Vera Valdez kam in den 50ern als Teenager aus Brasilien nach Paris und wurde Model für die surrealistische Designerin Elsa Schiaparelli. Inmitten einer der wichtigsten Dekaden in der Geschichte der Mode reiste sie um die Welt für Christian Dior und wurde schließlich zum Lieblingsmodel von Gabrielle „Coco“ Chanel. Vera saß für Helmut Newton, Richard Avedon, Willy Rizzo und Frank Horvat Model und hatte mit vielen tollen berühmten Leuten Sex, darunter Louis Malle, der ihr zusammen mit Bernardo Bertolucci half, aus Brasilien zu fliehen, nachdem sie dort während der Militärdiktatur in den 60ern wegen eines Drogendelikts im Gefängnis gelandet und dort gefoltert worden war.
Im Paris der Nachkriegsjahre regierte Vera hingegen das Nachtleben, rauchte Opium mit Jean Cocteau, pflegte eine enge Freundschaft mit dem französischen Psychoanalytiker Jacques Lacan und liebte alle möglichen Männer, von einem millionenschweren Baron bis hin zum Schauspieler Maurice Ronet. Als Galionsfigur der legendären Les-Blouson-Chanel-Gang—einer Meute umherziehender Chanel-Models—flatterte sie durch die Welt der Prominenten, wo sie damit beschäftigt war, gut auszusehen, die Leute aufzuheitern und alles zu konsumieren, was ihr die Leute an Drogen anboten. Sie zog sich zu einer Zeit für eine Zeitschrift nackt aus, als die berühmten Leute noch nicht wussten, dass das zum guten Ton gehört. Später versuchte sie sich auch als Drogenhändlerin und Bootlegger.
Heute ist sie 75, eine der besten brasilianischen Bühnenschauspielerinnen und eine der agilsten und charmantesten Personen, mit denen wir je gesprochen haben.
Vice: Du warst sehr jung, als du aus Brasilien weggingst, oder?
Vera Barreto Leite Valdez: Ich ging nach Europa, um zu studieren, weil ich von der Schule geflogen war—ich glaube, es war im ersten oder zweiten Jahr der Sekundärschule.
Warst du eine Art jugendliche Rebellin?
Ich fand mich nicht rebellisch. Ich hielt mich eher für ein bisschen prüde, obwohl ich schon mit zwölf Gras rauchte. Ich hatte eine Freundin, die ein richtiger kleiner Teufel war. Wir saßen im Unterricht ganz hinten und rauchten dort Gras. Das war zu einer Zeit, als die Lehrer unmöglich wissen konnten, wie Marihuana riecht.
Du hast dich also mit den bösen, coolen Kids eingelassen.
Das war der Punkt, an dem mein Vater sagte, dass er mich nach Europa schicken würde. Ich lebte bereits bei meiner Mutter, die sich, als ich vier war, von meinem Vater scheiden lassen hatte. Sie war ein totaler Bohemien und mein Vater war das genaue Gegenteil. Er schickte mich nach Portugal, wo ich bei dem dortigen Zweig unserer Familie leben sollte—meiner Großmutter und meinen zwei Tanten. Dort blieb ich circa zwei Jahre. Dann zog meine Mutter mit uns nach Bordeaux und von dort aus gingen wir nach Paris, wo sie in der brasilianischen Botschaft arbeitete.
Hast du sofort mit dem Modeln angefangen?
Ich erinnere mich noch, dass meine Mutter mich fragte: „Willst du nicht lieber an die Sorbonne gehen und irgendeine tote Sprache lernen?“ [lacht] Ich sagte: „Nein, ich möchte Model werden.“ Schließlich landete ich bei Elsa Schiaparelli.
Der surrealistischen Designerin? Und deine Mutter hat dem zugestimmt? Du warst ja gerade mal ein Teenager.
Sie dachte, dass ich nicht genommen werden würde, also stimmte sie zu. Später gestand sie mir, dass sie gedacht hätte: „Du bist doch so ein dürres Ding …“
Was hast du bei Schiaparelli gemacht?
