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Drogen

Der König des Cannabis

Dieser Mann ist professioneller Cannabis-Züchter in Amsterdam und verkauft Züchtern wertvolles Saatgut. Sein Ziel ist es, seine Firma zum Monsanto des Cannabis zu machen. 

Fotos: Jackson Fager
Franco Loja, Zuchtleiter der Green House Seed Company, untersucht in der Provinz Cauca in Kolumbien ein Exemplar der Marihuanasorte Limon Verde.

An einem Mainachmittag dieses Jahres entspannte sich Arjan Roskam an Deck eines etwa sieben Meter langen Sportangelboots. Während das Boot durch eine tiefe Bucht an Kolumbiens nordwestlicher Karibikküste raste, behielt er immer ein Auge auf der vor einigen Minuten ausgeworfenen Angelleine. Arjan ist 48 Jahre alt, gut über 1,80 m groß und glatt rasiert. Er besitzt einen durchdringenden Bariton, der jedes Gespräch wie eine Oboe übertönt. Er ist einer der wenigen Menschen, denen es gelungen ist, ihr Schicksal kompromisslos zu erfüllen. Er ist die bekannteste und umstrittenste Persönlichkeit im Marihuanageschäft, der selbst ernannte „König des Cannabis“.

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Ich begleitete Arjan und seine internationale Crew von Potzüchtern, die er die „Sortenjäger“ nennt, durch die Berge und Dschungel Kolumbiens. Wir waren auf der Suche nach drei einzigartigen, seit Jahrzehnten genetisch reinen, aber schwer zu findenden Marihuanasorten. Ihre poetischen, fast mythischen Namen zergehen einem auf der Zunge: Limon Verde, Colombian Gold und Punta Roja. Am Vortag unserer Dschungelexkursion waren wir auf einem nahe gelegenen, von paramilitärischen Gruppen und örtlichen Bauern bewirtschafteten Marihuanafeld auf Exemplare der beiden letztgenannten Sorten gestoßen. Arjan war froh und aufgekratzt. Er hatte die ersten beiden von etwa 200 Landsorten in der Hand—Marihuanasorten, die sich in abgelegenen Regionen überall auf der Welt natürlich entwickelt haben—und war wild entschlossen, sie alle zu finden. Arjan und seine Züchter werden aus den Samen der Landsorten tausende Pflanzen ziehen, die robustesten auswählen und auf der Basis ihrer exotischen Gene neue, kommerzielle Sorten züchten. Das ist der erste Schritt in einem langen, komplizierten Prozess, der es letzten Endes einem lokalen Lieferanten ermöglichen wird, mit einem bunten Strauß voller Sorten wie Alaskan Ice, Bubba Kush und White Widow bei dir zu Hause vor der Tür zu stehen. Wenn du schon mal auf einer Party von einem triefäugigen Potnerd zugequatscht worden bist, dann weißt du, dass wir die Tatsache, keine „Thai Sticks“ und kein mit Zweigen und Samen durchsetztes Gras mehr rauchen zu müssen, Tausenden kommerziellen Züchtern verdanken, die weltweit mischen, kreuzen, experimentieren und neue Geschmacksrichtungen, Wirkungen und Eigenschaften entwickeln. Vom Wasser aus waren die in einiger Entfernung aufragenden, schneebedeckten Ausläufer der Bergkette Sierra Nevada de Santa