Wolfenstein: The New Order

Wolfenstein: The New Order

Plattform: Windows, Xbox 360, Xbox One, PlayStation 3, PlayStation 4

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Publisher: Bethesda Softworks

Ist es tatsächlich schon 22 Jahre her, dass ich meinem Bruder gierig über die Schulter stierte, als er über die MS-DOS-Eingabe am heimischen 486er ein Portal ins grobpixelige Deutschland des Zweiten Weltkriegs öffnete? Die alten Sound Bytes von klackenden Metallschiebetüren und vom Todesschrei „Mein Leben“ mit dickem amerikanischen Akzent brannten sich damals schon in mein Hirn.

In Wolfenstein: The New Order ist nun endlich William Joseph Blazkowicz zurück im Einsatz. Grafisch und immersiv ist dieser bombastische neue Teil Lichtjahre von den alten „3D“-Schlössern entfernt, und schon im ersten Level, im ersten Schützengraben und mit den ersten schweren MGs in beiden Händen kann man kaum anders, als vor epischer Freude in (zumindest virtuellen) Tränen auszubrechen. Ein Gameplay, das gerade bei der sensationellen Auflösung der Xbox One einschlägt wie ein Panzerprojektil. Sicherlich ein Vorteil ist auch, dass man während des Zockens mit der Xbox Snap-Funktion problemlos ein seitliches Fenster öffnen und gleichzeitig Tutorials anschauen, Gameplay-Videos studieren und im Netz rasch was zu essen bestellen kann. Bei der epischen Handlung und unzähligen fesselnden Spielsequenzen nacheinander fällt es einem einfach zu schwer, sich vom Gerät loszureißen. Die Adaption der deutschen Version ist mehr als gelungen. Besonders die Synchronisation, mit berühmten Sprechern wie Johannes Berenz (Synchron- Stimme von Ben Affleck, David Duchovny und Val Kilmer) und Bodo Wolf (der deutschen Stimme von Christoph Walken und Robin Williams) lässt das Spiel richtig nach Blockbuster klingen.

Dank der Handlung lässt sich das aber ziemlich gut ertragen. Wir befinden uns in einem Paralleluniversum, in dem das faschistische Regime 1945 den Krieg für sich entscheiden konnten und ihren Siegeszug nun bis in die höchsten Höhen weiterführen —und zwar zum neuesten Begierde-Objekt, das seit Iron Sky zum festen Inventar jeder Faschisten-Story gehört: bis auf den Mond. Das zumindest ist der dämonische Plan der Wolfssekte, die mit Teslaspulen und bionischen Prothesen ausgestattet das Raumfahrtprogramm zum Erfolg peitschen will. Wir finden uns bei Wolfenstein: The New Order natürlich auf der Gegenseite und versuchen, dieses Vorhaben um jeden Preis zu verhindern.

Dabei hilft uns ein umfangreiches Arsenal an Granatwerfern und Spezial-Schießeisen. Schweißtreibend kämpfst du dich durch mit Roboterhunden infizierte Bunker, von Ultrasoldaten bewachte Burgen und Steampunk-inspirierte Raumschiffe. Pointierte Poster der „Hauptstadtmädchen“ und viel Liebe zum Detail machen das Spiel zur Augenweide. Und gerade wenn du glaubst, du hättest Willhelm „Totenkopf“ Strasse besiegt, kommt die wahre Sturm(truppen)warnung … Das unerwartete Ende habe ich heute noch nicht richtig verarbeitet, aber das findest du besser selber raus.

Obwohl das Spiel nichts mehr mit dem ursprünglichen 90er-Franchise zu tun hat, sind auch in Wolfenstein: The New Order das überdrehte Szenario, das perfekte Steuerungs-Feeling der Klassiker und die echte spielerische Herausforderung, die bei Shootern heutzutage so oft fehlt, erhalten geblieben.

Den Sofortklassiker möchte ich umgehend wiederspielen. Ich beginne jetzt gleich noch mal von vorn, aber statt des Schwierigkeitsgrads „Darf ich spielen, Papi?“, stelle ich auf „Der leibhaftige Tod“. Wünscht mir Glück!