Ich machte ihre letzte Kollektion. Sie war eine fantastische Schneiderin. Ich kam oft mit einem neuen Kostüm aus ihrem Studio—sie lieh mir Sachen.
Gab es da noch andere Mädchen?
Brigitte Bardot und eine andere Dame namens Victoire. Damals gab es so was wie ein junges Model nicht—vor allem keine Töchter von Leuten, die bei Botschaften arbeiteten.
Vera mit Coco Chanel Die Leute sagen oft, dass Schiaparelli eine der ersten war, die verstanden haben, dass Kleider an dünnen Frauen besser aussehen. War das der Grund, warum sie dich mochte?
Ja. Und als Schiaparelli dann zumachte, sagte eine Kollegin zu mir: „Ich nehme dich mit zu Dior.“
Das war um den Zeitpunkt herum, als Dior die berühmte New-Look-Kollektion herausbrachte, oder?
Nach Schiaparelli kam mir das nicht so besonders speziell vor. Dior war auf jeden Fall Mode. Schiaparelli war nicht Mode—sie war eher Kunst. Dior war eine Fabrik, weißt du?
Warum hast du bei Dior aufgehört?
Das Model Suzy Parker überzeugte mich. Sie sagte: „Diese Frau, Coco Chanel, ist wirklich außergewöhnlich“, und ich dachte: „Hmm, ich glaube nicht, dass es meiner Mutter gefallen wird, wenn ich bei ihr arbeite.“ Aber ich ging dann hin und traf diese Figur. Ich werde es nie vergessen: Ich trug einen roten Mantel, den ich in einer Boutique in Saint Germain gekauft hatte. Ich erinnere mich, dass sie zu Suzy sagte: „Ich will sie, trotz dieses roten Mantels.“ Von da an hatte sie immer einen roten
Tailleur in ihren Kollektionen. Sie hatte mein Teil, das einfach von der Stange kam, kopiert.
Hattet ihr beide ein gutes Verhältnis?
Ich war sehr jung und sie war eine ältere Frau.
Stimmt, sie hatte ja während des Krieges aufgehört, als Designerin zu arbeiten und war aus Paris weggegangen—und war nun gerade erst zurückgekehrt. Also habt ihr euch nicht so gut verstanden?
Sie schickte mich manchmal, wenn ich frech gewesen war, in die Ecke. „Du stellst dich jetzt dort hin, Rücken zu uns, Gesicht zur Wand.“ Ich liebte das, weil ich ihnen so beim Tratschen zuhören konnte. Sie wurde sauer, wenn ich Zeit mit „diesem Pack“ verbrachte, den Journalisten.
Klingt, als hätte sie dich wegen deines Alters nicht gemocht.
Sie warf mich jedes Mal raus, wenn ich etwas falsch machte oder sich jemand über mich beschwerte. Es war super, denn ich verdiente sehr gut, und dann fragte sie eine Woche später: „Wo ist Vera? Findet sie!“ Und dann ging ich zu ihr und erhöhte mein Honorar. Die Leute aus der Buchhaltung konnten es kaum glauben—ich war ja nicht mal legal. Chanel fand mich sehr chic. Sie sagte: „Wie soll sie sich denn außerdem noch um ihre Papiere kümmern? Sie muss früh aufstehen, die Arme.“ Sie mochte es, dass ich rebellisch war.
Wann hast du bei Chanel aufgehört?
Ich glaube, die letzte Show, die ich für sie machte, war 1971.
War das die letzte Show vor ihrem Tod?
Ja, das war es. Ich war kurz vorher in Brasilien gewesen. Ich hatte eine Tochter, sie war acht Monate alt, und Chanel rief mich zurück. Ich erinnere mich noch gut an die Show. Ich war noch mitten in der Stillzeit—mir tropften die Brüste.
Du warst nach Brasilien zurückgegangen, um ein Baby zu bekommen?
Ich fuhr ständig nach Brasilien. Chanel und ich stritten uns und ich ging zurück … Es war eine sehr lange Beziehung des permanenten Hin und Her.
Was für ein Verhältnis hattest du zu den Fotografen, mit denen du damals gearbeitet hast? Willy Rizzo, Richard Avedon, Helmut Newton—ein paar echte Schwergewichte.
