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Restaurant Confessionals

Ich habe Trinkgeld in Form von Gold, Koks und Eheringen bekommen

Als Barkeeperin in New Orleans habe ich einen Goldgräber aus Alaska, der mich in Gold bezahlte, eine zu großzügige Koksnase und ein Swinger-Paar, das mich heiraten wollte, getroffen. Wenigstens haben sie alle Trinkgeld dagelassen.
Foto von jsjgeology via Flickr

Willkommen zurück zu den Restaurant Confessionals, wo wir den Leuten aus der Gastronomie eine Stimme geben, die ansonsten viel zu selten zu Wort kommen. Hier erfährst du, was sich hinter den Kulissen in deinen Lieblingsrestaurants so alles abspielt. Dieses Mal haben wir uns mit einer 24-jährigen Barkeeperin in New Orleans über Trinkgeld unterhalten.

Wie viel Trinkgeld man bekommt, hängt immer ein bisschen von der Art der Bar und der Art der Kunden, die diese besuchen, ab. In einem ruhigen Lokal, in dem ich einmal gearbeitet habe, kostete ein Bier 3,75 Dollar und die Leute rundeten meistens auf vier auf. In der Bar danach war es ein bisschen besser. Damals dachte ich mir immer: „Yeah! Ich habe gerade einen Dollar Trinkgeld für ein Bier bekommen—cool!"

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Jetzt, da ich im französischen Viertel in New Orleans arbeite, habe ich gelernt, dass Leute auch gutes Trinkgeld geben können und manchmal bekommt man absurd hohe Beträge aus keinem ersichtlichen Grund. Auf eine 100 Dollar Rechnung habe ich schon mal 50 Dollar bekommen, oder sogar 100. Die Tatsache, dass New Orleans eine Stadt ist, in der Bars eine wichtige Rolle spielen, hat meiner Meinung nach auch damit zu tun.

Vor ein paar Monaten kam ein etwa 60-jähriger Mann mit großem Bart und Overall in die Bar und sah irgendwie traurig aus. Ich unterhielt mich mit ihm und er erzählte mir, dass sich seine Frau gerade von ihm scheiden lassen hatte. Er war Goldgräber in Alaska und seine Frau lebte in New Orleans. Sie hatte ihn aber betrogen und er war noch einmal hierher gekommen, um die Dinge mit ihr zu klären und seinen Kopf freizubekommen. Sein letztes Geld hatte er für diese Reise verbraucht und alle seine Bankkonten waren gesperrt. Er war pleite und ein paar Stunden später ging sein Flug nach Hause. Ich hatte so viel Mitleid mit ihm, dass ich ihm ein paar Runden spendierte.

Dann holte er Säckchen mit Goldklumpen aus der Tasche und verteilte sie auf der Bar. „Ich muss nie wieder arbeiten! Die Schlampe hat sich gerade zum richtigen Zeitpunkt von mir scheiden lassen, sie bekommt nichts davon!"

Vor drei Wochen kam er in die Bar zurück, stürmte durch die Tür und fragte mich: „Kannst du dich an mich erinnern?" Dann erzählte er mir: „Ich habe einen Volltreffer gelandet! Volltreffer!" Ich dachte mir nur, ‚Von was zur Hölle redet dieser Typ?'. Dann holte er Säckchen mit Goldklumpen aus der Tasche und verteilte sie auf der Bar. „Ich muss nie wieder arbeiten! Die Schlampe hat sich gerade zum richtigen Zeitpunkt von mir scheiden lassen, sie bekommt nichts davon!"

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Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm glauben sollte, weil es in New Orleans so viele Obdachlose und Verrückte gibt. Es kommen ständig Leute herein und zeigen mir irgendwelche Gegenstände, die scheinbar so und so viel wert sind, und die sie gegen Getränke tauschen wollen.

Der Typ bestellte zwei Whisky-Cola, was 12 Dollar kostete. Als er ging, gab er mir 100 Dollar Trinkgeld—was schon witzig war, wenn man bedenkt, dass er bei seinem ersten Besuch nicht einmal seine eigenen Getränke bezahlen konnte. Irgendetwas hatte sich auf jeden Fall verändert. Dann nahm er eins der Säckchen mit den Goldklumpen heraus und sagte zu mir: „Hier, ich schenk dir das!" Manche waren sauber, andere waren noch dreckig. Er sagte, er wollte es mir gerne geben, weil ich beim ersten Mal so nett zu ihm war. „Ich habe eine schwierige Zeit durchgemacht und die hast mir geholfen. Hier, das ist 300 oder 400 Dollar wert—nimm es!"

Ich habe das Säckchen immer noch und habe keine Ahnung, was ich damit machen soll. Verpfänden muss ich es auch nicht, ich habe ja mein eigenes Geld.

Ein anderes Mal gab mir ein Typ ein Säckchen Koks als Trinkgeld. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Außer dem Security war ich an diesem Abend alleine in der Bar. Der Kunde sagte immer wieder: „Heute gehen wir dermaßen ab!" Und ich so: „Das ist toll." Dann fragte er mich: „Gehst du auch ab?" Ich hatte keine Ahnung, wovon er redete, also sagte ich einfach: „Mein Leben geht immer ab!"

