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Im Innviertel wird Brauereienstreit zum "Bierkrieg"

In einer verträumten Stadt in Oberösterreich, in der nicht nur der Himmel blau ist, brauen sich Wolken der Zwietracht zusammen. Hier will keiner Hopfen und Malz verlieren.

Fotos von VICE Media

Ich hatte im langgezogenen Post-Feiertagsnebel des Jahreswechsels einen sehr eingehend kulinarischen Moment mit einem Fuchsberger Bratknödel. Da meinte plötzlich meine Mutter, dass bei uns in Ried im Innkreis jetzt Krieg herrsche. Die Kleinstadt, in der ich groß geworden bin, und die für die große Landwirtschaftsmesse (mitsamt Tagada) und Haiders Aschermittwoch-Kundgebungen in der Jahn-Turnhalle bekannt ist und war, hat die kriegerischen Bierfahnen gehisst.

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Konkret geht es um einen reißerisch titulierten „Bier-Krieg" rund um die Kellerbrauerei, die schön gelegen gegenüber vom Kapuzinerberg steht (gleich prominent bei der einzigen Ampel Rieds). Zwar ist die bereits bankrott gegangen und wurde im Juli 2013 geschlossen, aber das Gasthaus Kellerbräu direkt dahinter, das es seit 1426 gibt, wird immer noch betrieben.

Diese Brauerei lag übrigens in meinen Teenager-Zeiten auf dem Weg zum Fortgehen und ich habe dort auch mehr als einmal von den „Glory Boys"—die eigenartig homoerotisch benannten Fußball-Hooligans Rieds—aufs Maul bekommen. Entlang des Gehwegs aus Bier und Blut stehen sehr passend und malerisch rechts das deprimierende Puff „Bar Royal" und links die Kapuzinerkirche.

Fotos von VICE Media

Aber zurück zum Krieg der Krüge. Der Auslöser dieses Brauereienstreits—oder wie ich es nenne „Biergate"—ist Alois Stamminger, der Wirt und Pächter des erwähnten Gasthauses Kellerbräu.

In einem Interview mit den Oberösterreichischen Nachrichten hat Stamminger Anfang September bestimmt proklamiert, dass das lokal schwer beliebte „Kellerbräu naturtrüb" trotz der Schließung in einer Zusammenarbeit mit der Rieder Bier Brauerei weiterhin produziert und im Kellerbräu-Gasthaus ausgeschenkt werden wird. Ja, in dieser kleinen Bauernmessestadt herrschen viele Bierbarone. Tatsächlich ist Rieder Bier eine Genossenschaft mit ungefähr 160 Wirten der Region. Kein Wunder also, dass man da einiges durcheinanderbringt.

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Das Problem an dem Ganzen ist nämlich, dass die Schärdinger Brauerei Baumgartner (die in diesem Szenario ein bisschen wie die Lannister-Familie rüberkommt) das Gasthaus Ende 2013 erstanden hat, mitsamt dem Originalrezept für das „Kellerbräu naturtrüb". Deshalb prangern die klarerweise Stammingers Kooperations-Ansagen mit den Leuten von Rieder Bier als Lüge an. Außerdem hat Baumgartner ein eigenes naturtrübes Zwickl und deshalb wollten sie das erwähnte und regional bekannte Kellerbräu-Bier gar nicht mehr produzieren. Diese auf Alkohol basierende Coypright-Politik ist verwirrend.

Wer 2001 schon Zeitung lesen konnte oder wollte, erinnert sich vielleicht noch an die  „Rieder Neger"-Kontroverse. (Foto von VICE Media)

Dazu meint Gerhard Altendorfer vom Baumgartner Management in den Oberösterreichischen Nachrichten: „Das Wort ‚Krieg' verwenden wir nicht, aber es herrscht bei uns Irritation. Man könnte es so ausdrücken: Es hat jemand zu schießen begonnen … Unser Stil hat Handschlagqualität."

Meistens beginnen Kriege aber eben damit, dass irgendjemand mit dem Schießen anfängt (und vehement betont, dass es sich nicht um einen Krieg handelt). An der Oberfläche ballern jetzt nur Stamminger und die Leute von Baumgartner mit teils unüberlegten Ansagen—und vielleicht auch der eine oder andere Typ vom Schützenverein im Schießstand-Keller des Kellerbräus—, aber hinter der harmlos dargestellten Fassade hat sich das Ganze zu einem ausgewachsenen Rechtsstreit entwickelt.

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Foto von VICE Media

Das wirklich Witzige ist, dass im Kellerbräu, dem nunmehr Baumgartner-Lokal, der Wirt Stamminger kein Baumgartner Bier ausschen darf—und will—sondern nur Rieder und das Salzburger Stiegl. Dahingehend ist er vertraglich verpflichtet. Das hätten die von Baumgartner vielleicht vorher klären sollen, ob man in ihrem Gasthaus überhaupt ihr Bier saufen und verkaufen darf. Ich war zu Weihnachten im Kellerbräu und kann das Nicht-vertreten-Sein vom Baumgartner Bier bezeugen, nebst dem hohen Alter der Burschenschaftler dort.

Die Schärdinger und die Rieder mögen sich einfach nicht und machen das Innviertel um ein Stückchen unfreundlicher, da jetzt auch noch an den Bierfronten das Haten anfängt. Medial haut die Baumgartner-Bierfront Schärdings jetzt ziemlich auf den Tisch, zum Beispiel in Form von 25 000 Euro Inseraten, die große Eröffnungsfeste versprechen und von der Erschließung der innviertler Bierregion sprechen—und das in großen Finanzblättern Oberösterreichs. Alle geben sich sehr diplomatisch und kommunizieren null. Direkte Gespräche auf und mit beiden Seiten wären sicherlich intelligenter als sich in den Zeitungsartikeln des Bundeslands gegenseitig den Hintern zu zeigen. Das zieht viel passiv-aggressives Motzen und Ellenbogengerede am Stammtisch mit sich.

Dieser ganze Rechtsstreit macht letztens so viel Sinn wie der Marine-Bund Prinz Eugen der mitten im Binnenstaat Österreich und im selben Gebäude wie das Puff beheimatet ist. Don't stop believing, hold on to that feeling. (Foto von VICE Media)

Einen Tag vor dessen Schließung im Sommer haben sich die Anwälte von Rieder Bier, mit denen ich eben noch wilde Telefon-Gespräche führen durfte, noch um die Sicherung aller Markenrechte der Kellerbrauerei bemüht. Gut, dass das . Das "Kellerbräu naturtrüb" sollte sicher sein, aber jetzt brauen die Schärdinger auch eins. Da steige ich jetzt langsam aus und bekomme Lust auf ein Weißbier-Nickerchen.

Die Rechtsleute von Baumgartner sind letztlich auch verschlafen, da sie ein Lokal kaufen, in dem der Wirt wegen Verträgen—wie einer um 60 000 Euro mit Stiegl—kein anderes ausschenken darf. Da geht es hier vielleicht gar nicht mehr wirklich um Namenstradition oder eingesessene Saufgewohnheiten, sondern um Zweimarken-Strategien, sprich um das süße Malz-Money.

Prost.

Josef auf Twitter: @theZeffo