Auch ich habe als Jus-Student mit Trauer den Skandal rund um die Aktionsgemeinschaft Jus verfolgt. Die rechtsextremen Postings, wie etwa über Anne Frank, sind sehr beschämend und verletzten sicher viele jüdische Studenten sowie Juden und NS-Opfer allgemein.
Was in den Medien dabei keine Erwähnung findet, uns als Juristen der Uni Wien aber meiner Ansicht nach durchaus interessieren sollte, ist die Tatsache, dass unter diesen menschenverachtenden, rassistischen Postings auch mehrere islamfeindliche Beiträge zu finden sind. Viele meiner Kollegen, sowie mich als Muslim verletzt es sehr, dass in den Medien und an der Universität zwar rassistische Beiträge gegen Schwarze, Juden und Behinderte – zu Recht – kritisiert werden, die Beiträge gegen Muslime aber niemanden zu interessieren scheinen.
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Wenn politische Funktionäre einer juristischen Fakultät kollektiv rassistische Postings austauschen, haben die Menschen, insbesondere die betroffenen Studenten auch ein Recht darauf, zu erfahren, gegen wen diese Postings gerichtet sind. Gerade weil die Funktionäre die betroffenen Studenten auch um ihre Wählerstimmen baten. Auch heute wird noch um ihre Stimmen geworben, da die Plakate der Kandidaten, die ihre Mandate längst niedergelegt haben, nach wie vor in Massen vor dem Juridikum hängen.
In den Postings ist unter anderem ein Mann – sichtlich als Muslim gekleidet – mit der Aufschrift “I am Muslim. I trust you. Do you trust me. Enough for a hug.” zu sehen.
Besonders in der heutigen Situation, in der in Österreich ein tiefer Spalt zwischen links und rechts zu erkennen ist, wird meiner Ansicht nach häufig die Grenze zwischen berechtigter Islamkritik und Islamophopie verwischt.
In den Postings ist unter anderem ein Mann – sichtlich als Muslim gekleidet – mit der Aufschrift “I am Muslim. I trust you. Do you trust me. Enough for a hug.” zu sehen. Anschließend findet sich ein anderes Bild, das einen Anschlag darstellt; genau wie zwei Mädchen mit Kopftuch als Cartoon-Figuren mit der Aufschrift “wanna bomb an airport”.
Aufgedeckt hatte den Skandal ursprünglich der Falter. Ihm wurden auch sämtliche Chats und Postings von einem “Whisteblower” der AG Jus übermittelt. Aber auch hier wurden die offensichtlich islamfeindlichen Posts nur am Rande erwähnt.
Anlässlich der kurz bevorstehenden ÖH-Wahlen – und mit ein bisschen Fantasie auch anlässlich der derzeitigen Krise in der Regierungskoalition – ging es wohl weniger darum, die rassistischen Inhalte vollständig zu veröffentlichen.
Vermutlich sollte der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft ein Bein gestellt werden und vielleicht auch den im nie dagewesenen Rampenlicht stehenden Sebastian Kurz zum Wackeln bringen, der zurzeit immer noch JVP-Obmann ist. Das ist angesichts der veröffentlichten Inhalte nur gerechtfertigt.
Ich bin wütend und traurig, dass man in Österreich offenbar Islamophobie totschweigen muss, um die Menschen bei Antisemitismus auf der richtigen Seite zu haben.
Wären in der Berichterstattung jedoch auch die islamophoben Inhalte aufbereitet worden, hätte das wohl zu sehr vom juden- und behindertenfeindlichen Skandal der AG Jus abgelenkt, bei dem die öffentliche Meinung der Mehrheit sehr klar ist: Man ist empört und findet das Geschriebene verachtenswert.
Etwas anders sieht es da schon aus, wenn aus dem Skandal ein Beitrag in der Islamdebatte wird, die vielleicht zwar nicht unter den Studenten, wohl aber bei der Mehrheit der Bevölkerung weniger Zuspruch erfahren hätte.
Das ist es, was mich stört. Ich bin wütend und traurig, dass man in Österreich offenbar Islamophobie totschweigen muss, um die Menschen bei Antisemitismus auf der richtigen Seite zu haben. Auch wenn ich mich oder die Gesamtheit der Muslime nur ungern in die Opferrolle dränge, wünsche ich mir von den Medien genau wie von der juristischen Fakultät mehr Objektivität, sowie Sensibilität gegenüber meinen muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern.
Ahmed Rahman studiert seit März 2013 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Zurzeit arbeitet er außerdem als Rechtsanwaltsgehilfe.
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Anmerkung:
In einer älteren Version des Gastkommentars wurde behauptet, dass die Falter-Reportage “nirgends” auf die islamfeindlichen Postings eingehe. Die entsprechende Stelle wurde dahingehend geändert, dass die Geschichte diese Postings “nur am Rande” behandle.