FYI.

This story is over 5 years old.

Tee

Für guten Tee muss man nicht in die Ferne schweifen

Als Meister des Craft Tees wird Steve Schwartz für seine eigenen Teemischungen zum Jäger und Sammler. Er zeigt uns, mit welchen Pflanzen man selbst köstliche Tees herstellen kann.
Photos courtesy of Diana Hossfield

Viele Leute verbinden Tee unweigerlich mit der weiten Fremde, mit Ländern wie China, Japan oder Marokko. Allerdings kann man auch zu Hause, wo auch immer man lebt, sein eigenes modernes Teeritual zelebrieren. Im eigenen Garten, in der eigenen Nachbarschaft, überall gibt es Pflanzen, die einen besonderen Geschmack oder eine besondere Heilwirkung haben.

Laut Statistiken ist Pflanzenmedizin für 80 Prozent der Weltbevölkerung, vor allem in Asien und Afrika, die primäre Behandlungsmethode. Man muss einfach nur lernen, seine Umgebung zu verstehen: Die Natur ist ein einziger großer Supermarkt, egal wo man wohnt.

Anzeige

REZEPT: Grapefruit-Salbei-Smash

Earl Grey zum Beispiel: Dieser Tee erhält seine wichtigsten Geschmacksnoten durch Zitronenschalen. Ich lebe in Kalifornien und hier wachsen überall Meyer-Zitronen,die eignen sich perfekt. Dafür macht man einfach die Schale ab, lässt sie für zwei Tage an der Luft trocknen und mischt sie dann mit schwarzem Tee. Zitronen sind natürlich auch in der Erkältungszeit super: Ein Zitronentee mit ein wenig Zitronengras und Minze macht die Atemwege schön frei.

Natural History Museum Art of Tea event (2)

Salbei—wächst in jedem Kräutergarten und auch hier in Kalifornien in Hülle und Fülle. Daraus kann man einen richtig schönen Kräutertee machen. Streng genommen ist das natürlich kein Tee, weil keine Teeblätter drin sind. Aber wir nennen es trotzdem so, auch wenn es nach dem Lebensmittelrecht nur ein teeähnliches Erzeugnis, also ein heißes Aufgussgetränk aus Pflanzenteilen (nicht der Teepflanze) ist.

ARTIKEL: So schmeckt Tee für 1.000 Euro

Bei den eigenen Kräuterteemischungen achte ich grob auf drei Aspekte: Aussehen, Geist und Tiefe. Die Herstellung von Teemischungen ist gleichzeitig Kunst und Wissenschaft. Bei Art of Tea stelle ich als Teemeister Craft Tee für die besten Restaurants in Los Angeles her. Die Starköche dieser Restaurants achten selbst ja auch streng auf ihre Karte und gestalten sie mit viel Stolz und Hingabe. Das Gleiche mache ich mit den Tees, die ich exklusiv für sie mische.

Ich schaue mir zuerst an, wo das Restaurant liegt und wie die Karte aussieht. Für das Café The Getty Villa in Malibu habe ich mich für Schopf-Lavendel entschieden und diesen mit vollmundigem, leicht rauchigem schwarzen Tee aus Indien kombiniert: Aromen, die auch perfekt zur Küstenregion Kaliforniens passen. Solche Details meine ich, wenn ich sage, dass man seine Umgebung verstehen muss.

Anzeige

Und ich wollte wirklich alles verstehen. Also habe ich eine Zeit lang an einem Tag der Woche gefastet und nur eine Pflanze gegessen, um ihren Geschmack und ihre medizinische Wirkung richtig zu verstehen. Das hat meine Sinne total belebt und war eine tolle Erfahrung. Ich habe mich vorher natürlich über jede Pflanze informiert. Macht das nicht nach, es sei denn, ihr seid genauso von Tee besessen wie ich.

Natural History Museum Art of Tea event (3)

Im Natural History Museum von Los Angeles leite ich ab und zu auch Workshops, in denen man lernen kann, wie man Kräuter für eigene Teemischungen sammelt. Mit der Schale von rosa Pfeffer, der ja in Kalifornien an jeder Ecke wächst, lassen sich auch tolle Tees machen. Das Öl in den Schalen ist wie ein natürlicher Süßstoff. Rosa Pfeffer bringt außerdem ein nettes Sümmchen ein.

Man muss aber nicht in Südkalifornien leben, um eigene Kräutertees zu machen: Minze und Schafgarbe wachsen fast überall. Diese beiden Pflanzen haben einen so vollen Geschmack und passen wunderbar zusammen.

Ich komme ursprünglich aus dem Ayurveda-Bereich und habe vieles nur durch praktisches Experimentieren gelernt. Das heißt, dass man auch mal daneben greift und nur durch Herumprobieren zum Ziel kommt. Das Sammeln und Mischen von Kräutertees ist etwas sehr Natürliches, ein Prozess, bei dem man mit der Natur verbunden ist. Wenn du sowas magst,dann ist es richtig toll, am Ende die ideale Pflanze für den Tee zu finden. Es ist eine Entdeckungsreise.

Dabei brauchst du aber jemanden, der weiß, welche Pflanzen nicht mit Pestiziden oder Insektiziden gespritzt wurden. Ein erster Anfang sind Pflanzensammler-Gruppen, bei denen man Erfahrungen austauschen kann. Die gibt es überall, man muss sie nur suchen. Am besten lernt man, denke ich, durch Überlieferung, Austausch und Erzählen. Selbst wenn man nur ein bisschen lernt, jeden Tag wird man besser, wie beim Fahrradfahren.

Aufgezeichnet von Javier Cabral