Marta zu sehen. Sie erstrecken sich bis unmittelbar an die Karibikküste des Landes und etwas über 40 Kilometer ins Landesinnere. Zwei der Gipfel sind etwa 5.800 Meter hoch. Eine abgefahrene und atemberaubende Landschaft. Die gemäßigte Hochlandluft und die ganzjährige äquatoriale Sonneneinstrahlung in den Bergen machen aus der Gegend eine der weltweit fruchtbarsten Regionen für Cannabisanbau und -ernte. Während der 60er- und 70er-Jahre wurden aus der 100 Meter tiefen Bucht, die wir gerade durchquerten, Tausende Tonnen exportiert. Die Schmugglerboote folgten einer nördlichen Route durch die Karibik in Richtung USA. Ein Haschischrausch, der als „Bonanza Marimbera“ bezeichnet wurde und aus Hunderten Kleinbauern reiche Drogenbarone machte. Santa Marta, die lebhafte Küstenstadt, in der wir unser Quartier hatten, war buchstäblich mit Drogengeld erbaut worden. Eine der jüngsten Ausgaben von El Tiempo, Kolumbiens Tageszeitung, hatte verkündet „la marihuana vive una nueva bonanza“—die guten Zeiten für den Grasanbau an Kolumbiens Nordküste seien zurück, da die Nachfrage nach Marihuana exponenziell steige. Allerdings produzieren die kolumbianischen Züchter heute kaum noch kolumbianisches Gold. Stattdessen sind sie, wie der Rest der Branche, auf Hybride umgestiegen, die von Züchtern und Erzeugern in Kalifornien, British Colombia und Amsterdam entwickelt werden—Züchtern wie Arjan. Im vergangenen Jahrhundert waren es Kartelle und andere kriminelle Organisationen, die als Millionäre aus dem Drogenboom hervorgingen. Die Milliardäre des heutigen Booms dagegen könnten möglicherweise die Graszüchter werden—Pflanzennerds, die sich in Gewächshäusern und Laboratorien auf der ganzen Welt verkriechen. Letztendlich könnten riesige Konzerne wie Monsanto oder andere Giganten des Agrobusiness die Basis kontrollieren, weshalb Arjan so wichtig ist für das Geschäft: Er leitet Amsterdams Green House Seed Company, eine der weltweit größten Saatgutfirmen, die er selbst als „das erfolgreichste Cannabis-Unternehmen der Welt“ bezeichnet. Green House beansprucht für sich, 38 Cannabis Cups gewonnen zu haben, fast doppelt so viele wie andere Unternehmen. Im Zuge der Legalisierung in US-Bundesstaaten wie Colorado und mit der Aussicht auf Legalisierung in Ländern wie Uruguay setzt Arjan darauf, dass die Nachfrage nach Gras sich in Zukunft weiterentwickeln und ausreifen wird, und er tut alles in seiner Macht Stehende, um ganz oben zu stehen, wenn mit der Entkriminalisierung ein weltweiter Dominoeffekt einsetzt. Während wir auf dem Boot in Santa Marta angelten, dosenweise Bier tranken und uns fette Joints aus Hasch und würzig duftendem Gras ansteckten, hatte Arjan den Ozean im Blick. Schließlich spannte sich eine seiner Leinen, und er nahm die Angel aus ihrer Halterung und gab den Befehl ans Heck, seinen Fang einzuholen. Kurz darauf wand sich ein etwa 1,80 Meter langer, schillernder Fisch auf dem weißen Bootsdeck.

