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​Dieses „Gay Prank“-Video zeigt, wie scheiße die Menschheit sein kann

Der Hamburger YouTuber Mert Matan erzählt seinem Vater, dass er schwul ist, und alles daran ist deprimierend.

Mert Matan ist ein echter Spaßvogel. In seinen YouTube-Videos macht er gerne die Art von Witzen, die bei Jungs im Teenager-Alter gut ankommen: Zusammen mit einem Kumpel „bestraft" er einen dritten Freund, indem sie ihn mit Softair-Gewehren abschießen, ein anderes Mal tut er so, als wolle er den Reifen von einem Linienbus „ausleihen" (Spoiler: Der Busfahrer regt sich auf). Nicht besonders tiefschürfend, aber eher harmlos.

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Mit seinem neuesten Video hat Mert jetzt aber ziemlich tief geschürft—wahrscheinlich, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein. Opfer des Pranks ist sein eigener Vater, den seine Zuschauer schon aus einem anderen Video kennen, in dem Mert so tut, als würde er ihm Scheiße auf die Hand schmieren.

Für dieses Mal hatte Mert sich was besonders Lustiges überlegt: Er erzählt seinem Vater, dass er in einer Beziehung ist—mit einem Mann. Die Idee ist schon ziemlich dämlich, aber was danach passiert, ist noch viel schlimmer: Der Vater, ein offenbar ziemlich konservativer Deutschtürke, rastet komplett aus, beschimpft seinen Sohn aufs Übelste und schlägt ihm mehrmals mit der Hand fest ins Gesicht.

Alles an diesem Video ist irgendwie traurig. Es ist traurig, dass Mert es für total witzig hält, ein Thema für einen Prank zu benutzen, das für viele junge Leute ernster nicht sein könnte. Und es ist sehr traurig, wie sein Vater reagiert. Auch wenn es leider wahr ist, dass homophobe Vorurteile und generell konservativere Vorstellungen von Sexualität unter Zuwanderern immer noch verbreiteter sind als in der Gesamtbevölkerung—niemand hat Merts Vater gezwungen, seiner Enttäuschung auf diese Art und Weise Luft zu machen und ihm dabei andauernd „Ehrenlos!" an den Kopf zu werfen. Zu seiner Verteidigung könnte man höchstens vermuten, dass es vor allem das nervöse Grinsen seines Sohnes war, dass den Vater noch mehr provoziert hat. Schön zu sehen ist es trotzdem nicht.

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Fast noch unangenehmer mitanzusehen, ist aber Merts eigene Reaktion: Er ist offensichtlich schockiert von der Wut seines Vaters und hat sogar ein bisschen ein schlechtes Gewissen, den Alten so geärgert zu haben—„Ich mach nur Spaß! Ich würde niemals sowas machen!", beschwichtigt er seine Eltern dann auch. Als wäre Schwulsein ein besonders respektloser Streich, den man seinen Eltern besser nicht „in echt" spielen sollte.

Alles in allem versteht man nicht so wirklich, warum Mert dieses Video tatsächlich hochgeladen hat—weder er noch sein Vater kommen dabei besonders gut weg. Und Jugendlichen, die sich tatsächlich outen wollen und vielleicht eine vergleichbare Familie haben, wird das Video noch mehr Angst machen.

Das Video ist also schon ziemlich scheiße. Noch schlimmer sind aber die zahlreichen Kommentare, die den Vater für seinen Gewaltausbruch loben. „Sein Vater ist Stabil so gehört sich das ", schreibt „Michael", ein anderer geht noch weiter und erklärt wortreich, Schwule seien eben unnatürlich.

Auf der Facebook-Seite „Minusmensch", die das Video übernommen (abgerippt?) und bei sich gepostet hat, gehen die Kommentare noch weiter:

Das ist alles ziemlich dämlich und sehr deprimierend. Zwar gibt es auch genug Widerworte gegen die Aussage, dass das eben „Teil der Kultur und gar nicht so schlimm" sei—durchaus auch von Anderen mit Migrationshintergrund—, doch zeigt die Zahl dieser Kommentare, dass es im Internet und in der Gesellschaft auch 2016 noch genug Ecken gibt, in denen es als cool gilt, seine Intoleranz offen zur Schau zu stellen. Fast muss man Mert dankbar sein, dass er diese Scheiße aus seiner Fanbase herausgekitzelt und ans Tageslicht gebracht hat. Auch wenn er wahrscheinlich nicht versteht, warum sein Video so viele Leute ärgert.