Natürlich sind Podcasts weder wahnsinnig innovativ noch außergewöhnlich. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Sie sind ein Symbol unserer Zeit. Online spielt sich heute fast alles ab. Und die irrwitzige Masse an Content in der elektronischen Musikwelt zeigt am Offensichtlichsten ihre krasse Popularität einerseits, ihre Professionalisierung andererseits. Doch mögen einige auch an der Bedeutung des Mix-Formats zweifeln, die Kulturpessimisten unter euch sollten nicht vergessen: Keineswegs für jeden DJ und Produzenten ist so eine Zusammenstellung lediglich ein Business-As-Usual-Ding—schon gar nicht für die aufstrebenden Talente und ehrlichen Künstler. Sie lieben Musik, wissen uns mit ihrer Leidenschaft anzustecken und geben uns die Möglichkeit, bei unserer Suche nach Neuentdeckungen auch fündig zu werden. Womit wir auch schon bei der Künstlerin unseres letzten Teils der kleinen Serie „Mixes Of The World” wären.
Beim zehnten und letzten Teil wird uns noch mal klar vor Augen geführt, dass wir die talentierte Damenwelt stark vernachlässigt haben. Bei allen Beiträgen—ob Freiburg, Ulm und Velbert-Langenberg oder aber Athen, Stockholm und Warschau—haben wir Männern den Vortritt gelassen. THUMP trägt in diesem Fall vielleicht Mit-, aber sicherlich nicht die Alleinschuld, schließlich wird die Szene von Männern dominiert. Und trotzdem glauben wir, dass nur im Garten der Selbstkritik gesunde Pflanzen heranwachsen können. Und wenn wir gerade beim Thema Heranreifen sind, wollen wir euch mit der vielschichtigen Künstlerin Virginia bekannt machen—einer multi-talentierten Frau, die sowohl singt als auch auflegt, gerne auch mal parallel. Nicht nur deswegen ist sie eine Ausnahmeerscheinung. Mit ihrem Mix rundet sie unsere Serie nicht nur ab, sondern schenkt ihr einen wundervoll-sehnsüchtigen Abschluss.
Videos by VICE
THUMP: Bitte stelle Dich doch kurz vor!
Virginia: Ich bin Virginia und bin Musikerin. Ich lebe in Berlin, hier habe ich auch mein Studio. Ich schreibe Musik, sowohl alleine als auch mit Freunden und Kollegen. Bei Kollaborationen trete ich meist mehr als Sängerin in Erscheinung. Meine Homebase als DJ habe ich in der Panorama Bar/ Berghain.
Die Mehrheit kennt dich sicherlich durch die Releases mit Steffi, dabei hast du bereits 2008 die LP „Twisted Mind” veröffentlicht und mit einer Vielzahl an Künstlern kollaboriert, richtig?
Das Album „Twisted Mind” hab ich mit meinem Freund Stevie B-Zet in Frankfurt am Main aufgenommen. Es ist ein Popalbum, das wir damals mit drei weiteren Musikern auf Tour vorgestellt haben. Das war eine schöne und kreative Zeit, mit einem tollen Ergebnis. Das Album ist ein wunderschönes Zeitdokument für mich. Ich erinnere mich gerne an die gemeinsame Zeit im Studio und den Proben mit all den Musikern. Das bringt eine andere Synergie hervor, als wenn man sich Files hin- und herschickt und jeder in seinem “Stübchen” an der Musik weiterarbeitet. Meist ist das, bei mir zumindest, mit den Club-Produktionen so. Das hat aber natürlich auch den Vorteil, dass man mit internationalen Künstlern viel einfacher zusammenarbeiten kann.
Jede Zusammenarbeit hat etwas Interessantes, Spannendes und jeder hat eine andere Herangehensweise. Manche Zusammenarbeiten beschränken sich ja nur auf die Musik, andere sind aus Freundschaft heraus entstanden. Es gibt aber auch einige Zusammenarbeiten, die für meine Entwicklung als Künstler sehr wichtig waren, die sich aber rein auf das Live-Touren beschränkt haben.
An welche Zusammenarbeit denkst du gerne zurück?