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Kolumbiens Karibikküste war in den 70er- und 80er-Jahren ein Zentrum des Marihuana­schmuggels.

Die Größe des globalen Marihuanamarktes (sowohl legal als auch illegal) einzuschätzen, ist völlig unmöglich—Schätzungen reichen von jährlich 10 bis zu 140 Mrd. Dollar. Arjans Angaben zufolge hält er einen Anteil von 25 Prozent am Saatgutmarkt. Auf die gesamte Branche bezogen, ist das nur ein relativ kleiner Teil, aber wohl der wichtigste. Diese Zahl lässt sich zwar extrem schwer verifizieren, doch Quellen aus der Branche, die ich um Hintergrundinformationen gebeten hatte, bestätigten Arjans Berechnungen. Und obwohl Arjan auch Coffeeshops, eine Modemarke und sogar eine Spirituosenfirma besitzt, die alkoholische Getränke mit Cannabisgeschmack herstellt, besteht sein Hauptgeschäft darin, neue Marihuanasorten für den Verkauf auf dem internationalen Markt zu kreieren. Ein lukratives und durchaus exklusives Marktsegment. Cannabinoide und Terpenoide (der weniger bekannte Wirkstoff in Gras) zu neuen Geschmacksprofilen zu kombinieren und neue körperliche Wirkungen hervorzuzaubern, erfordert Fachwissen. Neue Sorten zu züchten ist schlicht klassische Pflanzenzucht. Wie aus der modernen Weinbauindustrie ist auch aus dem Grasanbau eine anspruchsvolle Wissenschaft geworden, die fachmännische Fähigkeiten, Wissen und Sensibilität verlangt. Franco Loja ist Arjans hagerer, hyperaktiver Zuchtleiter und Geschäftspartner. Er ist 39 Jahre alt und diente früher als Fallschirmjäger in der italienischen Armee. In diesem Frühjahr erklärte er mir: „Die Schönheit des Cannabis liegt in seiner Vielfalt. Es gibt Tausende Pflanzen. Zu züchten bedeutet, etwas Neues zu erschaffen. Man kann diese Arbeit mit der eines Michelin-Sterne-Kochs vergleichen, der neue Rezepte kreiert. Die Zutaten lassen sich fast unendlich kombinieren.“ Franco und Arjans Geschäftsmodell hängt davon ab, diese seltenen Pflanzen zu finden. Und das ist, wie ich in den Bergen selbst erlebt habe, leichter gesagt als getan. Gras ist in Kolumbien immer noch höchst illegal, und die Gegenden, in denen es am besten wächst, werden normalerweise von Guerillafraktionen, paramilitärischen Gruppen und anderen furchterregenden bewaffneten Banden kontrolliert. Arjans Name und wirtschaftliches Gewicht öffnen Türen, aber ersparen ihm nicht die Reisen in diese abgelegenen, militarisierten Zonen. Das erfordert beschwerliche Trips in Lkws oder zu Fuß. In einem Restaurant am Meer im Tayrona National Park in der Nähe der Stadt Santa Marta erzählte Arjan mir von einem der wichtigsten Wendepunkte seines Lebens, der seinen unerschütterlichen Glauben an diese Pflanze erklärt. „Als ich 17 war“, erzählte er mir, „reiste ich nach Thailand. Im Norden des Landes lernte ich beim Wandern einen sehr alten Mann kennen, der damals Heroinsüchtige mit Marihuana heilte. Ich blieb eine Woche. Desto länger ich blieb, desto mehr lernte ich von ihm, und als ich abreiste, gab er mir eine Handvoll Saatgut und versprach mir: In Zukunft werde dieses Saatgut Regierungen zu Fall bringen.“ Arjan war nicht immer ein Magnat. Er begann vor fast 30 Jahren in Kellern und Wohnungen in und um Amsterdam mit der Zucht. „Wir waren einfach nur Haschzüchter, die gerne etwas rauchten“, erinnerte sich Arjan. „Nach einigen Jahren merkten wir, dass wir nicht die Einzigen waren. Es gibt zwei Milliarden Menschen, die diesen Rauch mögen, und wir hatten das große Glück, schon in den 80ern auf diesen Wagen aufzuspringen. Aus dem Wagen wurde ein Zug, und aus dem Zug ein Flugzeug. Und dieses Flugzeug fliegt jetzt ziemlich schnell.“ Arjan war zuerst in den Niederlanden erfolgreich, einem Land, das schon Jahrzehnte vor Kalifornien entschied, dass es wohl besser sei, das nahezu universelle Bedürfnis nach Rausch zu regulieren, anstatt es zu verbieten. 1985 fing er mit der Zucht neuer Sorten unter dem Namen Green House an und eröffnete sieben Jahre später seinen ersten Laden. Er war nicht der Erste, aber sein früher Einstieg in den legalen Grasmarkt half ihm, sich zu einer Art Vorsitzenden zu mausern. Er trat oft als Sprecher der Amsterdamer Coffeeshop-Gilde auf und hat das Image seiner Firma so gepflegt, dass sie heute ein international angesehenes Unternehmen ist. Und das Ansehen von Green House scheint weiter zu steigen. Da Potanbau sich gerade von einer illegalen Unternehmung zu einer möglichen Freizeitbeschäftigung für Hobbygärtner entwickelt, wird das Image einer Saatgutfirma wichtiger denn je. Green House hat eine Handvoll einstündiger Dokumentarfilme produziert, die auf der Jagd nach neuen Sorten und dem ultimativen Rausch in Malawi, Marokko, Indien und anderen entlegenen Schauplätzen gedreht wurden. Die filmisch anspruchsvollen Videos wurden auf Youtube einige Millionen Male angesehen. Arjan verkörpert darin einen soziologisch erleuchteten Arnold Schwarzenegger des Grases, mit einem offenen Ohr für die manchmal schlimmen Leidensgeschichten der Marihuanabauern, der in Tanktop und Cargoshorts die Welt durchstreift. David Bienenstock, ein ehemaliger Chefredakteur von High Times, meint, Arjan habe „ein Gefühl für modernes Marketing entwickelt“, was in dem aufkeimenden Wirtschaftszweig bedauerlicherweise Mangelware ist. Der Niederländer hat ein amerikanisches Verständnis von den Marktkräften, und daher mutet es wie Ironie an, dass die amerikanische Industrie ihn ausgeschlossen hat, obwohl sie in den letzten Jahrzehnten explodiert ist, als überall im Land Bundesstaaten in verschiedenem Maße legalisiert haben. Die Einfuhr von Saatgut ist in den USA nach wie vor illegal. „Das Spiel mit illegal und legal in unserer Branche zwingt uns dazu, wachsam zu bleiben“, erklärte Franco. Um dieser Spannung entgegenzuwirken, hat Green House stark in Forschung und Entwicklung investiert, „um so flexibel zu bleiben, uns an neue Gesetze, neue Vorschriften, neue Marktanforderungen, neue Repressionen und neue Möglichkeiten anpassen zu können. Wir können es uns nicht leisten, eine eigene Marktstrategie zu wählen.“ Arjan greift nach den Möglichkeiten, die er unmittelbar vor der Nase hat; eine Fähigkeit, die ihm bei seinen Konkurrenten einen schlechten Ruf eingebracht hat. Es gilt die ungeschriebene Vereinbarung, wonach dein Produkt für sich selbst sprechen sollte: Die Pflanze, nicht die Person zählt. 1999 wurden Green House und zwei anderen Firmen nach Wahlmanipulationsvorwürfen der Cannabis Cup in der Kategorie Gras aberkannt. Eine Rufschädigung und nicht verheilte Wunde, die Arjans Glaubwürdigkeit innerhalb der verschworenen Amsterdamer Haschszene sinken ließ. Doch Arjan lässt solche Rückschläge ungerührt hinter sich. Selbst als Marihuana in den meisten Ländern der Erde noch illegal war, drückte er seinen Produkten erkennbar seinen Stempel auf, in dem Wissen, dass Gras schließlich doch in gewisser Weise zum Mainstream-Konsumartikel werden würde.

