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Mit einem neuen Foto-Feature wird Tinder zum sozialen Netzwerk

Gestern hat Tinder begonnen ein Update mit neuer Foto-Sharing-Möglichkeit freizuschalten. Dick-Pic’s dürften eine unvermeidliche, aber nicht erlaubte Folge sein.
Die neuen Büros von Tinder. Bild: Tinder
Die neuen Büros von Tinder. Bild: Tinder

Tinder wartet seit gestern mit einem bedeutenden Update auf: Die App für das schnelle Matching führt nach und nach sein neues Feature mit dem romantischen Namen „Moments" ein, mit dem du auf neue Weise Fotos teilen kannst. Wenn alles glatt läuft, dann könnte uns ein interessanter Sommer bevorstehen: Der Sommer in dem die extrem populäre Dating-App zu einem extrem populären sozialen Netzwerk wird.

Die genauen Nutzerzahlen von Tinder sind zwar ein Geheimnis, aber momentan wird die App von mehr als 100.000 Usern pro Tag heruntergeladen. Justin Mateen, Jonathan Baden und Sean Rad sind die Entwickler der App und sie erzählten mir stolz, dass Tinder kurz davor stehe, die magische Marke von zwei Milliarden „Matches" zu überschreiten. Das könnte damit zu tun haben, dass mehr als 81 Prozent der Nutzer im bindungsflexiblen Alter zwischen 18 und 34 Jahren sind.

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„Viele unserer Early Adopter haben hunderte Matches", erzählte mir Mateen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass er recht hat. Genauso wie viele meiner Freunde habe auch ich mehr als 1000 Matches, einfach nur dank des gedankenlosen nach rechts wischen auf meinem Smartphone-Screen (Die Geste ist in Tinder-Sprache das Äquivalent zur Bestätigung irgendeiner Form von Zuneigung oder Interesse): „Anstatt einfach nur zu chatten, können die Nutzer jetzt Fotos übertragen und teilen, um sich besser kennen zu lernen."

Mit einer ganzen Bandbreite an Filtern, Texten und Zeichenwerkzeugen wird Tinder seinen Nutzern ermöglichen, ihre wunderschönen Bilder mit all ihren Matches gleichzeitig zu teilen.

Diese Moments tauchen dann oben in deinem Match- und Chat-Menü auf, wo du dir als Nutzer all die Moments deiner virtuellen Flirts anschauen kannst. Und wie es sich für ein gutes Soziales Netzwerk mit Suchtfaktor gehört, werden die Daten davon, wer deine Moments geliked hat, aufgezeichnet und können jederzeit aufgerufen werden, wenn du einen spezifischen Foto-Link anklickst.

In Anlehnung an Snapchat verfällt die Möglichkeit, die Bilder deiner Matches anzuschauen nach einem Tag—was wiederum die Dringlichkeit die Foto-Updates zu checken drastisch erhöht. Sollte jemand deinen „Moment" liken, dann wirst du netterweise darüber informiert und kannst einen Chat mit der Person beginnen. Du kannst auch bestimmte Moments stummschalten, denn das Feature schreit förmlich danach, missbraucht zu werden—ständiger Spam oder unnötige, unausstehliche und unvorteilhafte Bilder.

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Und ja: Schwanz Bilder werden wir wohl unvermeidlich zu sehen bekommen.

„Ich werde sofort eines posten, wenn ich das Update habe", sagte ich zu Mateen am Telefon. Er lachte kurz auf, nur um mich dann daran zu erinnern, dass unter dem Bild meine Name stehen würde und mit meinem Profil verbunden wäre zu dem (theoretisch) auch ein Bild meines Gesichts gehört. „Dein Profil wird gemeldet und geblockt", erklärten mir Mateen und Rad außerdem später in einer E-Mail als ich sie ernsthafter nach den Konsequenzen fragte. Selbstverständlich sind die Macher der App vorbereitet: „Deine Matches werden deinen Account melden („flaggen"), so dass er von unserem Moderatoren-Team überprüft wird, was möglicherweise auch zur Löschung des Accounts führen kann."

Tinder scheint der perfekte Ort zu sein, um deiner narzisstischen Ader—wohltrainiert durch deinen Instagram-Account—freien Lauf zu lassen. Du gibst jetzt einfach nur noch direkt vor einem Publikum an, dass sich (per Smartphone-Wischer) bereit erklärt hat, einen kleinen Text-Kommentar von dir zu akzeptieren, da scheint ein angeberisches Sixpack-Foto hier richtig aufgehoben zu sein.

Tinder hat schon längst einige Nutzer von anderen Seiten wie OkCupid, Match.com und all den vergleichsweise biederen E-Darlings der Dating-Welt weggelockt—vor allem aufgrund seiner Einfachheit und der eingebauten Gamification. Der charakteristische Wischer ist längst im Kanon der allgemeinen Smart Phone-Kommunikation aufgenommen worden.

Das neue Feature könnte vor allem die bisher weniger enthusiastischen Nutzer tiefer in die Tinder-Welt locken. Manche meiner Freunde zum Beispiel nutzten die App bisher nur, um sich über Online-Dating lustig zu machen und es als absurd zu brandmarken. Andere halten sich fern davon, Tinder jemals zu benutzen, um Menschen im echten Leben zu treffen und klicken nur für einen Ego-Schub auf der Plattform herum. Manche lassen einfach jeden und jede und alles was sie sehen in ihre Tinder-Welt und haben so gerne einmal mehr als 1000 Rezipienten am anderen Ende der Leitung.

„Was wird das überholte Feature zerstören?" fragte ich die Entwickler.

Mateen hatte eine schnelle Antwort parat: „Hoffentlich die blöden Anmachsprüche. Du wirst sie nicht mehr brauchen, denn wir geben dir etwas worüber du sprechen kannst."