Mit Neo-Nazis, die vegan kochen, stimmt einiges nicht

Seit einiger Zeit läuft auf YouTube die „Balaclava Küche“–Neo-Nazis, die vegan kochen. Sie haben viel Spaß, machen Witze und drehen unscharf: Ein bisschen Holocaust-Witz hier und Phrasendreschen über „natürliche Selektion” dort.

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Sie mögen sich.

Sie verwenden Tofu und Agavendicksaft vom Bio-Markt und Club Mate scheinen sie auch zu mögen.

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Die Balaclava Facebook-Seite

Kochen können sie nicht, da wird schon mal rohe Hefe in das Hauptgericht gebröselt. Es wird Butter mit Margarine verwechselt und die Kiwi-Sauce mit Kurkuma gewürzt. „Auberginen? So sehen die aus? Ich dachte, die sehen ganz anders aus.”

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Was sind das nur für Leute?

Nach Informationen des Antifaschistischen Infoblattes handelt es sich vermutlich bei einem der beiden um den Neo-Nazi Patrick Kruse (AIB 106, 01.2015, S. 25, Online nicht verfügbar).

Patrick Kruse ist Anfang 20 und war Teil der inzwischen verbotenen Nazi-Verbindung Besseres Hannover und Erfinder des Abschie-bären. Es gibt eine ganze Reihe von Verbrechen, die man ihm vorwirft. Gestanden hat er unter anderem den Angriff auf einen Bundestagsabgeordneten der Grünen, Sven-Christian Kindler. Kruse hatte ihn „Vaterlandsverräter” geschimpft, ihn geschubst, geschlagen und bedroht und ist dann davongelaufen. Verurteilt wurde er zu einem Jahr Bewährung und 100 Sozialstunden.

Am Gericht wird er mit dem gleichen Outfit abgelichtet, das auf der Facebook Seite der Balaclava Küche auftaucht und auch auf dem Tumblr Kindstattgross, bei dem allerlei Nazi-Ästhetik zu sehen ist. Schaut man sich beides an, bekommt man einen guten Überblick über die Aktivitäten der Gruppe.

Auch für die MBR, die Mobile Beratungsstelle für Rechtsextermismus in Berlin, deutet einiges darauf hin, dass es Kruse sein könnte. Vor Gericht hat man darüber auch schon gesprochen: Eine blinde Kommunistin, die er mit anderen Rechten im Februar 2014 angegriffen hatte, hat ihn vor Gericht an der Stimme wiedererkannt. „Die gleiche Stimme, wie die des Kochs aus der Balaclava Küche”, sagte sie aus.

Lesen: Wie sich Veganer von rechts instrumentalisieren lassen

Mit 16 wird er Vegetarier, mit 19 dann Veganer. Er bezeichnet sich als Teil der Autonomen Nationalisten, die die politisch linke autonome Bewegung zum Vorbild haben. Ein wichtiger Teil der Autonomen Nationalisten ist es, sich auf die Seite der Arbeiter mit dem „richtigen” Pass und gegen Konzerne, Kapital und Kapitalismus zu stellen.

Da gehört es dann auch dazu, sich so weit als möglich autark zu ernähren, selber anzubauen oder zu containern und sich dem Zeitgeist entsprechend vegan zu ernähren. Das kann man zur ,,Rekrutierung nutzen”.

„Man muss sich von der Vorstellung verabschieden, dass es ausgerechnet in seiner Subkultur kein rechtsextremes Gedankengut gibt”, sagt Sebastian Wehrhahn von der Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR Berlin).

Für Kruse scheint Veganismus ein Weg zu sein, seine Radikalität auszuleben. Er drückt das so aus: „Radikal zu sein, heißt nicht, gewaltbereit zu sein.” Sondern es bedeute, die Ideale im Alltag zu leben. Regional kaufen, nicht Waren einfliegen lassen, denn „damit fängt es ja an”.

Trotzdem gibt es in der Balaclava Küche einmal auch Joghurt mit Bananen und Kiwis.

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Maria Fank ist zu Besuch

Auch Maria Fank taucht in den Videos auf, was sie auch ganz offen sagen. Fank ist NPD-Aktivistin und Mitglied des Rings Nationaler Frauen (RNF), tritt auf Demos gerne als Rednerin auf und machte sich damit zu einem der prominenten Köpfe der Szene.

Während sie einen veganen Käsekuchen aus dem Neuschwabenland backen, entschuldigt sie sich dafür, das Wort „Okay” benutzt zu haben. Man wolle schließlich keine „amerikanischen Begrifflichkeiten” benutzen. Sagt es und preist die Cola im Bild. Vermutlich ist Fank bei allen Sendungen dabei, denn man hört sie reden und kichern und sie gibt immer wieder Kochanweisungen.

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Sie essen Bananen und bemalen sich mit Penissen.

In der Sendung bewegt man sich konstant an der Schwelle zum Verbotenen, ohne sie zu übertreten. Schließlich ist jede Nazi-Demo ein Intensivkurs in Strafrecht.

Überall in dieser Koch-Show wimmelt es von Widersprüchen und Schwachsinn, die die Protagonisten nicht zu stören scheinen: Bioprodukte neben Billigware; Autonomie neben Nationalismus; Anti-Anglizismen und Cola, Menschenhass neben Tierschutz.

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„Das medial überbelichtete Phänomen der Autonomen Nationalisten ist auf dem absteigenden Ast”, sagt Sebastian Wehrhahn. Dennoch hätte es dazu beigetragen, die Nazi-Szene zu modernisieren: dieser Humor und Überdrehtheit, die Wahl der Kanäle hat es möglich gemacht, die Jugend anzusprechen.

Harte Themen wie „Rasse” und „Holocaust” werden umgangen. Für „sechs Millionen Likes” allerdings verspricht der Hauptdarsteller sich den Daumen abzuhacken.

Woher er die Zahl hat, kann man sich denken.

Hoffen wir für ihn und uns, dass es nie dazu kommt.