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Das Ende der Pokémon Go-Schummelkarten ist gekommen und Gamer wüten

Niantic Labs ist gerade dabei, alle Karten-Apps abzuschalten, die Gamern den Weg zu seltenen Pokémon weisen—und schießt sich damit vielleicht selbst ins Aus.
Bild: Screenshot Motherboard

Seit rund zwei Wochen begeistern selbstgebastelte Karten Pokémon Go-Gamer überall auf der Welt. Die von Fans mit Programmier-Skills erstellten digitalen Hilfsmittel ermöglichen es den Spielern, sich die Standorte aller Pokémon in der Nähe anzeigen zu lassen.

Doch nun scheint der Zauber scheinbar auch schon wieder vorbei zu sein—und die Pokémon Go-Gemeinde wütet. Die Spielentwickler von Niantic Labs sind wohl nicht ganz so glücklich über die vielen talentierten Hobby-Programmierer, die herausgefunden haben, wie man mit den Rohdaten der App hilfreiche Schummel-Tools wie die äußerst populären Poké Radar oder Pokévision bauen kann, mit denen Gamer schneller und gezielter auf Monsterjagd gehen können.

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In einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin Forbes sagte Niantics CEO John Hanke, er sei „kein Fan" dieser Hilfsmittel und warnte davor, dass „Spieler in der Zukunft feststellen könnten, dass sie nicht mehr funktionieren." Und wie es aussieht, ist diese Zukunft bereits jetzt eingetroffen. Am gestrigen Sonntag schon hatten die Entwickler der beliebten Karten-App Pokevision angekündigt, dass sie ihre Dienste vorerst nicht weiter anbieten könnten, und dass sie damit „dem Wunsch von Niantic und Nintendo nachkämen." In den kommenden Tagen werden wohl auch andere Anbieter diesem Wunsch Folge leisten müssen.

Die Schummel-Apps ermöglichen es den Spielern, direkt jene Orte zu finden, an denen sich die seltenen Pokémon verstecken. Dadurch müssen die Poké-Fans zwar weniger suchen und rumlaufen, aber gleichzeitig sparen sie damit viel Zeit, die sie sonst in der Poké-Welt mit den Scharen von Taubsis und Rattfratzes vergeuden würden. Um Hanke zu zitieren, „verderben sie sich so einiges an Spielspaß." An anderer Stelle im Interview nutzte er bezogen auf die GPS-Karten-Maps auch Begriffe wie „Betrug" und „Manipulation".

Seit der Veröffentlichung von Pokémon Go ist kaum ein Tag vergangen, an dem Spieler nicht versucht haben, die App beispielsweise mit manipulierten GPS-Koordinaten auszutricksen, damit sie sich als erste alle Pokémon schnappen können. Eine Gruppe Redditor hat sogar herausgefunden, wie sie sich einfach auf Google Maps alle Pokémon in der Umgebung anzeigen lassen können. Dieser Sommer des riesigen Poké-Hypes war einer der seltenen Augenblicke, in denen Programmierer und die Öffentlichkeit Hand in Hand zusammengearbeitet haben, und es ist nicht ausgeschlossen, dass so manch ein Spieler dadurch seine Leidenschaft fürs Programmieren entdeckt hat.

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Wenn wir ehrlich sind, dann hat John Hanke mit seiner Behauptung, dass all diese GPS-Hilfsmittel Betrug seien, durchaus recht. Andererseits haben die Apps aber auch Abhilfe für ein Feature des Spiels geschafft, das zwar immer Teil des Games war, aber nie so richtig funktioniert hat—bis vor dem neuesten Update (jetzt wurde die Funktion komplett deaktiviert) sollte nämlich eigentlich je nachdem, wie weit man noch von einem Pokémon entfernt war, eine entsprechende Anzeige erscheinen. Tatsächlich wurde aufgrund eines Bugs fast immer der selbe Wert angezeigt—was das eigentlich wichtige Feature ziemlich nutzlos machte. Mit den Tracking-Seiten konnte man also zumindest diese Funktionslücken überbrücken.

Hankes Meinung trifft in der langsam schrumpfenden Pokémon Go-Fangemeinde nicht überall auf Verständnis. Der Spieler Jase Balridge zum Beispiel hat gestern Nachmittag getweetet, dass Pokémon Go auf solche Hilfsmittel angewiesen sei, da „man sonst viel zu selten auf Nester trifft und sie oft an Orten gelegen sind, die ohne Tracking kaum aufzufinden wären." Und der Entwickler der Pokevision-Karte, Yangcheng Liu, kommentierte Niantics Vorgehen mit dem folgenden Tweet: „You don't invent Marco Polo, get 80M players to join, then remove the Polo part and expect people to keep playing."

Auch der Pokémon Go-Subreddit hat natürlich schon seinen eigenen „Rage Megathread", in dem die Leute ihrer Frustration über Niantics Entscheidung mit wortgewandten Aussagen Ausdruck verleihen („IMMERHIN KANN MAN 10 POKÉBÄLLE FÜR EINEN SCHEISS 10KP-TAUBSI VERSCHWENDEN, SOBALD MAN ÜBER LEVEL 20 IST. MACHT DAS NICHT SPASS???").

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Niantic steht aber noch eine wesentlich unangenehmere Hiobsbotschaft ins Haus: Scheinbar gibt es einige Spieler, die nun eine

volle Rückerstattung von iTunes einfordern

, da die App nun „anders als erwartet funktioniert." Ein weiterer Redditor behauptet, dass diese Forderung auch beim Apple-Support bereits für glühende Telefonleitungen sorgt:

Sollte Niantic also trotz der wachsenden Unzufriedenheit der Spieler bei seiner Entscheidung bleiben, müsst ihr ab jetzt wohl wieder etwas mehr Zeit und Geduld für die Jagd nach den kleinen Tierchen mitbringen, wenn ihr sie euch alle schnappen wollt.