim Diplomarbeit-Schreiben

Ein Studium abzuschließen ist ein ziemlich gutes Gefühl. Nur die Monate davor sind leider die schlimmste Zeit im Leben.
Quelle: Scream via photopin cc

Letzte Woche haben wir euch gezeigt, wie ihr euer Studium am einfachsten zum Abschluss bringen könnt. In der letzten Kurve vor dem Ziel steht aber bekanntlich noch das große und scheinbar unüberwindbare Hindernis namens Diplomarbeit. Wie ihr auch das aus dem Weg räumt, könnt ihr hier nachlesen.

Eigentlich war das Thema ja schon 2007 abgeschlossen. Ich hatte den traurigsten Sommer meines Lebens, aber dann immerhin 122 Seiten mittelmäßige wissenschaftliche Arbeit später einen Uni-Abschluss. Aber man ist ja noch jung und hat Ambitionen, also warum nicht noch ein Studium dran anhängen? Die Entscheidung ist auch jetzt noch richtig—aber aus einem zweijährigen Masterstudium wurden dann trotzdem 6 Jahre. Die 6 Jahre waren zwar auch ziemlich super, aber warum in aller Welt ich mir noch mal antue, eine Diplomarbeit zu schreiben, ist mir im Moment noch unverständlicher als die letzte Staffel von Lost.

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Der glorreiche Anfang

Alles beginnt mit der ultimativen Vorfreude. Etliche Jahre mehr oder weniger sinnvolle Vorlesungen, Prüfungen und Seminararbeiten endlich hinter sich lassen und sich ausschließlich nur noch mit einem Thema auseinandersetzen zu können, das einen WIRKLICH interessiert. Man träumt von bahnbrechenden Erkenntnissen, grundlegender Forschungsarbeit und wer weiß, vielleicht wird das ganze sogar irgendwann publiziert. Endlich an der Spitze des Elfenbeinturmes.

Das richtige Thema

Endlich kann man sich nun also mit etwas beschäftigen, was einen wirklich interessiert. Aber was tun, wenn man sich gleichermaßen für südamerikanische Nasenaffen, die religiösen Hintergründe von Eine himmlische Familie und die Geschichte des BHs interessiert? Gut, man kann natürlich nicht jedes Studium mit einer Arbeit über Nasenaffen abschließen, aber auch innerhalb eines Faches gibt es einfach immer noch 17.000 Möglichkeiten, sich auszutoben. Nach der anfänglichen Vorfreude ändert sich das Gefühl schnell in die pure Verzweiflung.

Egal wie super man sein Thema findet, im Laufe des Prozesses wird man es auf jeden Fall verfluchen. Das sollte einigen vielleicht die Entscheidung vereinfachen.

Wie zur Hölle soll man sich auf ein Thema festlegen? Dabei ist die Angst, vor der Entscheidung an sich ebenso groß wie die Angst, sich halt dann doch mindesten 6 Monate mit einer Sache beschäftigen zu müssen. Und was, wenn man sich dann doch langweilt? Man verabschiedet sich mal locker von 3 Monaten, ergründet man diese Frage im Detail. Kleiner Tipp: Egal wie super man sein Thema findet, im Laufe des Prozesses wird man es auf jeden Fall verfluchen. Das sollte einigen vielleicht die Entscheidung vereinfachen.

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Das Recherche-Loch

Wenn man dann das Thema hat—das die Betreuerin auch leiwand findet, beginnt als nächstes das Lesen. Aber die Recherche ist quasi das schwarze Loch des Abschlussarbeitenschreibens. Einmal mit einem Zeh reingetippt, kommt man mit Glück erst ein paar Monate später wieder heraus. Wenn man Pech hat, bleibt man auch für immer darin verschollen. Es gibt nicht umsonst Leute, die schon 3 Jahre plus für ihre Arbeiten brauchen und immer noch beim ersten Kapitel hängen.

Man borgt sich also mal zwischen 30 und 50 Bücher aus der Bibliothek aus, drapiert sie schick auf dem Schreibtisch und fühlt sich schon total professionell. Dann druckt man noch 25 wissenschaftliche Artikel aus, kauft sich ein paar Nachschlagewerke, liest ein paar Basiseinträge auf Wikipedia (nur, um einen Eindruck fürs Thema zu bekommen, natürlich) und schon hat man das Gefühl, was Großes getan zu haben. Aber ernsthaft. Nach der Lektüre des 25sten Wikipedia-Artikels in Folge sollte man sich doch einmal die Frage stellen, was die chemische Zusammensetzung von Alka Seltzer denn nun wirklich mit der Abschlussarbeit zu tun hat (ich studiere Religionswissenschaft, die künstliche Herleitung eines Zusammenhangs zu Alka Seltzer würde mir selbst mit göttlicher Hilfe schwer fallen). Spätestens, wenn man die Bibliotheksbücher nach einem Jahr nicht mehr verlängern kann, die Arbeit aber immer noch nicht mal richtig angefangen ist, sollten die Alarmglocken läuten. Vorsicht: Recherche-Loch!

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Pink Sherbet Photography via photopincc

Die RICHTIGE Arbeit

Ein guter Tag ist, wenn man eine Seite geschrieben hat. Das scheint lächerlich wenig zu sein, aber hat man erst mal tagelang oder mitunter auch wochenlang gerade mal geschafft, das Titelblatt der Abschlussarbeit auszufüllen und die Danksagung zu schreiben (Danke Mama! Danke Schatzi!, das erfordert Überlegung), dann ist eine geschriebene Seite so was wie der heilige Gral. Danach checkt man dann ungefähr alle 25 Minuten, wie viele Zeichen man denn schon geschrieben hat, wie viel Prozent das von den geforderten 200.000 Zeichen sind und wie viele Tage man noch brauchen würde, würde man nun einfach ab sofort 5 Seiten pro Tag schreiben. Weil das muss ja eigentlich möglich sein. Eigentlich.

Dazwischen

Dazwischen verbringt man die meiste Zeit damit, sich einzureden, man könne sich jetzt mal mit der Lektüre EINES Buzzfeed-Artikels, einer Folge Broad City oder einem kurzen Kaffeekränzchen belohnen. Dann fällt einem auf, dass man das Zimmer auch wieder aufräumen sollte, das Bad ziemlich dreckig ist und staubsaugen auch mal wieder super wäre. Im fortgeschrittenen Stadium beginnt man dann die Bücher im Regal nach Farben zu sortieren (hilft beim Denken), Gerichte aus einem Ottolenghi Buch zu kochen, die 2 ½ Stunden dauern (Brain Food ist voll wichtig) und sogar mal wieder die Fenster zu putzen (damit genug natürliches Licht reinkommt, ist gut für Hirn). Wenn es so weit ist, hat man schon fast verloren.

Das große Finale

Irgendwann tritt dann aber, wenn man Glück hat, einer der folgenden Fälle ein: a) der Studienplan läuft aus, b) das Geld geht einem langsam aus oder c) die Eltern haben genug von dem Scheiß—meist wohl gleichbedeutend mit b). Dann macht man dieses Scheißding halt doch mal fertig. Hab ich mir zumindest sagen lassen.

Durchhalteparolen kann man Julia per Twitter @superwichtig zukommen lassen.


Titelbild: Scream via photopin cc