Queer-Partys sind wichtige Safe Spaces für die Mitglieder der LGBTQ-Community. Dort werden sie akzeptiert, nicht ausgegrenzt. Dort werden ihre Wünsche und Neigungen geteilt, nicht stigmatisiert. Dort werden sie gefeiert, nicht nur toleriert. Inzwischen haben aber auch immer mehr heterosexuelle Menschen Queer-Partys für sich entdeckt.
Wenn heterosexuelle Menschen auf Queer-Partys gehen, wirft das zwar die Frage nach kultureller Aneignung auf. Gleichzeitig ist es aber ein Zeichen für den gesellschaftlichen Fortschritt. Wir haben mit mehreren heterosexuellen Menschen darüber gesprochen, warum sie auf Queer-Partys feiern, wie sie zur LGBTQ-Community stehen und in welchem Maße das Ganze ihre Weltsicht verändert hat.
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Mathew Slough, 30: “Das Beste an Queer-Partys: Niemand verurteilt dich”
VICE: Erzähl uns von deiner ersten Queer-Party!
Mathew: Das war 2012, ich war 21. Ein Freund hatte an diesem Abend sein Coming-out. Für ihn überraschend, reagierten wir alle sehr gelassen und entschieden, ins ARQ zu gehen, den größten und bekanntesten Schwulenclub Sydneys.
Das erste, was ich dort sah, war die Tanzfläche voller oberkörperfreier Männer, die eng miteinander tanzten. Es war dunkel, die Nebelmaschine lief auf Hochtouren und Laserlichter durchschnitten die Luft. Aus den Boxen dröhnte Techno, es roch nach Nebel, Schweiß und Alkohol. Unzählige Typen machten leidenschaftlich miteinander rum, was mich erstmal ein bisschen überforderte, weil ich so etwas noch nie erlebt hatte. Ich ging davon aus, von den Männern im Club angemacht zu werden. Aber dann waren alle sehr höflich, ich fühlte mich total wohl. Die Musik gefiel mir, und alle schienen einen gute Zeit zu haben.
Was interessant war: Als ich in der Schlange am Eingang vor dem Türsteher stand, fragte er mich, ob ich wüsste, was für eine Art Club das ARQ ist. Inzwischen muss sich meine Ausstrahlung verändert haben, weil das war das einzige Mal, dass mir so eine Frage gestellt wurde.
Wie unterscheiden sich Queer-Partys von Hetero-Partys?
Das Beste an Queer-Partys: Niemand verurteilt dich, du kannst du selbst sein. Bei Hetero-Partys gibt es zu viel Macho-Gehabe, die Typen wollen dort normalerweise nur die Frauen aufreißen und tough rüberkommen. Die Leute scheinen sich nicht so auf die Musik einzulassen, und es gibt viel Streit. Bei Queer-Partys habe ich noch nie auch nur einen Funken Aggression verspürt. Hier in Sydney gibt es viele Frauen, die in Schwulenclubs gehen, um mal einen Abend nicht ständig von irgendwelchen schmierigen Typen angemacht zu werden. Die meisten Heteros werden mir nicht glauben, aber schwule Männer feiern viel krasser: Sie bleiben länger in den Clubs und tanzen tatsächlich die ganze Nacht.
Fühlst du dich als Hetero bei Queer-Partys willkommen?
Immer. Die Leute dort gehen normalerweise davon aus, dass ich schwul bin. Aber selbst wenn nicht, ist das kein Problem. Wenn du dich bei einer Queer-Party nicht willkommen fühlst, liegt das wahrscheinlich an deiner Ausstrahlung, nicht an deiner sexuellen Orientierung. Ich würde immer eher auf eine Queer-Party als auf eine Hetero-Party gehen.
Annika Monzones, 29: “Eine Queer-Party ist nicht immer gleich eine Sexparty”
VICE: Worin unterscheiden sich Queer-Partys von Hetero-Partys?
Annika: Die Energie und die Atmosphäre sind anders. Bei Queer-Partys machen die Leute, was sie wollen, und verstellen sich nicht. Danach habe ich mein ganzes Leben gesucht, vor allem weil ich in einer streng katholischen Familie aufwuchs und auf eine katholische Schule ging. Ich bekam früher immer Ärger, wenn ich zu sehr ich selbst war. Jetzt weiß ich endlich, wo ich hingehöre. Toll finde ich auch die Outfits und die Musik bei Queer-Partys. Ich glaube, ich habe bei solchen Events noch nie einen unscheinbaren, langweiligen Menschen gesehen.
Wie haben Queer-Partys deine Weltsicht verändert?
Zum einen haben sie die Messlatte fürs Feiern sehr hoch gelegt. Zum anderen haben sie mich aufgeschlossener gemacht und mir geholfen, mich selbst zu finden. Ich habe durch sie mehr Selbstvertrauen gewonnen. Ich sehe viele Dinge jetzt anders – ohne Vorurteile. Dafür werde ich immer dankbar sein.
Gibt es etwas Bestimmtes, das man über Queer-Partys wissen sollte?
