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Alkohol

Die französische Regierung findet Saufen gar nicht „formidable"

Ein neuer Gesetzesentwurf in Frankreich will Anstiftern von Saufgelagen an den Kragen. Und dein T-Shirt mit dem Trinkspruch wirst du bald nicht mehr tragen dürfen.
Hilary Pollack
Los Angeles, US
Photo via Flickr user ncindc

Wie kannst du einem amerikanischen Teenager den Rest seiner Jugend versauen? Indem du als Eltern beschließt, mit ihm im schönen Frankreich Urlaub zu machen. Dort wird er dann mit großen Augen feststellen, dass viel lockere Altersbeschränkungen im Bezug auf Alkohol vorherrschen als in seiner von puritanischer Strenge geprägten Heimat. An den Nebentischen sieht er dann Gleichaltrige, die mit einer Selbstverständlichkeit, und ganz nonchalant, ein Glas Rotwein bestellen.

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Doch dieses verharmlosende Bild wird von den Franzosen selbst nicht (länger) geteilt. Aus diesem Grund haben sie 2009 das gesetzliche Mindestalter für den Kauf von alkoholischen Getränken von 16 auf 18 Jahre erhöht und darüber hinaus den Rund-um-die-Uhr-Verkauf von Alkohol an Tankstellen verboten. Zudem wurde im letzten Jahr ein Gesetz verabschiedet, das die Mitnahme von Alkoholtestern in Privatfahrzeugen vorschreibt (obwohl vorerst doch keine Bußgelder verhängt werden, wenn du dein Pusteröhrchen zu Hause vergessen haben solltest).

Und aktuell liegt ein Gesetzesentwurf auf dem Tisch, mit dessen Hilfe es Anstiftern von Saufgelagen an den Kragen gehen soll—etwa durch Verhängung von saftigen Geldstrafen und—in schwerwiegenden Fällen—von Gefängnisstrafen. Doch was Anstiftung genau bedeutet, muss noch geklärt werden. Gut möglich, dass der Begriff sehr weit ausgelegt wird. Was für Spaßbremsen, diese Gallier.

Denn scheinbar soll nicht nur gegen Organisatoren von Suffpartys vorgegangen werden. Von dem Gesetz betroffen könnten ebenso Firmen sein, die Produkte herstellen, die—in welcher Form auch immer—das Konsumieren von Alkohol „verherrlichen". Somit könnten also auch T-Shirts mit kecken Alkoholwitzen und Handyhüllen mit Bier-Logos in das Visier der nüchternen Anti-Alkohol-Kampagne geraten. Die französische Gesundheitsministerin Marisol Touraine hat gegenüber einem französischen Radiosender erklärt: „Wir wollen den Verkauf von Produkten verbieten, die Alkohol und dessen Konsum in ein tolles Licht rücken."

Einer der möglichen Gründe für das Einschreiten der französischen Regierung besteht in der rasanten Zunahme an immer ausufernderen bizutages—also Aufnahmezeremonien für Erstsemestler, bei denen Komasaufen an der Tagesordnung steht. In den letzten drei Jahren sind Krankenhausaufenthalte im Zusammenhang mit Alkoholexzessen um 30 Prozent gestiegen. Professor Michel Reynaud, ein Pariser Experte für Suchterkrankungen, hat in einem alarmierenden Bericht darauf aufmerksam gemacht, dass sich vor allem junge Frauen immer häufiger hemmungslos betrinken, um ihre Freunde und vor allem Freundinnen zu überbieten und auf diese Weise an Ansehen innerhalb ihres Rudels zu gewinnen.

Die neue Generation an französischen Jugendlichen (und sprechen wir es endlich mal aus, auch in Deutschland ist die Lage nicht viel anders) stellt eine neue Gattung Feierbiest dar, die das Wochenende in vielen Fällen mit Flatrate-Partys und Komasaufen verbindet und damit bei den eigenen Eltern auf reichlich Unverständnis stößt. Doch auch wenn das Gesetz von der französischen Nationalversammlung verabschiedet werden sollte, ist unklar, inwieweit es auch wirklich umgesetzt werden kann. Auf jeden Fall sollte die Regierung nicht mit einer allzu großen Kooperationsbereitschaft vonseiten der Jugendlichen rechnen. Denn die haben, qua ihres Alters, kaum Verantwortung zu tragen, weswegen auch ein regelmäßiger Kater keine ernsthaften Konsequenzen für ihren Alltag nach sich zieht.

In den USA und Großbritannien sind Saufgelage bei Jugendlichen schon seit vielen Jahren zu beobachten und genau dieses Phänomen scheint jetzt auch in Frankreich angekommen zu sein. Das ist natürlich nichts Gutes, doch es bedarf wohl mehr—Stichwort: Aufklärung!—als eines Rund-um-Verbots (das auch vor T-Shirts mit lustigen Trinksprüchen nicht Halt macht), um Heranwachsenden Alkohol weniger schmackhaft zu machen.

Oberes Foto: NCinDC | Flickr | CC BY 2.0