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Warum Ziggy Stardust das beste Science-Fiction-Album der Musikgeschichte ist

David Bowie ist am 10. Januar 2016, zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag, verstorben. Wie Bowies Sprecher über Twitter verkündete, entschlief der Musiker „friedlich im Kreise seiner Familie”, nachdem er 18 Monate gegen eine Krebserkrankung gekämpft hatte.

Mit seinem Album The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders From Mars war er 1972 zu dem Weltstar aufgestiegen, der er bis zu seinem Lebensende bleiben sollte. Wenige Musiker in der Geschichte der Popmusik hatten die Eier, ein komplettes Album um eine gleichermaßen so absurde wie fesselnde Figur und Geschichte wie die des Ziggy Stardust kreisen zu lassen. Bowie schuf mit Ziggy Stardust den ersten Science Fiction-Helden der Popkultur.

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Bowie machte Science Fiction zur Popkultur.

ZIggy Stardust kam als Rockstar vom Mars auf die Erde, um die Menschheit während der letzten fünf Jahre ihrer Existenz vor einer drohenden Naturkatastrophe unbestimmter Art zu unterhalten. Im Glauben, ein Prophet des außerirdischen Starman zu sein, der die Menschen erlösen würde, rockte Ziggy sich selbst in die Besinnungslosigkeit und schließlich den selbst verschuldeten Rock’n’Roll-Tod. Ein schonungsloses Science-Fiction-Opus, gepresst auf eine einzige Langspielplatte.

Und natürlich erweckte Bowie seinen Science-Fiction-Helden zum Leben, indem er selbst als Ziggy auf der Bühne performte.

Bowie erfand eine komplette Mythologie als Hintergrundgeschichte für die elf Songs des bahnbrechenden Albums. Ich weiß das vor allem aufgrund eines legendären Interviews: US-Schriftsteller William Burroughs, später Held der Beat-Generation und eine Bowie ebenbürtige Koryphäe westlicher Popkultur, traf 1974 in London auf den Erfinder des Ziggy Stardust.

„Beat Godfather Meets Glitter Mainman” betitelte der Rolling Stone sein prominentes Feature damals. Bowie erklärt hier die Welt des Ziggy Stardust, der von den Aliens instruiert wird, den Menschen, die keine Elektrizität mehr haben, wichtige Nachrichten vorzusingen.

Burroughs: Woher stammt die Idee zu Ziggy und den fünf Jahren? Natürlich wird eine Erschöpfung natürlicher Ressourcen nicht das Ende der Welt bedeuten. Es wird den Kollaps der Zivilisation nach sich ziehen. Und es wird die Bevölkerung um drei Viertel reduzieren.

Bowie:
Genau. Es wird für Ziggy nicht zum Ende der Welt ühren. Das Ende kommt erst mit der Ankunft der Unendlichen. Sie sind in Wirklichkeit ein Schwarzes Loch, aber ich habe sie zu Personen gemacht, denn es wäre ziemlich schwierig, ein Schwarzes Loch auf der Bühne zu erklären.

Burroughs:
Ja, ein Schwarzes Loch auf der Bühne wäre wahrscheinlich unglaublich teuer. Und es wäre eine fortlaufende Performance. Zunächst würde es die Shaftesbury Avenue aufessen.

Bowie:
Ziggy wird in einem Traum von den Unendlichen aufgefordert, die Ankunft eines Starmans anzukündigen. Daraufhin schreibt er [den Song] Starman. Dieser ist die erste hoffnungsvolle Nachricht, die die Menschen erreicht und sie klammern sich sofort daran.
Die Starmen, von denen Ziggy spricht, werden die Unendlichen genannt und sie springen durch Schwarze Löcher in unser Universum. […] Ihr ganzes Leben besteht darin, von Universum zu Universum zu reisen.
[…]
Ziggy beginnt nun selbst, an all diese Dinge zu glauben und hält sich für einen Propheten des künftigen Starman. Er schwingt sich in unglaubliche spirituelle Höhen und wird dabei von seinen Anhängern am Leben gehalten. Als die Unendlichen eintreffen, nehmen sie Stückchen von Ziggy, um sich selbst wirklich werden zu lassen. In ihrem originalen Zustand bestehen sie nämlich aus Antimaterie und können in unserer Welt nicht existieren. Sie reißen ihn auf der Bühne während des Songs ‘Rock ‘n’ Roll Suicide’ in Stücke. Sobald Ziggy auf der Bühne gestorben ist, nehmen die Unendlichen seine Elemente und machen sich sichtbar.

Schwarze Löcher, bevorstehende Apokalypsen, außerirdische Propheten, interstellare Zeitreisen und Wesen aus Antimaterie—Bowie kanalisierte in seinem Werk bereits Anfang der 1970er einige der noch heute populären Science-Fiction-Motive. Und er mischt sie mit Nuancen aus den damals beliebten Theorien eines Paul Ehrlich, der mit seinem The Population Bomb vor drohender Ressourcen-Knappheit aufgrund von Überbevölkerung warnte.

Es existiert kein zeitgenössisches Äquivalent zu David Bowies Ziggy Stardust. Stellt euch vor, Kanye West würde dieses Jahr ein Konzeptalbum über dunkle Materie, außerirdisches Leben unter antarktischen Seen, die Stringtheorie und globale Erderwärmung schreiben. David Bowie, der fortan für seine fiktionalen Alter Egos bekannt werden sollte, begann seinen popkulturellen Siegeszug mit einem Charakter, der tief in der Schuld der Topoi der Science Fiction steht.

David Bowie im November 1971. Bild: Imago/Photostock

Wir schrieben das Jahr 1972, eine vom Wettlauf ins All geprägte Zeit. Kurz zuvor hatte sich Stanley Kubricks „2001: Odyssee im Weltraum” zu einem großen Phänomen entwickelt. (Sowohl Burroughs als auch Bowie erwähnen den Film im Interview). Im Fernsehen lief „Star Trek”, und bis zum ersten „Star Wars”-Film sollte es nicht mehr lange dauern.

Mit anderen Worten: Die Popkultur war voll vom Einfluss der Science Fiction. Doch kein anderer Popmusiker hatte einen so unwiderstehlichen Weg gefunden, das explodierende Interesse der Popkultur an allem Intergalaktischen so zu erschließen wie David Bowie.

Seine extravaganten Shows, die aggressive Androgynität und die ungezügelten Spekulationen über Bowies Sexualität trugen zum sorgfältig handgemachten Spektakel des Ziggy Stardust bei. Bowies Mischung aus Science Fiction und Glamour war trendy und bahnbrechend. Ziggy war nicht nur irgendeine skurrile, androgyne Person. Er war ein Alien. Und vielleicht machte erst das den Menschen David Bowie für sein Publikum so aufregend und genießbar.

Bowie ist bereits jetzt als einer der größten Rockstars in die Geschichte eingegangen. Aber er ist gleichzeitig eine der faszinierendsten Persönlichkeiten, die jemals die Bühneder Rockmusik betreten haben. Sein Vermächtnis fußt auf einer wilden Vorstellungskraft und tollkühnen Umsetzung. Ziggy Stardust ist ein Monument—sowohl für den Rock’n’Roll als auch für die Science Fiction.