Der frischgebackene Weltmeister Nico Rosberg ist völlig überraschend zurückgetreten. Und sorgt damit nur fünf Tage nach seinem Triumph in Abu Dhabi für den nächsten medialen Paukenschlag. Schon wenige Minuten nach Bekanntwerden seines Rücktritts wurden im Internet Stimmen laut, die meinten, sein Rückzug aus der Formel 1 sei „feige”. Einige finden ihn bzw. seine Entscheidung „scheiße” und „lächerlich”,
… andere glauben jetzt zu wissen, dass er seinen Beruf nie geliebt haben kann:
Videos by VICE
Letztere sind dann aber wahrscheinlich auch solche Menschen, die einmal im Jahr mit ihren Kumpels schlecht Go-Kart fahren und glauben, deswegen in Sachen Rennsport mitreden zu können.
Wir finden, dass wir überhaupt nichts zu finden haben sollten. Und damit nicht genug: Wir können seinen Rücktritt mehr als nachvollziehen. Und das aus guten Gründen.
Weltmeister Rosberg bedankt sich mit Rich-Kid-Video bei seinen Eltern
Zuerst und vor allem ist es verdammt nochmal seine eigene Entscheidung, die uns nichts anzugehen hat. Wir können es ja auch nicht ab, wenn jemand unsere Karriereentscheidungen kommentiert oder sogar in Frage stellt. Mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass Rosberg einen Job ausübt(e), der ihm jeden Tag das Leben kosten könnte. Und das nicht nur auf einer abstrakten, philosophischen Ebene, sondern in der knallharten Realität. Die Angehörigen von María de Villota und Jules Bianchi können davon ein trauriges Lied singen. Denn die Formel 1—wie auch andere Rennsportserien—ist trotz stetig verbesserter Sicherheitsvorkehrungen noch immer ein Spiel mit dem Feuer, das schnell tragisch enden kann.
Dazu kommt, dass Rosberg Familie hat. Zusammen mit seiner Frau Vivian hat Rosberg eine ein Jahr alte Tochter. Und in seiner Facebook-Erklärung wird auch deutlich, dass er vor allem für seine Familie den Formel-1-Helm an den Nagel hängt. Denn die musste in den letzten Jahren viel zurückstecken, vor allem im letzten Jahr, das Rosberg als „extrem anstrengend” erlebt hat.
Wir haben auf viele Dinge verzichtet für das eine große Ziel, alles wurde ihm untergeordnet. Ich kann meiner Frau Vivian nicht genug dafür danken. (…) Sie hat mir darum alles wegorganisiert, und hat mir zwischen den Rennen möglichst viel Raum zur Erholung gegeben. Sie hat z.B. all die Nächte mit unserer kleinen Tochter übernommen. Überall stand die Weltmeisterschaft an erster Stelle in meinem Leben.
Und dann wäre da noch die Tatsache, dass er mit seinem WM-Sieg am Sonntag alles erreicht hat. Stichwort: „Aufhören, wenn’s am schönsten ist.” Klar kann man auch noch auf weitere Titel hinarbeiten, um sich eines Tages zwei- oder dreifacher Formel-1-Weltmeister schimpfen zu können. Doch den wichtigsten Titel hat er auch heute schon: Formel-1-Weltmeister.
Seit 25 Jahren im Rennsport war es immer mein Traum, mein einziges, großes Ziel, Formel 1-Weltmeister zu werden. (…) jetzt ist es soweit, ich habe den Berg erklommen, ich bin an der Spitze angekommen und es fühlt sich richtig an.
Und auch wenn er es nirgends ausspricht, so wagen wir zu spekulieren, dass er auch keinen Bock mehr auf das Theater mit Lewis Hamilton hatte. Natürlich sind auch Teamkollegen am Ende des Tages Konkurrenten, doch das, was zwischen Rosberg und Hamilton abging, war schon lange nicht mehr gesund. Auch wenn es einen bestimmt zu immer neuen Bestleistungen anspornt (wie in dieser Saison, in der Rosberg gleich auf sieben Strecken, wo er nie zuvor erfolgreich war, gewinnen konnte): Auf Dauer muss es einfach verdammt nervig und anstrengend sein, wenn der größte Feind im eigenen Team sitzt.
Wir wünschen Nico Rosberg alles Gute und feiern ihn für seine Entscheidung, als Weltmeister zurückzutreten.