Man kann vieles an Rogue One kritisieren, aber einen Dienst hat der Film der Star Wars-Saga erwiesen: Der wohl peinlichste Plot-Fehler aus Krieg der Sterne wird dank Rogue One in eine Heldentat umgeschrieben. Jahrelang mussten die Zuschauer sich den Kopf zerbrechen, wie es sein kann, dass die mächtigste Kampfstation des Imperiums durch einen vermeintlich einfachen Treffer zerstört werden kann. Doch dank Rogue One wissen wir nun: Die Schwachstelle des Todessterns geht gar nicht auf einen lächerlichen Konstruktionsfehler zurück, sondern auf den mutwilligen Sabotageakt eines mutigen Ingenieurs, der insgeheim gegen das Imperium arbeitet.
Doch Rogue One wirft auch neue, bisher kaum beachtete Fragen über das Leben in der weit, weit entfernten Galaxie auf. Zum Beispiel: Was hat es mit der eigenartigen Dateispeicherung im für die Handlung so wichtigen Scarif-Archiv auf sich? Und überhaupt: Wie halten es die Protagonisten in diesem hochtechnisierten Universum eigentlich mit Back-Ups, benutzerfreundlichen externen Festplatten und regelmäßigen Sicherungskopien? Warum gibt es im Star Wars-Universum so viele unterschiedliche Gadgets, auf denen sich Daten speichern lassen?
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Schaut man sich die Star Wars-Filme einmal genauer an, merkt man schnell, dass diese Galaxie von einem Überangebot an Speicherformaten heimgesucht wird. Man könnte fast denken, die Rebellen müssten bei jedem Wechsel ihres hochgeheimen Verstecks eine ganze Raumschiffladung an unterschiedlichen Laufwerken für all die neuen und alten Speicherformate mitschleppen.
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Schon in unserem bescheidenen irdischen Leben ist die Sache mit der Datenspeicherung kompliziert: Alle paar Jahre kommen neue Speichermedien auf den Markt, die dann wiederum mit alten Rechnern inkompatibel sind. Um die eigenartige Welt der Informationsverarbeitung von Star Wars besser zu verstehen, habe ich mir mehrere wichtige Speichermedien im Universum angeschaut und versucht, all die Formate zusammenzubringen. Erstaunlicherweise gibt es nämlich trotz all der Fantheorien da draußen für viele Fragen der Datenspeicherung bis heute keine stringente Erklärung – hier nun also mein eigener Versuch: eine Reise durch die Welt vom Scarif-Archiv, Magnetbandkasetten-Klonen und leuchtenden Datenmurmeln.
Das riesige Sammelsurium an Festplatten, Sticks und CD-Scheiben verwirrt nicht nur die Zuschauer: Luke Skywalker, der eigentlich als technikaffin dargestellt wird, ist in Episode IV sichtlich überfordert, als er R2-D2s Diskettenlaufwerk entdeckt. Scheinbar hat der junge Skywalker noch nie von einer Diskette oder einem Laufwerk gehört.
Diese Vielfalt an inkompatiblen Datenträgerformaten passt nicht zu dem, was wir sonst über die fortschrittliche Technik im Star Wars-Universum wissen, in dem hochentwickelte Raumschiffe durch die Lüfte gleiten und tödliche Verletzungen in Bacta-Tanks geheilt werden können. Natürlich erstreckt sich die Star Wars-Saga über mehrere Jahrzehnte und somit wäre es nur natürlich, dass sich die Datenträger mit der Zeit weiterentwickeln. Doch es scheint geradezu das Gegenteil der Fall zu sein: Vergleicht man die Speichermedien und das Datenarchiv in Rogue One mit den restlichen Filmen, so scheint hier geradezu ein technischer Rückschritt stattgefunden zu haben.
Das Scarif-Archiv
Bei Rogue One spielen sich entscheidende Szenen des Films in einem unglaublich schlecht konzipierten imperialen Datenarchiv auf dem Tropenplaneten Scarif ab. Das klingt ja an und für sich nach einem verantwortungsvollen Umgang mit Daten: Grundsätzlich ist es immer eine gute Idee, Sicherheitskopien von wichtigen Unterlagen an einem sicheren Ort zu lagern. Schließlich kann es schnell in einer Katastrophe enden, wenn Daten ausschließlich in der Cloud gespeichert werden. Das Imperium scheint also schlau genug zu sein, Sicherheitskopien anzufertigen, aber nicht in der Lage, diese sinnvoll zu archivieren.