Willy stand mir sehr nahe. Er war ein Fotograf, der die Nacht liebte, die Models, die Mode. Er war einfach köstlich. Er war einer von uns. Avedon war distanziert—er behandelte die Models sehr grausam. Er ließ einen stundenlang in derselben Position verharren und man durfte sich nicht bewegen. Er war damals schon ein Star. Mit Newton zu arbeiten war sehr gut. Willy arbeitete zu der Zeit für
Paris Match und machte Modejournalismus. Ich verbrachte viel Zeit in diesem Umfeld, mit Journalisten und Filmemachern. Ich gehörte immer zur intellektuellen Gang.
Les Blouson Chanel: Vera, rechts, mit Mimi d’Arcangues Aber du warst auch ein Teil der Gruppe hübscher Mädchen, die als Les Blouson Chanel bekannt waren.
Ja. Es war wegen der Lederjacken, Marlon Brando und all diesen amerikanischen Filmleuten. Wir hatten immer Chanel-Sachen an, klassische Damenanzüge. Aber diese kleine Gang war echt hardcore, weißt du. Es gab immer Opium. Ich hatte in Paris eine echte Beziehung zu Opium. Angefangen hatte es mit Tee mit Haschkuchen. Ich werde es nie vergessen—es war marokkanisches Hasch. Ich arbeitete bei Tag als Model und feierte die Nächte durch.
Und es hat mit Opium geendet?
In Brasilien fingen wir in den späten 60ern, während der Diktatur, mit den Drogen auf Lysergsäurebasis an. Aber während meines Exils in Paris, war es komplett … sogar Chanel selbst war morphiumabhängig.
Du hattest zu diesem Zeitpunkt dein „sexuelles Erwachen“ schon hinter dir?
Wir sind nach der Arbeit bei Schiaparelli regelmäßig die ganze Nacht in einem Gin-Laden versackt. Ich fing eine Beziehung mit [dem brasilianischen Filmemacher] Ruy Guerra an, der mein erster Freund war. Ruy Guerra hat mich entjungfert. [
lacht] Das war mein sexuelles Erwachen. Es war der Freund, die Nacht, meine liberale Mutter.
Deine Mutter hatte etwas mit dem Beginn deines Sexlebens zu tun? Hab ich da grad was verpasst?
Guerra und ich waren so an die 20 und sie ging mit uns in die Dragclubs in Pigalle. Das Einzige, wohin sie mich nicht mitnahm, waren Vorführungen von explizitem Sex, aber das hat mich auch nicht sonderlich interessiert. Ich mochte Striptease—ich fand das wunderschön. Ich fand es immer lustig, dass die Männer so hin und weg davon waren. Bei mir zu Hause gab es keinerlei Beschränkungen. Meine Mutter lebte in Paris, weit weg von ihrer kompletten Familie, und der Druck, der von der Seite kam, ruhte allein auf ihr.
Wie meinst du das?
Mein Bruder war ein Journalist und Botschafter. Ihr Vater war Richter und Diplomat. Als meine Mutter also aus Brasilien nach Europa ging, wollte sie dort völlige Freiheit genießen. Das ist für eine geschiedene Frau absolut essenziell. Ich litt in meiner Kindheit überhaupt nicht, weil sie sich um nichts scherte. Meine ganze Erziehung war sehr liberal. Also war auch Sex für mich sehr frei, normal und gesund.
Welchen Eindruck machten die Stripclubs in Pigalle auf dich?
Verdammt, es waren halt nackte Frauen! Meine sexuelle Initiation war komplett frei. Ich hatte nie irgendwelche Probleme, weißt du. Ich vögelte völlig frei.
Wann hast du Louis Malle kennengelernt?
Wir waren in einem Club und ich hatte gerade
Privatleben gesehen. Alle fingen an den Film zu kommentieren. Ich sagte so was wie: „Meine Güte, ist der Typ lahm!“ Einer der Typen am Tisch ermutigte mich immer weiter zu sprechen. Dann trat mir jemand unter dem Tisch ans Bein und sagte: „Das ist der Regisseur des Films.“ Ich werde nie Malles Gesicht vergessen: Er sank in seinem Stuhl zusammen, als ich herausfand, wer er war. Dann wurden wir gute Freunde. Es war toll, mit ihm befreundet zu sein—mit ihm zu vögeln und all den Klatsch über die anderen Frauen zu hören, die verknallt in ihn waren. Alle Mädchen wollten Schauspielerinnen werden.