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Unser Security hatte den Typ schon die ganze Zeit im Auge und sah, wie er mir die Drogen zusteckte. Ich bekam Panik und dachte mir nur, Ach du Scheiße.

Im Laufe des Abends wurde mir dann klar, um was es die ganze Zeit ging. Weil ich gesagt hatte, mein Leben gehe immer ab, verstand er das als Hinweis darauf, dass ich auch high auf Koks war. Am Ende des Abends gab er mir ein recht großzügiges Trinkgeld. Als er mir dann die unterschriebene Rechnung zurück über den Tresen schob, schob er mir heimlich unter seiner Hand ein Säckchen Koks.

Unser Security hatte den Typ schon die ganze Zeit im Auge und sah, wie er mir die Drogen zusteckte. Ich bekam Panik und dachte mir nur, Ach du Scheiße. Der Security und ich schauten uns sofort in die Augen und weil andere Kunden am Bartresen saßen, wollte ich keine große Sache daraus machen. Wir haben überall Kameras und ich wusste, dass ich potentiell Probleme bekommen könnte, deshalb wollte ich keine große Szene daraus machen. Der Security kam auf mich zu und sagte zu mir, dass ich richtig Ärger kriegen könnte, aber ich sagte entschieden, dass ich nichts Falsches getan hätte. Ich würde jederzeit einen Drogentest machen, weil ich weiß, dass ich clean bin.

Ich wusste nicht, was ich mit dem Koks anfangen sollte, also ließ ich es einfach hinter der Kasse. Am Ende des Abend tat der Security so, als wäre er sehr müde und sagte: „Ich muss morgen so früh raus. Macht es dir was aus, wenn ich das Koks mitnehme?" Ich konnte es nicht fassen, dass er mir gerade noch gesagt hatte, dass ich rausgeschmissen werden könnte, weil ich das Säckchen angenommen hatte und jetzt fragte er allen ernstes, ob er es haben könnte?

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Ein anderes Mal, vor zwei Monaten, kam ein Paar und saß sich an die Bar. Ziemlich schnell wurde mir klar, dass sie Swinger waren. Die beiden saßen den ganzen Abend da und die Frau schaute mich immer wieder mit einem komischen, intensiven Blick an. Das war mir ein bisschen unangenehm, aber ich versuchte, es zu ignorieren und wir unterhielten uns recht viel.

Dann nahm die Frau ihren Ehering ab, steckte ihn auf meinen Finger und sagte zu mir: „Wir meinen das völlig ernst. Wir haben Geld. Wir wollen uns um dich kümmern. Wir lieben dich so sehr."

Am Ende des Abends sagte sie: „Bitte, kündige einfach diesen Job und komm mit uns nach Hause. Du musst nicht hier sein und hinter der Bar arbeiten. Du kannst mit uns nach Hause kommen und bei uns wohnen. Wir zahlen alle deine Rechnungen und kümmern uns um dich."

Ich spielte die Sache einfach runter und sagte: „Nein, danke. Mir geht's ganz gut." Ich meine, ich habe eine Eigentumswohnung an einem See, mir geht's wirklich gut.

Der Mann sagte gar nicht viel dazu, aber die Frau bestand einfach darauf, dass ich zu ihnen ziehe und meinte das alles sehr ernst. Ich blieb freundlich und sagte ihnen, sie sollen aufhören, Scherze zu machen, aber eigentlich wollte ich, dass sie aufhören, solche Sachen zu sagen. Dann nahm die Frau ihren Ehering ab, steckte ihn auf meinen Finger und sagte zu mir: „Wir meinen das völlig ernst. Wir haben Geld. Wir wollen uns um dich kümmern. Wir lieben dich so sehr. Wir gehen jetzt, aber damit du weißt, wie ernst wie es meinen, möchte ich, dass du den Ring behältst."

Ich rief: „Nein, nein, nein! Bitte, nehmt ihn zurück. Ich will ihn nicht." Aber sie gingen einfach. Ich legte den Ring in einem Umschlag hinter die Bar, für den Fall, dass sie zurückkommen und ihn wieder haben möchten. Sie kamen aber nie mehr zurück und ich hörte auch nie wieder von ihnen. Den Ring habe ich immer noch in meiner Geldtasche, weil ich nicht weiß, was ich damit machen soll. Alle sagen, ich soll ihn verpfänden, aber ein Ehering ist etwas Heiliges. Und ich habe Angst, dass sie doch noch zurückkommen und fragen: „Hey, uns ist gerade eingefallen, dass du noch unseren Ehering hast. Was hast du damit gemacht?"

Ich weiß nicht, wieso mir all diese komischen Dinge passieren. Vielleicht liegt es an meinem Charakter. Wahrscheinlich weil ich die ganze Zeit so gut drauf bin. Ich weiß, dass das bescheuert klingt, aber ich wache jeden Morgen auf und beschließe, dass heute ein toller Tag wird. Ich lasse mir nichts anhaben. Ich werde nie wütend. Ich bin einfach immer gut drauf und möchte, dass die anderen das auch sind.

Aufgezeichnet von Tae Yoon.