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Arjan Roskam, der selbst erklärte „König des Cannabis“, durchforstet die Welt nach seltenen Marihuanasorten.

Drei Tage vor meinem Exklusivinterview mit Arjan und Franco folgte ich Arjan durch die Provinz Cauca im Südwesten Kolumbiens, um einen riesigen Anbaubetrieb unter die Lupe zu nehmen, der von einem 35-jährigen Kolumbianer namens Alejandro Londono geleitet wird, besser bekannt als Gato, „die Katze“. Gato ist nicht so anmutig wie sein Spitzname vermuten ließe, dieser beschreibt vielmehr seinen regen Geschäftssinn. Aufgewachsen in Miami, sammelte er beim Grasanbau in Mexiko und Venezuela Erfahrungen, bevor er in einer Handvoll zentral- und mittelamerikanischer Staaten groß angelegte Plantagen aufbaute und betrieb. Derzeit steht er als offizieller Legalisierungsberater auf der Gehaltsliste der Regierung Uruguays. Es ist offensichtlich, dass Gato zu Arjan aufschaut und als sein Protegé agiert. Unser Besuch hatte weniger mit der Jagd nach Sorten zu tun, sondern bot vielmehr Gato eine Gelegenheit, seine erfolgreiche Arbeit seit der Übernahme des Familienunternehmens zu zeigen, eines Saatgutzucht- und -versandbetriebs, den er „Marimbero“ genannt hat (ein Tribut an die vergangenen, ruhmreichen Tage der kolumbianischen Vormachtstellung auf dem Grasmarkt). Die Plantage ist riesig. Die Pflanzen wachsen im Freien unter mehreren Morgen Plastikfolien, die sich, über ein Gitterwerk aus Bambusstangen gespannt, einen ganzen Berghang hinunter erstrecken. Eine schnelle Kalkulation gab mir einen Überblick: Gato und sein Zuchtleiter, ein ehemaliger Killer, den er im Gefängnis kennengelernt hatte, besitzen über 8.000 Pflanzen, die bei jeder Ernte etwa 1.800 Kilo Gras abwerfen. Aufgrund des ganzjährig stabilen Wetters in Kolumbien bringt der Betrieb pro Jahr drei Ernten ein, etwa sechs Tonnen Gras. In den vergangenen Jahren wurden Gatos Vater und zwei seiner Brüder von Konkurrenten erschossen. „Meine beiden Brüder wurden innerhalb der letzten drei Jahre von ein paar Arschlöchern in Medellín getötet, die sich für die Könige des Marihuana halten“, sagte er. „Sie glauben, sie haben das Geschäft in der Hand, weil sie Gangster sind, aber sie kontrollieren den Markt über Gewalt und nicht über Qualität.“ Qualität ist Gatos Hauptziel. Er baut exzellentes Gras an, weil er es ganz einfach liebt. „Dein Hobby wird automatisch zu deinem Geschäft“, sagte er. „Du suchst es dir nicht aus. Das ist wie bei einem guten Sänger, der berühmt wird—du bittest nicht darum. Einige gute Sänger hassen den Ruhm, aber das gehört eben dazu. Bei Gras ist es genauso. Die Mutter meiner Tochter stellte mich eines Tages vor die Wahl zwischen ihr und dem Marihuana. Ich reichte noch am selben Tag die Scheidung ein. Wie kann man sich verdammt noch mal über Gras beschweren, wenn man wie eine reiche Nutte lebt? Du hast alles, was du willst. Alles in deinem Kühlschrank verdankst du dem Gras.“ Später führte Gato mich durch seine Lager, seine Trocknungs- und Nachbereitungsanlagen und die kleine Indoorfabrik, wo er Hasch und andere verarbeitete Produkte herstellt. An einer Stelle füllte er einen Eimer voller getrockneter THC-Kristalle in einen industriellen Fleischwolf. Heraus kam ein Schwall zähflüssiges, blumiges Hasch, das wie geschmolzene Schokolade aussah. Er schwärmte von dieser speziellen Grassorte, die er nach einer seiner Töchter benannt hat. Diese Kreuzung, Nicole’s Kush, ist eine Hybride mit einer heftigen sedativen Wirkung, und obwohl sie noch nicht so bekannt ist wie einige von Arjans Variationen, handelt es sich um wirklich erstklassigen Shit. Wenn für Gato alles gut läuft, könnte ihm diese Namensschwester seiner Tochter zum Durchbruch verhelfen und seine Führungsposition in der Branche festigen.

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Gato zieht das blumig-süße Hasch auseinander, das aus dem Fleischwolf gekommen ist, nachdem er einen Eimer THC-Kristalle hineingekippt hat.