Klingt nach ’ner Menge Spaß.
Das war während einer erneuten Krise zwischen mir und der Modewelt. Ich hatte gerade einen Streit mit Chanel, der alten Hexe, gehabt, und sagte Malle in Guy Laroches Wohnung: „Ich will nicht mehr Mannequin spielen. Was soll ich machen?“ Malle sagte: „Werde Schauspielerin!“
Und, hast du die Gelegenheit beim Schopf ergriffen?
Ich sagte: „Oh nein. Alle in meiner Familie sind Schauspieler. Das geht nicht.“ Er sagte: „Ich habe ein neues Projekt, das auf einem Buch basiert.“ Also fuhren wir in eine Skihütte in Gstaad und fingen an, an
Le Feu Follet [
Das Irrlicht] zu arbeiten. Er sagte: „Was wirst du machen?“ Ich sagte: „Die Kostüme.“ Er sagte: „Aber wie bezahlen wir dich dafür?“
Wie wär’s mit Geld?!
Ich war illegal. Das war die Zeit, als das französische Kino superradikal war, und trotzdem war die Filmgewerkschaft stocksauer. „Aber wie sollen wir Vera bezahlen, wie soll das gehen?“, fragte er. Und dann gab es ja auch noch den Abspann.
Wie meinst du das? Dass sie dich nicht im Abspann nennen konnten, weil du illegal warst?
Ich sagte: „Scheiß auf den Abspann, es ist mir egal.“ Alle Kostüme kamen von Chanel, es waren alles Leihgaben. Ich spielte eine Rolle, aber nur, weil ich die Schauspieler ausgesucht hatte und verrückt nach dem Hauptdarsteller war, Maurice Ronet. Malle sagte mir: „Du musst eine Affäre mit ihm anfangen, denn er trinkt wie ein Tier. Ich will nicht, dass dieser Alkoholiker einen einzigen Drehtag verpasst.“ Ich sagte: „Aber natürlich, mit dem größten Vergnügen!“ [
lacht]
Vera in einer Aufnahme von Frank Horvat Hat es dir Spaß gemacht, beim Kostüm zu arbeiten?
Ich mochte es nicht. Ich liebe das Kino—ich finde es spannend. Aber ich wollte viele verschiedene Dinge machen. Ich wählte die Schauspieler aus und ich musste einen geistig Behinderten spielen, weil ich vergessen hatte, die Rolle zu besetzen. Ich war Produzentin—vom Steak Tartare hin zu den Kostümen und der Wahl der Schauspielerinnen, und gab zu allem meinen Senf ab.
Aber du hast auch weiter gemodelt. In Brasilien hast du um diese Zeit herum nackt für die Zeitschrift Fair Play posiert.
[Der brasilianische Karikaturist] Ziraldo rief mich an und sagte: „Vera, du solltest ein paar Nacktfotos von dir machen lassen. Hier machen das nur Prostituierte, aber wenn du es machst, werden es auch andere tun!“ Mein Mann hat mir das nie verziehen. Obwohl er dann all meine Freundinnen für
Fair Play fotografiert hat! Meine Aufnahmen hat er mir nie verziehen. Sie wurden im Penthouse von [dem brasilianischen Schriftsteller] Rubem Braga gemacht. Meine Abzüge verschwanden. Er hat sie alle zerrissen.
Hatte deine damalige Rückkehr nach Brasilien etwas mit Chanel zu tun?
Es hatte 1964 den verdammten Militärputsch gegeben und meine ganze Familie war verhaftet worden. Ich musste zurückgehen und dafür kämpfen, sie aus dem Knast zu kriegen. Das war der Zeitpunkt, zu dem ich anfing, mit den Theaterleuten zu arbeiten. Ich hatte in Paris zwei Filme mit Louis Malle gemacht, also machte ich, als ich wieder dort war, ein paar Filme mit Regisseuren aus São Paulo—Freunden von Ruy.
