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Ich hab mir Pornoseiten ins Gesicht tätowiert, damit meine Kinder nicht verhungern

Nennt uns prüde, aber es war schon immer eine Grundregel von uns, uns keine Namen von Pornoseiten ins Gesicht tätowieren zu lassen.
Matt Shea
London, GB

Alle Bildrechte liegen bei Hostgator Dotcom.

1990 erfand Sir Tim Berners-Lee das World Wide Web, als er von einer Zukunft träumte, in der alle Kommunikationsbarrieren niedergerissen wären und sich Leute überall im Ruhm einer vernetzten, globalen Welt sonnen könnten. Zwei Jahrzehnte später hat sich ein Mann die Adressen verschiedenster Pornoseiten ins Gesicht tätowieren lassen. Es scheint so, als hätte das Internet seinen logischen Abschluss gefunden. Nenn mich prüde, aber es war schon immer eine meiner Grundregeln, mir keine pornografischen Internetseiten ins Gesicht tätowieren zu lassen. Aber für Hostgator Dotcom—ursprünglich Billy Gibby—hat es kein großes Überlegen gegeben. Im Angesicht der Arbeitslosigkeit und einer ausstehenden Zwangsräumung tat er, was jeder gute Vater tun würde: Er verkaufte seinen Körper, sein Gesicht und seinen Namen als Werbefläche an mehr als 40 Firmen. In diesem Sinne ist es eine ziemlich traurige Geschichte und zwar eine, die erkennen lässt, wie wenige Optionen Amerikas Armen heutzutage zur Verfügung stehen. Egal, als ich von Hostgator hörte, dachte ich mir, dass ich ihn kennen lernen sollte weil ich A) ihm eine größere Berichterstattung geben wollte, damit er seine Kinder ernähren kann und B) wissen wollte, wie es sich anfühlt, pornhub.com auf deinem Gesicht tätowiert zu haben. Wie sich herausstellt, fühlt es sich nicht so toll an.

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VICE: Wieso, Hostgator? Wieso?
Hostgator Dotcom: Na ja, ich hatte schon mal tätowierte Werbefläche auf meinen Körper angeboten, aber niemand kaufte tatsächlich welche. Ich wurde entlassen, meine Familie und ich sollten aus unserem Haus vertrieben werden und ich brauchte einen Weg, um uns finanziell über Wasser halten zu können. Ich wollte nichts Illegales machen und hatte keine Freunde, von denen ich mir hätte Geld leihen können. Ich suchte nach Jobs, fand aber keinen und konnte es nicht zulassen, dass meine Frau und meine Kinder obdachlos werden, also dachte ich mir, dass ich mein Gesicht opfere, damit sie einen Platz zum Wohnen haben. Ich wollte es nicht machen—wirklich nicht—, aber ich wollte auch nicht, dass meine Kinder obdachlos werden. Das ist wirklich edel von dir. Wie viele Leute unterstützt du?
Fünf Kinder und meine Frau. Und ich nehme mal an, Hostgator ist nicht dein richtiger Name?
Nein, Ich hab meinen Namen an hostgator.com für 15.000 Dollar verkauft. Wow, ich glaube, ich muss meinen Namen verkaufen, wenn man damit so viel Geld machen kann.
Ich versuche, meinen Namen gerade noch einmal zu verkaufen. Ich will damit ins Guinness-Buch der Rekorde für den längsten Namen. Wenn Golden Palace meinen Namen kauft, werde ich Goldenpalacedotcom Hostgatordotcom heißen. Ach geht das leicht von der Zunge. Brichst du damit aber nicht deinen Vertrag mit Hostgator?
Nein, ich werde ja immer noch Hostgatordotcom in meinem Namen tragen. Auch wieder wahr. Was sind denn einige der Internetseiten in deinem Gesicht?
Pornhub.com. Hotmovies.com Was denken deine Frau und deine Kinder darüber?
Meine Kinder sind immer noch jung und akzeptieren mich, wie ich bin. Meiner Frau geht es damit OK, aber sie hätte gerne, dass ich mir die aus dem Gesicht wieder entfernen lasse, daran arbeite ich momentan.

Also bereust du es jetzt, dass du dir die Pornoseiten ins Gesicht hast tätowieren lassen?
Ja. Ich habe es aus einem guten Grund gemacht, aber ich habe damals nicht richtig vernünftig nachgedacht. Ich bin bipolar, was ich jetzt nicht versuche, als Entschuldigung zu benutzen, aber ich habe nicht so rational gedacht, wie ich es heute mache. Ich nehme jetzt Medikamente und bin vernünftiger. Sehr gut. Also was ist dein Plan, um die Tattoos zu entfernen?
Hm, also, ich hoffe, Platz auf meinem Körper zu verkaufen, damit ich es mir leisten kann, die in meinem Gesicht wieder zu entfernen. Nein, Hostgator, nein! Dann wirst du diese Tattoos auch nur wieder bereuen!
Nee, die in meinem Körper bereue ich überhaupt nicht, weil mich die Leute dafür nicht wirklich verurteilen. Die Leute sehen die in meinem Gesicht und denken, dass ich ein Killer oder ein Drogendealer bin, aber meinem auf meinem Körper ist das in Ordnung. Verlangst du mehr im Gesicht?
Ja, im Gesicht kostet eines ungefähr 4000 Dollar. Du wohnst doch aber in Alaska, oder?
Jap. Dann sehen doch gar nicht so viele Leute täglich dein Gesicht, oder?
Tatsächlich sehen es ungefähr ein paar Tausend Leute pro Tag. Oh OK—das ist ganz in Ordnung. Wie hast du die Firmen eigentlich überzeugt, Platz in deinem Gesicht zu kaufen?
Sie waren ganz schön aufgeregt deswegen, schließlich ist es was Neues, und auch weil sie ja eine Menge Aufmerksamkeit bekommen, wenn ich erst einmal in den Nachrichten lande.

Also war es dir einfach egal, wie dein Gesicht zu dem Zeitpunkt aussah?
Ja. Ein Grund, wieso ich das ganze gemacht habe, war, weil es mich so frustriert, wie sich die Leute nur nach ihrem Äußeren beurteilen. Eine Menge Leute sind rassistisch oder voreingenommen, aber mir war es vollkommen egal, wie ich aussah. Jetzt fällt mir langsam auf, dass es mir ein bisschen wichtiger ist, was die Leute denken. Auf welche andere Arten willst du deine Existenz noch nutzen, um Werbung zu verkaufen?
Na ja, wenn ich den Weltrekord schaffe, werden noch mehr Firmen auf mich aufmerksam, die dann auf mir werben können. Außerdem werde ich bald eine Website starten, um mich selber zu bewerben. Ist das eine Form von Kunst?
Manche Leute sehen mich an und sagen: „Seine Tattoos sind blöd und bedeuten nichts.“ Oder: „Sie haben keine Symbolik.“ Aber ich finde schon. „Jedes einzelne dieser Tattoos, die ich habe, ist ein weiterer Tag, an dem ich meine Kinder vor der Obdachlosigkeit bewahren kann. Für mich bedeuten sie also eine Menge. OK, Hostgator, viel Glück mit allem!