Das Wichtigste dort ist, unsere Individualität zu respektieren und zu feiern. Scheiß auf die ganzen dummen Normie-Regeln. Ach ja, eine Queer-Party ist nicht immer gleich eine Sexparty.
Ola Adeogun, 30, und Kevyn Shaira, 25: “Meine Überzeugungen werden in der Queer-Community nicht in Frage gestellt”
VICE: Was sind die Unterschiede zwischen Queer- und Hetero-Partys?
Ola: Bei Queer-Partys fühlt man sich direkt willkommen. Ich glaube, das liegt an dem, was diese Community schon alles durchmachen musste. Queere Menschen werden vielleicht nicht von allen Teilen der Gesellschaft akzeptiert, aber sie vertrauen und unterstützen sich gegenseitig.
Haben Queer-Partys euren Blick auf die Welt verändert?
Kevyn: Das ganze “Ich bin ein Mädchen, du bist ein Junge”-Ding hat mich nie überzeugt. Für mich sind wir schon immer einfach nur Menschen. Deshalb fühle ich mich in der Queer-Community so wohl. Mein Intellekt und meine Überzeugungen werden dort nicht in Frage gestellt, sondern gehört und verstanden. Ich bin so dankbar für diese Momente mit diesen Menschen.
Was muss man über Queer-Partys wissen?
Ola: Durch die Partys und andere Berührungspunkte mit der LGBTQ-Community ist mir klar geworden, wie ich die Gesellschaft langfristig sehen will: voller Liebe. Denn wenn eine Gruppe das im Kleinen hinbekommt, schafft man das auch im großen Maßstab.
Regina Belmonte, 34: “Als Frau fühle ich mich auf Queer-Partys sicher”
VICE: Was unterscheidet Queer-Partys von Hetero-Partys?
Regina: Queer-Partys machen einfach mehr Spaß. Die Musik ist normalerweise besser, und es laufen die verschiedensten Genres, weil sich die Atmosphäre einfach freier und akzeptierender anfühlt. Die Leute dort wollen wirklich tanzen und Spaß haben, während es bei Hetero-Partys immer so wirkt, als ob es den Menschen nur darum geht, gesehen zu werden.
Als Frau fühle ich mich auf Queer-Partys sicher. Ich musste mir dort noch nie Sorgen machen und die Avancen irgendwelcher betrunkener Typen abweisen. Ich kann mich auf der Tanzfläche voll verausgaben, ohne befürchten zu müssen, dass man mich belästigt oder verurteilt. Und ich kann anziehen, was ich will.
Wie haben Queer-Partys deine Lebenseinstellung verändert?
Ich habe das Kollektiv UNKNWN mitbegründet. Wir wollen Partys hier in Manila veranstalten, bei denen man die gleiche Energie, Atmosphäre, Akzeptanz, Inklusivität und Freiheit findet, die wir bei Queer-Partys anderswo auf der Welt gespürt haben. Bei uns sollen die Leute frei sein, Spaß haben und ganz sie selbst sein. Ich glaube, dass wir alle nach zwei Jahren Pandemie wissen, wie wertvoll das ist.
Was ist eine Sache, die man unbedingt über Queer-Partys wissen muss?
Wir Heteros sollten es als Privileg sehen, auf Queer-Partys gehen zu dürfen. Also sei dort respektvoll oder bleib direkt zu Hause.
Mikhail Schemm, 34: “Queer-Partys dauern normalerweise am längsten”
VICE: Wann bist du zum ersten Mal auf eine Queer-Party gegangen?
Mikhail: Das war im Sommer 2005 oder 2006 im Space auf Ibiza. Ich ging mit ein paar Freunden meiner damaligen Freundin dort auf eine Party und wusste anfangs nicht mal, dass es sich um eine queere Veranstaltung handelt. Ich weiß aber noch, wie toll und unbeschwert die Stimmung und die Musik waren.
Was haben dir Queer-Partys über das Leben beigebracht?
Ich weiß jetzt, wie wichtig Offenheit und Zusammenhalt innerhalb einer Community sind – und wie wertvoll eine Subkultur ist, an die alle Involvierten glauben. So entsteht in einer nicht immer perfekten Gesellschaft ein Safe Space für unzählige Menschen mit verschiedenen Hintergründen und sexuellen Orientierungen. So viele schöne Sachen existieren wegen Queer-Partys – egal ob Beziehungen, Kollaborationen oder gemeinsame Erinnerungen.
Welche Unterschiede gibt es zwischen Queer- und Hetero-Partys?
Die Energie bei Queer-Partys ist auf jeden Fall anders. Queer-Partys dauern normalerweise auch am längsten. Die Offenheit der Leute dort – sowohl der Musik als auch den anderen Gästen gegenüber – und der positive Vibe sind Dinge, die bei “normalen” Partys fehlen. Die Leute tanzen, um Spaß zu haben und loszulassen. Und als DJ kann man von Underground-Techno hin zu Kylie Minogue wechseln, ohne das Publikum zu verärgern.