Was dein bedauernswertes Szene-Tattoo über dich aussagt

Kennst du diese coolen internationalen Stempel im Reisepass, die beweisen, dass du schon eine Menge spannender Länder bereist hast? Nun, deine Szene-Tattoos sind im Prinzip das Gleiche. Obwohl, eigentlich sind sie das genaue Gegenteil. Sie erzählen eine wesentlich traurigere Geschichte, nämlich die Geschichte, wie du in den vergangenen Jahren durch die vielen beschämenden musikalischen Landschaften gereist bist und die grauenhaften Souvenirs jetzt für immer behalten musst. Du glaubst zwar, deine Tattoos seien wahnsinnig einzigartig, aber die meisten von ihnen lassen sich in eine eher geringe Anzahl von Kategorien einordnen. Hier sind ein paar sehr verbreitete Typen klassischer Szene-Tattoos und was sie über dich aussagen.

Sterne

Wenn du der frühen 2000er Emoszene ohne irgendwelche Arten von Stern-Tattoos entkommen bist, hol dir bitte jetzt deine Medaille ab. Es geht hier auch um Nautical Stars, den Umriss eines Sterns oder diese lahme „filigrane Sternenansammlung“ auf deiner Hüfte. Dieser Trend ging los, als Bands zu glauben begannen, es wäre akzeptabel, ein vollständiges Sonett zu einem Bandnamen zu machen, zum Beispiel „A Dozen Roses For An Endless Sky“, „Give Up the Fate Of A Thousand Dying Suns“, „Sinking Ships In The Passing Calm Blue Ocean“. Gut, diese Namen waren erfunden, aber du hättest solche Bands wahrscheinlich gehört, wenn es sie wirklich gegeben hätte. Entweder hast du deshalb deine Emo-Sterne, oder weil du dir solange die Arme geritzt hast, bis deine Eltern es bemerkt haben. Zufrieden mit deiner Wahl?

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Schwalben

Neben Emo-Sternen sind Schwalben wahrscheinlich das klischeehafteste Szene-Tattoo. Zumindest für Frauen. Kerle, die Schwalben tätowiert haben, müssen sich wahrscheinlich mit größeren Problemen rumschlagen als Klischeehaftigkeit. Es gibt zwei Stellen, an denen du Schwalben haben kannst. Die erste ist auf deinen Hüftknochen, was ein ganz reizender Weg ist, jedem, der gerade dabei ist, dir an die Wäsche zu gehen, mitzuteilen, dass dieses Territorium bereits von dem Sänger einer mittelmäßigen Emoband erobert wurde. Die andere Stelle ist oberhalb deiner Brüste, was jedem, der dein Dekolleté auscheckt, sofort zu verstehen gibt, dass du drei Ausgaben von Thursdays Full Collapse besitzt.

Umriss deines Heimatlandes

Der Umriss eines Staates ist deine persönliche Erinnerung daran, niemals all die guten Zeiten zu vergessen, die du auf Konzerten in deiner Heimatstadt hattest. Du weißt schon, so wie deine Lieblingsband, deren Gig zu zehn Prozent aus richtiger Musik bestand und zu 90 Prozent daraus, sich über inkonsequente Politik der örtlichen Szene den Mund fusselig zu reden. Oder dieses eine Abschiedskonzert dieser „berühmten“ Lokalband in irgendeiner Schützenhalle, bei dem sich alle heulend in den Armen lagen. Ach ja, damals! Vergesst niemals, wo ihr herkommt, Leute!

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Natur (Bäume, Kois, Blumen)

Alter, du warst damals so voll in Verbindung mit der Natur und so. Das ist auch der Grund, warum du dieses behämmerte, irgendwie-asiatisch aussehende Koi-Tattoo auf deiner Schulter hast und warum du immer Unterhemden getragen hast, um es jedem zu zeigen. Auf all den Incubus- und Deftones-Konzerten, zu denen du völlig ironiefrei gegangen bist, musstest du halt geil aussehen. Schon klar, Alter.

Seefahrer-Tattoos

Deine Seefahrer-Tattoos sagen Leuten, dass du voll in die Rockabilly-Szene integriert warst. Rockabilly ist übrigens kein richtiges Musikgenres, sondern eine Ausrede für Leute, sich ohne ersichtlichen Grund wie Komparsen aus dem Film „Grease“ zu kleiden. Ihr Kerle habt 70-Euro-Haarschnitte und ihr Frauen habt eine obszön lange Zeit damit verschwendet, in Trödelläden nach dem perfekten Badeanzug zu suchen, wollt dann aber nie damit ins Wasser.

Ausgeleierte Ohrläppchen

Nein, das ist technisch gesehen keine Tätowierung, aber deine baumelnden geweiteten Ohrläppchen sind eine gute Möglichkeit, dass Leute sich sofort saumäßig vor dir ekeln. Du warst das Kid, das buchstäblich alles getan hat, um in der Hardcoreszene mitzumachen. Und dazu gehörte eben auch, sich absurd große Plugs zuzulegen. Als Belohnung hast du jetzt ein Paar schaukelnde Ohrläppchen, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit Betty Whites Schamlippen aufweisen.

