In schwarzen Klamotten zieht die Büßer-Truppe von Volkswagen durch die Straßen Houstons. Angeführt wird der Trauermarsch von einem roten VW-Beetle, Fahrer und Beifahrer tragen Gasmasken, aus dem Cabrio strömt dichter Rauch. “I’m Sorry” steht auf den Türen. Während die anderen Teilnehmer der “Houston Art Car Parade” im April 2018 bunte Autos im Mad-Max-Stil feiern, entschuldigt sich VW endlich bei der Menschheit für den Diesel-Skandal. Scheinbar.
In Wahrheit stecken die US-amerikanischen Satire-Aktivisten von Yes Men hinter der Aktion, mit der sie zusammen mit Studierenden und Mitgliedern des Instituts für Energieforschung der University of Houston auf den Klimawandel aufmerksam machen wollen. Im September 2017 entwickelten sie gemeinsam den Plan, einen Monat nachdem Hurrikan Harvey auch Houston, die US-Metropole der Ölindustrie, verwüstet hat. Die Yes Men geben sich als Vertretung von Volkswagen aus und “entschuldigen” sich öffentlich für den Diesel-Skandal – etwas, das laut den Yes Men schon vor Jahren hätte passieren müssen.
Videos by VICE
“Das ist eine Entschuldigung von Volkswagen dafür, dass wir eure Luft und euer Wasser und eure Gesundheit versaut haben”, spricht der Yes Man mit dem Künstlernamen Andy Bichlbaum Besucher der Parade an. “Hast du das Gefühl, dass du süchtig bist nach fossilen Brennstoffen?”, fragt ein anderer Aktivist eine Frau mit bunter Häkelkappe. Die kratzt sich betreten an der Wange und gesteht: “Ja.” Zum Glück hat die Selbsthilfegruppe “Emission Anonymous” von Pseudo-VW Flyer mit einem 12-Punkte-Plan dabei, der helfen soll, die Sucht nach fossilen Brennstoffen zu überwinden.
Seit über 20 Jahren schon kritisieren die Yes Men mit satirischem Aktivismus Missstände und Verbrechen von Großkonzernen und Politik. 2008 verteilten sie in New York Tausende Exemplare einer gefälschten Ausgabe der New York Times, die der Spiegel hier als PDF zur Verfügung stellt. Der Fake berichtet unter anderem über ein Verfahren gegen George W. Bush wegen Hochverrats und eine kommende Obergrenze für Manager-Gehälter. 2015 scheiterten die Aktivisten mit ihren Vorbereitungen zu einer Spendenaktion unter dem Motto Arctic Drilling. Bei der Aktion wollten sie Sex mit Eisbären inszenieren, um auf Umweltschutz aufmerksam zu machen.
Bei ihrer Aktion auf der Autoparade nimmt die Gruppierung Volkswagen ins Visier – so glaubhaft, dass nicht nur einige Passanten, sondern auch die große texanische Tageszeitung Houston Chronicles davon überzeugt sind, es mit einem Marketing-Trick von VW zu tun zu haben. Unsere US-Kollegen haben die Yes Men bei der Planung und bei der Durchführung ihrer Satire-Aktion begleitet.
Folgt Hannes auf Twitter und Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter