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Warum wechseln so viele Männer nie ihre Bettwäsche?

A single man lying on a bed with unwashed sheets

In meinem Herzen gibt es einen besonderen Platz für Menschen, die beruflich bescheuerte Umfragen erstellen, die meine ganzen Vorurteile über Männer bestätigen. Die neueste: Britische Single-Männer wechseln superselten ihr Bettzeug. Das will jedenfalls die Umfrage eines britischen Herstellers von Bettbezügen ergeben haben. Wie die Daten erhoben wurden, weiß nur das Unternehmen und die von ihm beauftragte Werbeagentur. In der eher nicht so repräsentativen Umfrage unter 2.250 erwachsenen Britinnen und Briten gab fast die Hälfte der alleinstehenden Männer an, ihre Bezüge bis zu vier Monate auf dem Bettzeug zu lassen. 12 Prozent sollen sogar angegeben haben, dass es auch mal länger dauern könne, bis sie ihr Bettwäsche wechseln

Aber ich will fair sein: Menschen, die ihr Bettzeug jede Woche waschen, finde ich auch ein bisschen extrem. Ich habe weder die Zeit noch den Putzfimmel, ständig meine Bettwäsche zu wechseln. Und wenn ich, eine Frau, mit anerzogenem Faible für Haushaltsarbeiten schon keinen Bock darauf habe, was sollen wir dann von Männern erwarten?

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Trotzdem dürfte wohl niemand sagen, dass es ratsam wäre, vier Monate lang in demselben ungewaschenen Bettzeug zu schlafen. Warum zur Hölle machen die das überhaupt?


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Johnny ist 27 und heißt eigentlich anders. Seinen echten Namen möchte er hier nicht nennen, ich vermute aus Scham. Er könne sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal sein Bettzeug gewechselt hat, sagt er. Solange er sein Bett nicht teile, so Johnnys Argumentation, sehe er auch keinen Grund, es besonders sauber zu halten. “Wozu?”, sagt er. “Ich bin der Einzige, der jede Nacht in dieses Bett geht. Was habe ich davon, öfter das Bettzeug zu wechseln?” 

Auch wenn Johnnys Logik à la “es ist mein Dreck, in dem ich liege” schon irgendwie schlüssig klingt, sagt die Sozialwissenschaftlerin Laura Baillie, Dozentin an der The Open University in Großbritannien, dass hier auch ein Symptom einer beliebten TikTok-Diagnose vorliegen könnte: strategische Inkompetenz

“Strategische Inkompetenz meint in der Regel das Verhalten von Männern, die hilflos oder unfähig tun, um weniger im Haushalt machen zu müssen”, sagt Baillie. “Dahinter steht die Idee, dass, wenn man sich extra ungeschickt anstellt, die Partnerin genervt die Aufgabe übernimmt und einen in Zukunft nie wieder darum bittet, sie zu erledigen.” Die Sozialwissenschaftlerin sagt, sie kenne das auch selbst: “Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass sich die Männer, mit denen ich geschlafen habe und die ekliges Bettzeug hatten, immer darauf verlassen haben, dass andere sich um sie kümmern: eine Mutter oder eine Ex-Freundin zum Beispiel.”

Auch wenn strategische Inkompetenz vor allem ein Problem in Beziehungen sei, so bestehe der Inkompetenz-Aspekt bei alleinstehenden Männern fort, sagt Baillie. Angesichts der Umfrage kann man sich auch fragen, ob die männlichen Teilnehmer, die in Beziehungen sind, das Bettzeug wechseln würden, wenn ihre Partnerinnen und Partner sie nicht dazu zwingen würden – oder es für sie machen.

Gerne würde ich es dabei belassen, aber meine naturgegebene weibliche Empathie löst in mir nicht nur das dringende Verlangen aus, die dreckige Bettwäsche dieser armen Seelen zu waschen, sondern sie führt mich auch zu der Frage, ob dem Ganzen nicht vielleicht ein tieferliegendes Problem zugrunde liegt.

Will ist 29 und wechselt seine Bettwäsche normalerweise jede Woche. Wenn seine psychische Gesundheit leide, sagt Will, sei seine Bettwäsche allerdings so ziemlich das Letzte, woran er denkt. “Ich wusste, wie eklig es war, aber ich habe mich einfach so verloren gefühlt und mich so wenig wertgeschätzt, dass es mir egal war”, sagt er. “Totale Antriebslosigkeit macht vielleicht 75 Prozent meines Problems aus, die restlichen 25 sind Selbstbestrafung.”

Er ergänzt: “Ich bin mir immer äußerst bewusst, in welchem Zustand ich mich befinde und wie sehr ich und mein Zimmer es nötig hätten, dass man sich mal um uns kümmert. Die Antriebslosigkeit ist aber einfach so überwältigend und dazu gibt es in mir diesen kleinen Teil, der sagt, dass ich nichts Schönes verdient habe.”

Könnte Wills Erfahrung einen Hinweis auf die Ursache für die laut der Umfrage großen Unterschiede im Bettzeugwechselverhalten zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern liefern? Baillie findet den Ansatz nicht verkehrt, aber lehnt meine Theorie sofort ab: “Die Depressionsrate ist unter Frauen tatsächlich höher. Offensichtlich ist Männergesundheit ein wichtiges Thema, schließlich werden drei Viertel aller Suizide von Männern begangen, aber das Argument, dass Männer eher zu Depressionen neigen und deswegen weniger auf Hygiene achten als Frauen, kann sich gegen die Datenlage nicht behaupten.”

Die Sozialwissenschaftlerin macht stattdessen auf einen anderen wichtigen Punkt aufmerksam. “Die soziale Konditionierung ist die Antwort: Frauen dürfen nicht schmutzig sein”, sagt Baillie. “Frauen müssen sich immer gepflegt präsentieren. Wir müssen das in einem viel höheren Maß als Männer tun, wenn wir die gesellschaftlichen Konsequenzen nicht erleben wollen.”

Die Erklärung, dass manche Männer seltener ihre Bettwäsche waschen, weil sie dafür nicht dieselben Konsequenzen wie Frauen fürchten müssen, klingt nicht verkehrt. Ganz egal, ob wir jetzt dazu konditioniert wurden, reinlicher zu sein oder uns um hilflose Typen zu kümmern: Das Resultat ist dasselbe. Wenn ihr mich fragt, sollten wir uns, solange sich das nicht grundlegend ändert, einfach auf die Seite der Männer schlagen. Goblin Mode for Life.

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