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Wenn sogar schon Uwe Hünemeier nach England wechselt...

...dann steht uns die Fußballerische Apokalypse also bevor. Vielleicht machen wir aber auch alles richtig, wenn die Engländer schon Paderborner bestellen müssen.
Foto: Imago

Uwe Hünemeier wirkt grundsolide. Vielen würde dieses Kompliment nicht als solches schmeicheln, dem Kapitän vom SC Paderborn müsste dabei das Herz aufgehen. Hünemeier kommt aus Bokel bei Rietberg bei Gütersloh bei Bielefeld. Er heißt Uwe, dabei ist er keine 30. Ohne ihn auch nur eine Minute spielen gesehen zu haben, konnte man sicher sein, dass Hünemeier ein stabiler Innenverteidiger und vorbildhafter Kapitän für die Paderborner in der letzten Saison sein würde. Und natürlich war er das auch, „Hüne" absolvierte 32 Spiele, mit einer durchschnittlichen Kicker-Benotung von 3,41 was den 26. Platz unter allen Verteidigern macht. Grundsolide halt.

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Hünemeier ist ein kompromissloser Verteidiger, der nicht der schnellste ist, aber weiß, wie er die Pille aus dem eigenen Strafraum befördert.

Vom FC Gütersloh wechselte er in die Jugend von Dortmund und über Cottbus, wo er zum Publikumsliebling avancierte, schließlich zurück nach Ostwestfalen zum SC Paderborn, wo er nach nur einem glorreichen Zweitligajahr die Kapitänsbinde tragen durfte. Oder vielmehr musste.

Hünemeier wirkt nicht, als ob er nach Gloria strebt. Den einzigen Ausflug in die Welt des Humors hatte er mit diesem Video:

Die Nachricht ist richtig: Paderborner ist der größte Rotz, was uns hier auf 240 Pixeln klar gemacht wird. Das Video sieht hart nach 2008 aus und ist weit entfernt von der Traumvorstellung HD, aber für den Kanal Paderborn Meine Stadt macht ein Kapitän das halt mal. Der Hüne und die Provinz—das scheint zu passen.

Umso unfassbarer war die Nachricht gestern, dass Hünemeier für 2,7 Millionen Euro zum englischen Zweitligisten Brighton & Hove Albion wechseln würde.

Dort soll er das Dreifache verdienen, etwa eine Millionen Euro pro Saison. Das Ungeheuerliche: Hünemeier hatte explizit um diesen Wechsel gebeten. Nicht mal auf den Hünemeier kann man sich verlassen… Natürlich leuchtet es sofort ein, dass er mit 29 nochmal die Möglichkeit ergreifen will, einen solchen Vertrag zu unterschreiben. Trotzdem hat mich dieser Wechsel ziemlich verblüfft.

Schließlich wurde uns überall versichert, dass es trotz des neuen gigantischen TV-Vertrags in der Premier League keinen Ausverkauf des deutschen Fußballs geben würde. Zu attraktiv sei doch die Bundesliga. Als Argumente wurden aufgeführt, dass Spieler lieber in einem vollen Stadion mit Stimmung spielen wollen. Außerdem macht es für einen Starkeinen Sinn, zu einem Durchschnittsteam zu wechseln, weil man dann ja eh nicht international spielen würde. Erklär das mal einem Valon Behrami, der vom HSV zum FC Watford ging. Dem ist ein volles Volksparkstadion sowas von egal.

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Letzten Endes beruht die Annahme darauf, dass Leidenschaft attraktiv genug ist. Fans und Verantwortliche brennen für ihre Vereine, doch Spieler können sich das einfach nicht leisten. Am Ende müssen auch sie sehen, wo sie bleiben, und wer würde bitte das Dreifache seines bisherigen Vertrags ausschlagen?

Selbst ein Hünemeier, der bei Paderborn ein absolutes Vorbild war und zu 100 Prozent zu der Stadt und dem Verein gepasst hat, wollte gehen. Und er wird nicht die einzige Identifikationsfigur bleiben, die nach England wechseln wird. In der Premier League suchen sie eben jene soliden und gut ausgebildeten Spieler, die mit der Härte auf der Insel umgehen und voran schreiten können. Solche Spieler haben wir zur Genüge. Und diese Entwicklung wird weiter gehen.

Das Bemerkenswerte: Brighton ist ein Zweitligist, der letzte Saison 20. wurde und damit noch nicht einmal abgestiegen ist. Trotzdem kann er sich einen Verteidiger für 2,7 Millionen Euro leisten und ihm eine Millionen Euro Gehalt zahlen.

Was bedeutet das also? Dass wir uns wohl oder übel in keinen Spieler zu sehr vergucken sollten, schließlich wird er ja eh irgendwann nach England gehen. Die Beziehung zwischen Fan und Spieler könnte sich also noch mehr distanzieren, als es jetzt schon der Fall ist. Das bedeutet aber auch, dass wir noch mehr auf die Jugend setzen müssen, was in keiner Sportart jemals schlecht gewesen ist. Davon wird zumindest die Nationalmannschaft profitieren und die Vereine sowieso, die mit ihren ausgebildeten Spielern ein gutes Geschäft machen werden. Exportweltmeister im Fußball als Titel wäre auch nicht so schlecht.

Wenn die Engländer sogar Paderborner bestellen, dann wurde hierzulande sicherlich was richtig gemacht. Ist eben immer noch besser als die Plörre, die die da drüben trinken.