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Ska-Schachbrett

Ein kariertes Tattoo kann nur eines bedeuten: Du hast dein zweimonatiges Interesse an Ska zu einer lebenslangen Fehlentscheidung gemacht. Das Schachbrett tritt häufig in Kombination mit einer Skizze des Typen vom Madness-Logo auf. Oder mit einer Skizze des Typen vom The Specials-Logo. Oder mit einer Skizze des Typen vom The Operation Ivy-Logo. (Wow, Ska-Bands standen total auf skizzierte Typen in ihren Logos, was?) Während die meisten von uns unserer Ska-Phase mit einer peinlichen Sammlung von roten Schottenmuster-Hosen und dem komplett unnützen Wissen, wie man Two Step tanzt, entkommen sind, hast du es dir selbst eingeskankt, dass deine zukünftigen Kinder dich mit Fragen nerven werden, warum Mama oder Papa mal eine Band toll fand, die Catch 22 hieß.

Songtexte

Du hast ein Lyric-Tattoo, weil MUSIK DEIN LEBEN IST UND DU ANDERS BIST ALS ALL DIE IDIOTEN, DIE NUR RADIO HÖREN. Im Gegensatz zu ihnen hast du eine ehrliche Verbindung zu den Bands, die du gehört hast, und wolltest ihnen dadurch Unsterblichkeit verleihen, dass du dir ihre Texte für immer unter die Haut hast schreiben lassen. Ich weiß nicht, warum du glaubst, dass das eine gute Idee war. Wahrscheinlich weil die Bands, die du mochtest, auf einer Bühne gespielt haben, die nur zehn Zentimeter hoch war oder weil auf ihrem Album Clips von Donnie Darko oder American Beauty waren? Das Problem ist: Da du diese völlig unleserliche Schriftart gewählt hast, kann keine Sau lesen, was da steht. Und das ist wahrscheinlich auch besser so, denn die meisten Texte wurden von jemandem geschrieben, dem der Kreativschreibkurs an der Volkshochschule zu hoch war (zusätzlicher Lame-Punkt, wenn du die Lyrics in einer anderen als deiner Muttersprache tätowiert hast *hust hust Französisch*).

Gesichtstätowierungen

Eine Gesichtstätowierung kann nur eins bedeuten: Du bist ein vollkommen geisteskrankes Individuum, das auf unerklärliche Weise einen Zugang zur Musik hat.

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Coole Phrase auf der Brust

Wenn du dich selbst als coolen Typen bezeichnen würdest, hast du sicherlich auch ein paar äußerst coole Worte auf deiner Brust. Irgendwas Bedeutsames, das dich beschreibt, nicht bloß „Livin‘ La Vida Loca‘. Dieses Tattoo jeden Morgen im Spiegel anschauen zu müssen, ist das Äquivalent dazu, täglich die Kommentare auf deiner Seite in deiner Abizeitung lesen zu müssen.

Straight Edge

Mit nur drei Xen sagt ein Straight-Edge-Tattoo erstaunlich viel darüber, wer du warst und wer du bist. Es sagt, dass du mal einen AOL Screennamen hattest, der aus einem Wort bestand, das von einer unchristlichen Anzahl von Xen umrandet war. XxPersiStaNcexX, XxXTruTilDethXxX, xXsXeIsSeXXXyxXx, xetcx. Du hast dir auch deine Hände ge-ixt, um auf Strife-Konzerte zu gehen und dort Songs darüber mitzusingen, wie unvergiftet du bist. Aber heutzutage hast du „the edge“ verloren, was übersetzt bedeutet, dass du dir regelmäßig mit einem Sixpack Bier die MMA-Kämpfe reinziehst.

Tattoo im Inneren der Lippe

Eine Tätowierung auf der Innenseite deiner Lippe sagt, dass du noch mit 20 versucht hast, mit deinen Eltern gut auszukommen. Du musstest alle zwei Stunden zu Hause anrufen, um zu sagen, dass alles okay ist. Du warst die Person, mit der man auf Konzerten den wenigsten Spaß hatte. Du hast ein kleines Lippentattoo als kleinen Akt persönlicher Rebellion —jetzt, da du erwachsen bist und deine Eltern dir die Miete bezahlen.

Bandname

Erinnerst du dich noch an dieses alte Notizbuch, in das du damals pubertäre Gedichte geschrieben hast? Dessen Buchdeckel du mit den Namen deiner Lieblingsbands beschmiert hast? Herzlichen Glückwunsch, das ist deine neue Haut.

Dan Ozzi wird zwar bis an sein Lebensende etwas bedauern, aber glücklicherweise sieht man das nicht auf seiner Haut. Folgt ihm auf Twitter – @danozzi

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