Zum Beispiel an die Tour mit Mocky in 2006, wo ich dann zusammen mit Musikern wie Musikern wie Feist, Jamie Lidell und Gonzales performen konnte. An die Zusammenarbeit mit Butch denke ich immer gerne, weil wir immer sehr viel Spaß im Studio hatten. Steffi habe ich in 2010 zu einem Zeitpunkt kennengelernt, wo ich gerade nur noch live als Sängerin auf Tour war, mich gerade von meiner alten Booking-Agentur getrennt hatte und mir überlegt hatte, mit dem Auflegen aufzuhören. Ich war einfach nicht mehr inspiriert. Die langen Gespräche mit ihr über Musik und Platten haben mich allerdings wieder aufgeweckt. Daraufhin habe ich meinen Plattenschrank auf den Kopf gestellt und all die tolle Musik wieder herausgeholt, die mich überhaupt erst dazu gebracht hat, mit dem Auflegen anzufangen. Im Studio haben wir uns auch sofort verstanden. Die neuste Zusammenarbeit kann man auf Steffis aktuellem Album „Power Of Anonymity” hören.
Warum und inwiefern unterscheiden sich deine Sets von der breiten Masse?
Ich singe zu meinen DJ-Sets. Das bringt immer einen schönen zusätzlichen Live-Charakter mit sich und so kann ich auch eine sehr persönliche Verbindung zum Publikum herstellen. Dabei achte ich aber darauf, nicht zu aufdringlich zu sein, und meine Stimme mehr wie ein zusätzliches Instrument zu nutzen. Das kann zwar in bestimmten Momenten die Stimmung super zum Kochen bringen, die richtige Balance ist hier aber auf jeden Fall wichtig. Meine Plattenauswahl ist auch sehr vielseitig, ich mag vieles: modernen UK-House, klassischen US-House, hin und wieder ein paar Disco-Classics, aber auch Broken Beats und Techno. Natürlich kann man nicht immer alles in einem Set unterbringen, trotzdem muss es in meinem Set immer hin und her, auf und ab gehen. Ich wünsche mir ja auch, wenn ich selbst tanze, verschiedene Stile und Beats zu hören—einfach etwas Abwechslung. Nur so bleibt es für mich spannend.
Wie und wo wurde der Mix aufgenommen?
Der Mix ist bei mir zu Hause in Berlin aufgenommen worden—mit zwei Technics 1210 Plattenspielern und einem Rane Rotary Mixer.
Gibt es eine spezielle Idee hinter zum Mix oder zur Trackauswahl, die du im Hinterkopf hattest?
Mir war eine zeitlose Auswahl wichtig, sodass man den Mix immer wieder hören kann. Deswegen habe ich Platten rausgesucht, die schöne sowie schwebende String-Elemente und Flächen haben. Und pumpende Basslines. Ganz einfach Tracks, die eine warme Atmosphäre mit sich bringen. Für mich genau das Richtige, wenn ich bei diesem regnerischen Novemberwetter aus dem Fenster sehe.
Gibt es schon konkrete Pläne für das Jahr 2015?
Aktuell ist ja Steffis Album erschienen, und unsere neue Zusammenarbeit ist der Titel „Treasure Seeking”, den wir gemeinsam mit Dexter gemacht haben. Der Track wird 2015 als 12-Inch mit zwei neuen Versionen ausgekoppelt. Nach der „Loch & Hill EP”, meiner ersten Solo-Veröffentlichung auf Ostgut Ton, kommt im Frühjahr meine zweite EP.
Tracklist:
1. Unknown “B” Knowone 14
2. Joshua Harrison ” IO” Warehouse Sessions Vol.I
3. JTC “Infinite Organism” Bopside
4. Fred P. “Emotive Vabrations” Finale Revisited Vol I
5. B- Tracks “The Next Step” Supply Records
6. Duplex “The First Day” Steven Tang Remix Dolly
7. Trevor Deep Jr. “Merge” nsdyde
8. Dj Qu “Times like This” The Corner
9. Shaun Rudiman “Letting Go” God Particle
10. Aubrey “Floating Point 7” Russ Gabriel Mix Ferrox
11. JP Enfant “Serque” a.r.t.less
12. Brooks Mosher “Phoenixx” Dolly
**
Folgt THUMP auf Facebook und Twitter.
Foto-Credit: Lisa Swarna Khanna