Arjan hatte seinen Durchbruch mit der Hybride White Widow. Sie wurde nach ihren vielen Trichomen (Pflanzenhaaren) benannt, die ihr einen weißen Stich verleihen. Die Kreuzung ist eine legendäre, weltweit erhältliche Variation und wurde sogar in Episoden von Weeds erwähnt. Sie erzeugt im Konsumenten eine intensive, energetische Euphorie und bietet einen würzigen Rauch mit einem buttrig-süßen Abgang. Sie gewann 1995 den Cannabis Cup. Einer der Gründe, warum die Frage, wer genau diese Sorte entwickelt hat, in der Amsterdamer Züchtercommunity heiß umstritten ist. So umstritten, dass es zu einer fundamentalen Spaltung kam, die immer noch zu geteilten Meinungen über Arjans Motivation als Geschäftsmann und Mensch führt. White Widows Geschichte ist ziemlich verwickelt. Arjan zufolge ist ein Züchter namens Ingemar, mit dem er in den 80ern zusammengearbeitet hatte, der Erfinder der Sorte, die Green House im Laufe des folgenden Jahrzehnts perfektionierte. Doch Arjans ehemaliger Geschäftspartner, ein Australier namens Scott Blakey, behauptet, er habe sie bei Green House erfunden, und als er das Unternehmen 1998 verließ, nahm er die erste stabilisierte Pflanzengeneration mit, um eine neue Firma zu gründen. Heute ist Scott besser bekannt als „ShantiBaba“, seine Firma heißt Mr. Nice Seed. ShantiBabas Vorwürfe sind gnadenlos. Die Entdeckung sei nicht Arjans Verdienst, er verdiene all die Anerkennung für White Widow nicht. Ein weiterer Grund für die jahrelang anhaltende Diskussion um White Widow ist der größtenteils nicht regulierte Markt. Patente und geistiges Eigentum gibt es in der Potbranche nicht, also hat keine Seite die Möglichkeit, die Angelegenheit vor Gericht zu bringen. Es ist ein Kampf ums Ansehen und ein Zusammenprall übersteigerter Egos. Arjan spricht selten über die Vorwürfe, doch wenn er es tut, dann in einem ätzenden Ton. 2011 griff er ShantiBaba, der ihn als kleinen Krämer bezeichnet hatte, in einem 4.309-Worte-Post im International Cannagraphic’s Onlineforum persönlich an und rieb ihm gleichzeitig seine Verkaufszahlen unter die Nase. „Green House repräsentiert bis zu 50 Prozent des Marktes in den Niederlanden, Spanien, England, Italien und in vielen anderen Ländern“, schrieb er. „In den meisten Shops kommt auf jedes verkaufte GH-Päckchen ein Paket für alle andern Firmen zusammen. Ruft einfach irgendeinen Züchter in Spanien an oder fragt bei großen Vertrieben wie Basil Bush oder Plantasur nach, und ihr kriegt einen Eindruck von unserem Verkaufsvolumen, verglichen mit dem von Shantiblabla.“ Die Quelle des Reichtums. Arjan zeigt die Punta-Roja-Samen herum, die er und seine Sortenjägercrew in der Nähe von Santa Marta, Kolumbien, gefunden haben.

