Warum die eingetragene Partnerschaft bleiben muss

Ab 2019 können gleichgeschlechtliche Paare in Österreich endlich, endlich, endlich heiraten. Zur Erinnerung: Seit 2010 gibt es mit der eingetragenen Partnerschaft (EP) zwar ein eigenes Rechtsinstitut, allerdings war dieses bislang ausschließlich gleichgeschlechtlichen Paaren vorbehalten – und nicht zuletzt der heterosexuellen Ehe in vielerlei Hinsicht unterlegen. Diskriminierende Abweichungen wurden erst im Laufe der Jahre und auf öffentlichen Druck hin ausgemerzt.

So wurde beispielsweise noch bis vor Kurzem zwischen dem “Familennamen” in der Ehe und dem “Nachnamen” in der EP unterschieden. Auch die Standesämter stehen gleichgeschlechtlichen Paaren erst seit 2017 offen, zuvor musste man für die Eintragung einer Partnerschaft eher unromantisch auf die Bezirksverwaltungsbehörden pilgern. Davon abgesehen führte jeder Familenstand, der in Bewerbungen oder Lebensläufen mit “verpartnert” angegeben wurde, automatisch zum Zwangsouting einer Person – unterm Strich wirkte die Verbindung zwischen zwei Frauen oder zwei Männern also immer wie eine Ehe zweiter Klasse.

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Ende 2017 kam der österreichische Verfassungsgerichtshof dann zum Schluss, die Unterscheidung zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft verletze das Diskriminierungsverbot – die langersehnte Öffnung der Ehe war damit beschlossene Sache. Im Jubel über die historische Entscheidung ging jedoch ein Aspekt unter, der zwar keinen Gleichberechtigungsdurchbruch darstellt, aber dennoch der Rede wert ist: Mit der Ehe für alle kommt voraussichtlich auch die EP für alle. (Damit seid ihr gemeint, Heteros!)

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs bringt also nicht nur gleichgeschlechtliche Paaren ein Stück weiter in Richtung Gleichberechtigung, sie verschafft verschiedengeschlechtlichen Paaren auch eine Zusatz-Option. Denn anders als in Deutschland, wo die Eintragung einer Lebenspartnerschaft seit der Eheöffnung nicht mehr möglich ist, bleiben in Österreich beide Institutionen nebeneinander bestehen – das heißt, solange die Politik nichts anderes beschließt.

FPÖ-Verfassungssprecher Harald Stefan bezeichnete die eingetragene Partnerschaft nach dem Bekanntwerden der Entscheidung als “jetzt dann offenbar sinnlos” – eine Abschaffung der EP sei allerdings keine Priorität der Partei. Auch die NEOS empfinden ein paralleles Existieren von Ehe und EP als “nicht sinnvoll” und fordern stattdessen ein einheitliches, modernisiertes Eherecht.

“Es gibt kürzere Scheidungsfristen, geringere Unterhaltspflichten nach der Scheidung und keine Pflicht zur Treue, sondern zur Vertrauensbeziehung.”

Anwalt Helmut Graupner vom Rechtskomitee Lambda, der maßgeblich an der Durchsetzung der Ehe für alle beteiligt war, spricht sich hingegen für die Beibehaltung der EP aus. Das häufig gebrachte Argument, Ehe und EP seien inzwischen ohnehin nahezu gleichwertig, weist er im Gespräch mit VICE ab: “Die Unterschiede sind nicht nur symbolischer Natur. Es gibt kürzere Scheidungsfristen, geringere Unterhaltspflichten nach der Scheidung und keine Pflicht zur Treue, sondern zur Vertrauensbeziehung. Das ist für viele Paare attraktiver als die engere Bindung der Ehe.”

Vorbild für ein erstes Partnerschaftsmodell der Grünen, das später als eingetragene Partnerschaft realisiert wurde, war übrigens der in Frankreich seit 1999 existierende Zivile Solidaritätspakt PACS – eine unkompliziertere Ehe-Alternative, die darüber hinaus einfacher wieder aufzulösen ist. Ursprünglich für Homosexuelle gedacht, erfreut sich der PACS wegen seiner Simplizität inzwischen auch unter verschiedengeschlechtlichen Paaren großer Beliebtheit. Die eingetragene Partnerschaft: Wie die Ehe, aber mehr casual.

Warum es die eingetragene Partnerschaft in Österreich vorerst weiterhin geben wird, lässt sich einfach mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs erklären. Diese beruft sich auf das Diskriminierungsverbot und hebt somit in erster Linie die existierenden Ausschlüsse auf – sowohl die von der Ehe als auch die von der eingetragenen Partnerschaft. “Der Verfassungsgerichtshof hat beides aufgehoben, weil beide Ausschlüsse Teil des einen Systems der Segregation sind”, so Helmut Graupner gegenüber VICE.

Aber woher weiß ich dann, ob ich – wenn überhaupt – ein Ehe-Typ oder ein Partnerschafts-Typ bin? Wie sollen Paare in Zukunft abwägen, wenn es darum geht, die richtige Institution zu wählen? Laut Helmut Graupner sollte man sich zunächst genau ansehen, welche Rechte und Pflichten sowohl die Ehe als auch die EP mit sich bringen und dann entscheiden, was besser für einen passt. Und diese Rechte und Pflichten unterscheiden sich nun mal in Punkten wie Treuepflicht, Scheidung und Unterhalt.

Am Ende des Tages ist die eingetragene Partnerschaft in ihrer Modernität vielleicht sogar viel besser, mindestens aber zeitgemäßer als das traditionelle Konzept der Ehe – bei der Homosexuellen Initiative Wien bangt man jedenfalls seit Bekanntwerden der Eheöffnung um die EP als Rechtsinstitut. “Ich möchte nicht, dass wir in einem Jahr dastehen und Lesben und Schwulen dann abraten müssen, zu heiraten”, so HOSI-Generalsekretär Kurt Krickler gegenüber dem Standard.

Wenn die EP für alle in Österreich ähnlich gut ankommt wie der PACS in Frankreich (der Solidaritätspakt macht mittlerweile 41 Prozent der gesetzlichen Lebensverbindungen des Landes aus), könnte die Anzahl der Eheschließungen in Österreich schon bald drastisch sinken – und das wäre wiederum nicht im Sinne der konservativen ÖVP, die somit einen Grund hätte, die EP in Österreich abzuschaffen.

Im Zweifelsfall betrachtet man die Ehe aber einfach als eine sehr arge, sehr lange Party – und die eingetragene Partnerschaft ist das Vorglühen. “Aus anderen Ländern wissen wir, dass dort die EP für viele junge verschiedengeschlechtliche Paare als lockereres Zwischenstadium vor der späteren engen Bindung der Ehe sehr populär ist”, so Helmut Graupner gegenüber VICE. “Das Schöne ist, dass alle Paare jetzt die Wahl haben zwischen formloser Lebensgemeinschaft, eingetragener Partnerschaft und der traditionellen Ehe.”

Dass es schön ist, eine Wahl zu haben, scheint in Zeiten wie diesen eigentlich nur logisch. Und dann kann die große Frage auch lauten: “Willst du dich mit mir verpartnern? Und später, wenn’s gut passt, vielleicht heiraten..?”

Franz auf Twitter: @FranzLicht

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