FYI.

This story is over 5 years old.

News

Das US-Militär rekrutiert Soldaten inmitten der Gay-Parade von San Francisco

Historisch gesehen war das US-Militär gegenüber Schwulen immer ziemlich scheiße. Jetzt suchen sie inmitten der Schwulenparaden Amerikas Nachwuchssoldaten. Wir haben uns mit den Rekrutierern auf der San Francisco Pride unterhalten.

Dieses Jahr fiel die Schwulenparade in San Francisco auf den absolut heißesten Tag des Jahres. Trotz der brütenden Hitze war es sehr angenehm, mein Muskelshirt mit der aufgedruckten Mickey Mouse zusammen mit einer kurzen Sporthose tragen zu können, ohne ein einziges mal als „Schwuchtel“ beschimpft zu werden. Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und Tausende Besucher von außerhalb kamen auf den Straßen San Franciscos zusammen, um die Welt daran zu erinnern, um was es in dieser Stadt geht: Toleranz, Gemeinschaft, Mitgefühl und Homosexuelle. Seit Kurzem ist auch das US-Militär auf der Gay Pride offiziell vertreten.

Anzeige

Historisch gesehen hat das US-Militär den Rechten der Schwulen und Lesben genau so gut getan wie die anderen repressiven Mehrheiten in Amerika (dabei denke ich an uns weiße Männer). In den letzten zwei Jahren haben wir jedoch einen drastischen Anstieg des Bewusstseins des US-Militärs für die LGBTQ-Gemeinschaft erlebt. Die vielkritisierte Militärkampagne „Don't ask, don't tell“, die homosexuellen US-Soldaten ein Outing in der Öffentlichkeit untersagte, wurde eingestellt. Können sie nun Soldaten anwerben, die zur selben Gruppe von Menschen gehören, die sie über Generationen hinweg unterdrückt haben? Das wollte ich mir genauer ansehen.

Nach einem Streifzug über das Partygelände fand ich den Stand des Militärs direkt vor der Pride-Hauptbühne. Das Zelt war voller Menschen. Mindestens acht Soldaten in Uniformen standen dort herum, während Leute mit ihnen Fotos machten und so ziemlich jeder ihre Hand schütteln wollte. Eine Reporterin mit einem gigantischen Flauschmikrofon stellte mich und mein kleines Aufnahmegerät aus Plastik in den Schatten.

Ich fragte ein schwules Pärchen, das gerade das Zelt verließ, ob sie für die Armee gedient hatten und ob sie die Rekrutierung von Schwulen für eine gute Idee hielten. Sie antworteten mit einem verächtlichen „Ja, aber natürlich“, woraufhin einer der Rekrutierungssoldaten auf mich zukam und sich vorstellte. Ich sprach mit Kapitän William L. Martin, einer PR-Offizier der kalifornischen Nationalgarde.

Anzeige

VICE: Wie sind bisher die Reaktionen auf Ihre Präsenz bei der Gay Pride?
William L. Martin: Die Resonanz war überwältigend positiv. Um ehrlich zu sein gab es zuerst einige Bedenken—wie es wäre, wenn man diese demografische Gruppe anwirbt?—, aber uns hat die überwältigende Anzahl an Interessenten überrascht. Wenn wir einen Stand bei einem Autorennen aufstellen oder bei einem Football-Spiel, haben wir ein oder zwei Leute, die sich der Nationalgarde verpflichten. Wir sind ja da draußen, um unsere Truppe zu promoten. Hier haben wir bereits 20 Leute dazugewonnen.

Wow.
Ja, wir haben das auch in L.A. gemacht und hatten 30 bis 40. Das liegt wahrscheinlich daran, dass es eine neue Zielgruppe ist, aber wir sind darüber froh.

Das Bloßstellen und Rausschmeißen von Schwulen aus bewaffneten Truppen geht zurück bis zur Kontinentalarmee, in der Leutnant Frederick G. Enslin im März 1778 des Analverkehrs beschuldigt wurde. Was für eine Message versuchen Sie hier zu promoten, wenn Sie Ihre Position nach 223 Jahren geändert haben?
Was wir versuchen, ist, den Leuten klar zu machen, dass wir nicht nur den Regeln folgen, sondern auch sexuelle Vielfalt mit offenen Armen begrüßen, nicht nur hinsichtlich von sexueller Orientierung—sondern in allen Bereichen.

Wurden die Rekrutierungstaktiken für die LGBT-Gruppe verändert?
Nicht wirklich, nein. Die Leute sollen verstehen, dass diese Zielgruppe nicht davon zurückgehalten wird, sich der Truppe anzuschließen, wenn sie die nötigen Fähigkeiten und das Verlangen dem Land zu dienen, mitbringen. Wir heißen sie willkommen—sowohl in der Nationalgarde als auch im ganzen Militär.

Hat es irgendwelche Gegenreaktionen gegeben?
In Los Angeles habe ich während der ganzen Zeit von keiner einzigen negativen Reaktion gehört. Hier weiß ich, dass die Bradley-Manning-Unterstützer an unserem Stand vorbeigezogen sind. Ich meine, allein der Fakt, dass sie hier sind und die Möglichkeit haben, öffentlich über etwas Kontroverses zu reden, ist eine Bestätigung für unsere Arbeit. Deshalb finden wir das auch OK.

Seit dem Widerruf der Militärkampagne „Don't ask, don't tell“ wird kritisiert, dass Transsexuelle immer noch nicht zum Militär können. Denken Sie, das wird sich je ändern?
Das befindet sich im Wandel und es liegt allein an der Regierung. Von dem, was ich weiß, kämpfen sie ziemlich mit dieser Frage, weil es ein medizinisches und biologisches Problem ist. Wir warten deshalb einfach auf den Befehl von oben.

Ein Teil des „Defense of Marriage Acts“ wurde vor Kurzem für verfassungswidrig befunden und gleichgeschlechtliche Partnerschaften haben nun ein Recht auf die gleiche staatliche Behandlung wie konventionelle Ehen—gibt es Pläne, das auch im Militär umzusetzen?
Ja, wir haben bereits Informationen dazu bekommen, dass es da in den nächsten Wochen Veränderungen geben wird. Im Grunde bedeutet es, dass ein gleichgeschlechtlicher Ehepartner das Recht bekommt, auf dem selben Militärfriedhof bestattet zu werden.