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Am Nachmittag konnten wir uns, nach einem Fußmarsch zu einer bescheidenen Zuchtplantage in einem Tal ein paar Stunden außerhalb Santa Martas, von der außergewöhn­lichen Schönheit der Landsorte Punta Roja überzeugen. Die Expeditionslogistik war überwältigend. Wir wurden von Hotels zu Feldern zu Besprechungen mit lokalen Chefs geshuttelt und schließlich wurde am Rande einer Straße ein Treffen mit unseren Kontaktpersonen arrangiert. Doch als wir dann wirklich inmitten der Pflanzen standen, die wir die ganze Zeit gesucht hatten, übertrafen Arjan und Franco sich selbst. Wir untersuchten etwa hundert Pflanzen, die Arjan und Franco anhand ihrer dünnen Blätter und kompakten Blütenstruktur als reine Indica identifiziert hatten. Franco erklärte, warum der Internodienabstand zwischen den Zweigen so wichtig ist, dass die Samen in ihren Kapseln reifen müssen, bevor sie gepflückt werden, was Punta Roja—roter Punkt—ihren Namen gab. Als wir auf einen besonders erstklassigen Phenotypen stießen, wurde er euphorisch. „Das ist das Ausgangsmaterial für meine Zucht, das ich in meiner Saatgutbank lagern kann, um damit neue Gene zu kreieren, die neue Cannabis Cups gewinnen“, sagte Franco. „Diese hier werden Leute reich machen, Menschen ins Gefängnis bringen, Schicksale und Leben verändern. Und deswegen wache ich an jedem Tag meines verdammten Lebens mit einem Lächeln auf den Lippen auf.“ Sein dunkles Gesicht zog sich in Falten, als er in den Himmel schaute und brüllte: „Wir haben Saatgut, Mann!“ Arjan rannte bergab, um die Plantage zu durchstöbern. Er griff sich mehrere Handvoll winziger Samenkörner, zupfte alles Pflanzenmaterial von ihnen ab und stopfte sie in kleine Plastikbeutel. Aufgeregt sprach er über das Potenzial der Branche, prophezeite eine Zeit in der nahen Zukunft, in der Regierungen den THC-Gehalt kommerziellen Marihuanas limitieren werden. In dieser Zukunft wird Geschmack wichtiger werden als Wirkung, und seltenes, bisher nicht kommerzialisiertes genetisches Material zu kontrollieren dem Züchter einen riesigen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Mit der Entdeckung dieser Samen beginnt Arjans eigentliche Arbeit. Zurück im Labor werden Franco und Arjan die Buds aussäen, die besten Exemplare auswählen und deren Samen erneut aussäen. Diesen Prozess werden sie viele Male wiederholen, bis alles genau stimmt. Letztendlich werden sie aus diesen Samenkörnern über 10.000 Pflanzen ziehen. Sie werden versuchen, verschiedene Linien zu stabilisieren, um Faktoren wie Blütezeit, Schimmel- und Pilzresistenz und Harz zu optimieren. Oder auch nicht. Doch auch wenn diese speziellen Ursprungssorten bei den Konsumenten keinen Anklang finden, wird Green House die Mutterpflanzen katalogisieren und die Linie am Leben erhalten, sowie ihre cannabinoiden und terpenoiden Eigenschaften analysieren. Immerhin besteht die Möglichkeit, dass ein Pharmariese auf der Jagd nach bestimmten Sorten an ihre Tür klopfen könnte—2003 zahlte Bayer 40 Millionen Dollar für das Vertriebsrecht an Sativex, einer aus Marihuana hergestellten Arznei zur Linderung spastischer Lähmung, überaktiver Blasen und anderer Symptome. Arjan und seine Mitarbeiter wissen sehr genau, dass sie ein riskantes Geschäft ohne unmittelbaren Gewinn betreiben. Aber auf eine Welt zu setzen, in der Marihuana rechtlich eher wie Wein als wie Heroin gehandelt werden wird, verspricht die schönsten Entlohnungen, wie die unbezahlbaren Abenteuer, in die sich Menschen wie Arjan und Franco stürzen. „Wir wissen, dass in 10 bis 20 Jahren alles legal sein wird“, sagte Arjan. „Wir halten uns alle Optionen offen und versuchen, alle Schlüssel zur Zukunft zu finden. Einer der Schlüssel sind die verschiedenen Landsorten.“ Dieses Erfolgssystem bewährte sich während unseres Aufenthalts in Kolumbien; Arjan und sein Team fanden alle drei Sorten, die sie gesucht hatten. Obwohl er sich mit den Insignien seines eigenen Mythos schmückt—sein Onkel Peter war ein erfolgreicher Kartoffelbauer in Holland, ein weiteres Zeichen, dass er zum Züchter bestimmt ist—und trotz des Stigmas der Millionen Dollar, die er erfolgreichen Geschäften auf dem grauen Markt verdankt, begreift Arjan sich selbst als bescheidenen Mann. „Ich möchte immer noch am liebsten in meinem Zimmer mit meinen Pflanzen allein sein und rauchen, das ist alles … Das ist mir am wichtigsten, zuzuschauen und zu genießen, wie meine Pflanzen wachsen“, sagte Arjan. „Ich bin eben ein Bauer.“ Dann nahm er einen Zug und überlegte noch mal. „Ich bin ein sehr ehrgeiziger Bauer.“ In der Doku König des Cannabis gibt es wunderbare Aufnahmen der Ganja-Expedition durch die kolumbianischen Berge zu sehen.

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