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THE IDENTITY CRISIS ISSUE

Blackface ist das neue Schwarz

Tahir Della, Vorstandsmitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, erklärt uns, warum sich Didi Hallervorden auf dünnem Eis bewegt.

Fotos mit freundlicher Genehmigung von Derdehmel/ Schlosspark Theater Neulich wurden Plakate mit zwei herumalbernden alten Männern in Berlin und Umgebung geklebt. Es handelte sich um Werbung für das Schlosspark Theater und die dortige Herb Gardner-Inszenierung I’m Not Rappaport, eine Komödie über zwei alte Männer, die im Central Park abhängen—ein Jude und ein Schwarzer. Didi Hallervorden spielt den Weißen Nat, und Joachim Bliese spielt Midge. Das ist allerhand, denn Joachim ist weiß und wird für die Rolle als Schwarzer geschminkt. Um herauszufinden, inwiefern das eigentlich rassistisch ist (um es schon vorab zu verraten: sehr), interviewten wir Tahir Della, Vorstandsmitglied der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, einer der ersten Organisationen, die das Stück kritisierte. VICE: Glaubst du, dass sie in ganz Berlin keinen einzigen geeigneten schwarzen Schauspieler für diese Rolle finden konnten?
Tahir Della: Es gibt in Berlin eine Gruppe schwarzer Schauspieler namens Label Noir. Sie haben vor Kurzem ein landesweites Casting durchgeführt, bei dem jede Menge Leute vorgesprochen haben. Es kann also gar nicht sein, dass das Theater niemanden finden konnte. Das Schauspielhaus behauptet, man habe keine rassistischen Absichten verfolgt.
Ich denke, es geht hier um die Definitionsmacht darüber, was Rassismus ist. Das Theater und seine Fürsprecher beanspruchen diese Macht für sich. Wir sehen das anders. Sie stellen uns als anonymen Internetmob dar. Das Stück wurde schon oft mit schwarz geschminkten, weißen Schauspielern aufgeführt, was in deutschen Schauspielhäusern offenbar vollkommen akzeptabel ist.
Das stimmt nicht. Das Deutsche Theater musste Clybourne Park von Bruce Norris absetzen, weil Norris ihnen untersagte, Weiße für schwarze Rollen zu casten. Das Theater meinte, das Stück zu kritisieren sei lächerlich, weil es darin doch grundsätzlich um gegenseitiges Verständnis gehe.
Wir kritisieren die Tatsache, dass schwarze Schauspieler in Deutschland diskriminiert werden. Und genau das geben sie zu, wenn sie behaupten, es gebe nicht genug Rollen, und sie könnten daher keine Schwarzen engagieren. Sie behaupten auch, wenn sie weiße Schauspieler nicht mehr schwarz schminken dürften, könnten klassische Stücke wie Othello nicht mehr inszeniert werden.
Wir möchten, dass schwarze Schauspieler schwarze Rollen spielen können. Momentan kann ein Weißer jede Rolle spielen, während Schwarze nicht einmal sich selbst spielen dürfen. Blackface wurde in den USA eingeführt, um schwarze Schauspieler von der Bühne auszuschließen. Und hier passiert gerade genau dasselbe.