Falls dir junge Paare, die sich öffentlich gegenseitig geradezu auffressen, verlogen oder unsicher vorkommen, liegst du damit vielleicht gar nicht mal so falsch. Eine neue Studie hat sich damit beschäftigt, warum junge Leute im Studentenalter ein so performatives sexuelles Verhalten an den Tag legen. Dabei haben die Forscher festgestellt, dass die meisten tatsächlich nur angeben wollen.
Die Studie, die im Journal of Sex Research erschien, befragte Männer und Frauen im Alter von 17 bis 35 Jahren (allerdings lag das Durchschnittsalter der Teilnehmer bei 18 Jahren), um die Beweggründe und die Ziele von Knutscherei außerhalb der eigenen vier Wände zu untersuchen. Die Autoren argumentierten, dass sich die meisten Studien über „performatives Sexualverhalten” primär auf das gleichgeschlechtliche Sexualverhalten von Frauen konzentriert. Zwar identifizierten sich 96 Prozent der Teilnehmer der Studie als heterosexuell, doch die Forscher betrachteten verschiedene Gründe, warum gleichgeschlechtliche und nicht gleichgeschlechtliche Paare öffentlich miteinander rumgemacht haben.
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Von 349 befragten Teilnehmern (155 Frauen und 194 Männer) sagten 37 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen, dass sie oft schon vor der Studienzeit in der Öffentlichkeit rumgemacht haben. (Die Forscher definierten rummachen als „küssen auf den Mund, mit und ohne Zunge, und streicheln von Brust und Gesäß.”) Die Mehrheit der Teilnehmer (davon mehr Männer als Frauen) berichteten, dass sie sich so verhielten, „um ihr Image und ihr Ansehen zu verbessern, indem sie beweisen, dass sie in der Lage sind, mit einer bestimmten Person rumzumachen.” Andere gaben an, dass sie ihre Beziehungen zur Schau stellen wollten, es zum Spaß gemacht haben oder einfach nur versucht haben, jemanden abzuschleppen.
Auf die Frage, warum sie in der Öffentlichkeit rumgemacht haben, antworteten Männer wie Frauen, dass sie ihr Ansehen unter Gleichaltrigen „steigern” wollten. Was sie unter einer solchen Imageförderung verstanden, war allerdings von Geschlecht zu Geschlecht unterschiedlich.
Von den befragten Männern gaben 38 Prozent an, dass sie den Respekt von Gleichaltrigen gewinnen wollten. Einer der Befragten meinte, er wollte „von meinen Bros gesehen werden, damit sie dachten, dass ich auch ein Bro bin … Ich wollte, dass sie mich in einen neuen Stand des Broseins erheben.”
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Von den Frauen versuchten ebenfalls 27 Prozent, den Respekt von Gleichaltrigen zu gewinnen. Allerdings spielte hier auch der Wunsch, die anderen neidisch zu machen, eine Rolle. Eine der Befragten sagte, sie wollte „die Mädchen neidisch machen, um mich selbst besser zu fühlen.” Eine andere meinte, dass sie gehofft hatte, vor ihrem Ex-Freund rummachen zu können, um besonders begehrenswert zu wirken.
Unter den Teilnehmern, die mit einem gleichgeschlechtlichen Partner in der Öffentlichkeit rumgemacht haben, deckten sich die Resultate mit den bereits genannten Ergebnissen der Studie. Die Forscher stellten darüber hinaus auch fest, dass der Wunsch, Männer zu erregen oder zu gefallen, ein häufig genannter Grund war: Sieben von 13 weiblichen Befragten, die mit Frauen in der Öffentlichkeit rumgemacht hatten, gaben an, dass sie versucht hatten, „Männer zu erregen oder zu gefallen.” Unter den Männern, die mit anderen Männern in der Öffentlichkeit rumgemacht hatten, wurde dieser Grund kein einziges Mal genannt.
Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass einige Frauen befürchtet haben, „wie eine Schlampe dazustehen”, nachdem sie in der Öffentlichkeit rumgemacht hatten. Männer machten sich dagegen keine derartigen Gedanken, sondern profitierten vielmehr davon. In einem Beispiel wurde von einem Mann gesprochen, der mit einer Frau rumgemacht hatte, um vor seinen Freunden anzugeben. Doch während er dachte, dass seine Partnerin die Liebe seines Lebens sein könnte, dachten seine Freunde, „dass sie ein Flittchen mit einem großen Hintern war”, erklärte er.
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Laut der Beziehungsexpertin Dr. Nicole Martinez existiert die Sorge, als „Schlampe” bezeichnet zu werden, wenn man seine Zuneigung öffentlich zur Schau stellt, nicht nur unter jungen Menschen. „Frauen—egal welchen Alters—, die sich in der Öffentlichkeit sehr anhänglich zeigen oder die Initiatoren eines solchen Verhaltens sind, werden anders wahrgenommen als Männer, die dasselbe tun.”
Die Studie zeigt allerdings nicht, welche Rolle die sozialen Medien spielen. Dr. Martinez glaubt, dass Paare, die ganz offen die Verliebten spielen, oft einfach nur versuchen, Einfluss darauf zu nehmen, „wie andere ihren Partner wahrnehmen.” Sie sagt: „Ich sage Patienten immer, dass Menschen dazu neigen, in den sozialen Medien immer nur das bestmögliche Bild von sich selbst und ihrer Beziehung zu zeichnen.” Wenn du dich also schlecht fühlst, weil dein Ex Fotos mit seiner neuen Partnerin gepostet hat, auf denen die beiden super glücklich aussehen, nimm es dir nicht so zu Herzen. Genau das wollen sie nämlich.
Titelfoto: Pedro Ribeiro Simões | Flickr | CC BY 2.0