Du kamst also nach Brasilien zurück, musstest dann aber gleich wieder ins Exil. Warum?
Weil sie mich mit Kokain erwischten! Sie erwischten mich mit einer Chanel-Handtasche und begannen mich zu filzen. Ich wusste nicht, was da drin war. Es war am Flughafen und es war die Marine, die mich festnahm. Dann prüften sie, wer ich war. Alle in meiner Familie waren entweder verhaftet worden oder im Exil. Sie kriegten also raus, wer ich war und ich wurde von der politischen Militärpolizei DOI-CODI verhaftet. Ich wurde gefoltert.
Scheiße.
Es gibt eine sehr finstere Seite der Geschichte unserer Militärdiktatur. Sie war sehr brutal. Ich glaube, ich saß einen Monat lang im Knast. Danach war ich fast ein ganzes Jahr lang in einem Rehabilitierungszentrum. Ich war extrem verstört. Ich hatte Panikattacken. Ich fühlte mich permanent verfolgt.
Wie bist du schließlich wieder aus Brasilien rausgekommen?
Man musste viel zahlen, damit sie dich rausließen. Ich hatte solche Summen nicht. Also schickte Bertolucci mir einen Brief aus Italien, in dem er mich aufforderte, mit ihm und Malle zu arbeiten. Ich kriegte mein Visum und verschwand. Ich reiste über Bahia aus, weil die Regierung das damals nicht überwachen konnte—sie hatten diese moderne Technik noch nicht.
Was hast du zu der Zeit in Paris gemacht?
Ich machte einen weiteren Film mit Malle. Ich machte aber nicht viel. Es war die Heroinperiode. Ich stieg da voll ein. Ein paar Freunde verkauften Kokain und so schlugen wir uns irgendwie durch. Der übliche Drogenalltag: Du kaufst was für dich und verkaufst dann wieder ein bisschen was davon.
Aber irgendwann wurdest du amnestiert und konntest nach Brasilien zurückkehren. Wie fühlte sich deine Heimkehr an?
Es war hart. Wir waren traumatisiert. Im Exil leben zu müssen ist schrecklich. Unsere Partner hatten alle Depressionen und es war schwer, hier mit den Leuten zu kommunizieren.
Was hast du gemacht?
Ich fing bei [dem Theatermacher] Zé Celso an.
Du hast angefangen, in Celsos Teatro Oficina mitzumachen? Wie kam es dazu?
Nun, ich komme aus einer Theaterfamilie. Meine Tante und meine Mutter erschufen den Modernismus im brasilianischen Theater. Zé Celso hat mich fasziniert. Es gibt ganz sicher keinen freieren Menschen als ihn. Als wir in den 60ern seine Stücke sahen, durchlebten wir die finsterste Diktatur.
Und du arbeitest bis heute für ihn. Die Leute sagen, dass es ziemlich hart ist, mit ihm zu arbeiten. Ist es ein Kampf?
Oh, absolut. Ein kolossaler Kampf. Er ist ein Monster, ein Genie, ein diktatorischer Regisseur—manchmal wacht er einfach in so einer Stimmung auf. Und inzwischen ist er auch ein bisschen verrückt, also bleiben wir manchmal fünf, sechs Stunden bei derselben Szene. Aber wegen meines Alters ist er mir gegenüber noch brachialer, sehr dominant und manchmal erdrückt es mich fast. Wir werden also echt verheizt. Außerhalb Brasiliens wissen vielleicht nicht so viele, wer Zé Celso ist, aber unter Regisseuren gilt er als einer der größten der Welt.
Und wie ist es mit der Mode? Verfolgst du sie mit?
Nein, das war für mich immer nur Arbeit.
Du bist also kein bisschen neugierig, wie eine Chanel-Show heute aussieht?
Das war ich genau genommen nie. Es ist eine Art Zirkusspektakel. Im Ernst, diese ganzen mechanischen Dinge. Es hat keinerlei Persönlichkeit mehr. Es ist schön, theatralisch, aber absolut sinnentleert, oder?