Der Zugang zu den Daten könnte geschmeidiger kaum sein: In einer Welt, in der Raumschiffe und Laserschwerter den Alltag bestimmen, nimmt man die Kopien im Scarif-Archiv nicht einfach so aus dem Regal, sondern sie werden von einer gigantischen Maschine mit Greifarm gepackt. Der Datenträger selbst allerdings wirkt deutlich weniger elegant: Die Informationen werden auf einer klobigen Datenkassette gespeichert. Auch gibt es im Archiv scheinbar keine Möglichkeit, die Daten auszulesen – möchte man die Informationen von den Kassetten an andere Empfänger übermitteln, muss man sie erst einmal zu der riesigen Antenne auf dem Dach des Gebäudes bringen.
Darum ist Jyn gezwungen, den unhandlichen Datenträger aus dem Archiv mitzunehmen und aufs Dach zu befördern. Was Jyn hier auf dem Bild in der Hand hält, sieht auf den ersten Blick aus wie eine Festplatte. Aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass da zwei Runde Metallspulen zu sehen sind.
Es scheint sich also nicht um eine Festplatte sondern eher um ein Modell zu handeln, das jenen Magnetbandkassetten ähnelt, auf denen auf der Erde vor 40 Jahren Ton- und Bild-Daten gespeichert wurden.
Warum also kommt hier ein solches Speicher-Tool vor? Möglicherweise weil die Handlungen von Rogue One und Episode IV möglichst kohärent sein sollen – und in Episode IV bezeichnet ein Offizier die gestohlenen Informationen im englischen Original als „data tapes”.
Vom Band auf die Diskette
Als Darth Vader sich in Episode IV schließlich auf die Suche nach den gestohlenen Plänen macht, sind diese jedoch nicht länger auf einer Magnetbandkassette gesichert. Denn dank der Riesenantenne auf dem Scarif-Archiv konnten sie an das Rebellen-Raumschiff Profundity übermittelt und dort so umgewandelt werden, dass sie auf eine handliche Diskette passen:
Eine handvoll tapferer Soldaten, denen die Flucht von der Profundity gelingt, übergibt die Diskette an Prinzessin Leia, bevor sie zu Beginn von Episode IV festgenommen wird. R2-D2 flieht mitsamt der Diskette vom Raumschiff, trifft auf Luke Skywalker und die Geschichte nimmt ihren Lauf.
Aus technischer Sicht jedoch wirft die Existenz dieser Diskette jedoch weitere Fragen auf.
Warum haben die Rebellen kein Back-Up gemacht?
Wäre es denn so schwer gewesen, mehr als eine Kopie von den Plänen zu erstellen, die das Schicksal der ganzen Galaxie entscheiden sollen? Es wirkt ein bisschen riskant, sich in diesem Fall auf eine einzige Diskette zu verlassen und jeder irdische Administrator hätte sicherlich zu mehreren Back-Ups geraten.
Warum ist die Datei mit den Todesstern-Plänen so unglaublich groß?
Die Datenmenge auf der Magnetkassette ist offensichtlich so groß, dass sie die Rebellen vor echte Herausforderungen stellt, bevor sie die Informationen weiterverarbeiten können. Sie müssen erst eine riesige Antenne einnehmen und ein Planetenschild ausschalten, bevor sie die Datei an ihre Verbündeten übermitteln können. Für eine normale Nachrichtenübertragung sind solche Umwege jedoch nicht nötig.
Was um alles in der Welt ist also auf diesem Magnetband gespeichert? Handelt es sich um 5000 .bmp-Bilddatein, die dann auch mit passenden GIFs zusammen in eine Powerpoint-Präsentation eingebettet wurden? Wie kann die Datei, die vermutlich DEATH_STAR_final_final__FINAL.dwg.doc.gif.pdf heißen wird, nur so verdammt groß sein?
Wenn der Inhalt auch auf einer hauchdünnen Diskette gespeichert werden kann, warum speichert das Imperium seine Dateien dann auf riesigen Magnetkassetten?
Und warum muss Jyn erst aufs Dach klettern, um die Daten zu übertragen? Warum kann sie nicht einfach irgendeinen Computer im Gebäude benutzen? Tatsächlich findet sich in dem Archiv mit der Krallen-Maschine keine einzige Computerstation, an der Jyn und Cassian sich die Daten ansehen und auf einen handlicheren Datenträger ziehen können – stattdessen sind sie gezwungen, die Master-Datei des Imperiums zu stehlen. Natürlich erschweren die unhandlichen Speichermedien die gegnerische Daten-Spionage, aber auch in der alltäglichen Nutzung wirkt das System nicht gerade benutzerfreundlich.
Außerdem scheinen die Daten nicht mal verschlüsselt zu sein. Am Computer der Profundity erscheint sofort ein kleines Vorschaubild der Pläne, als die Daten hochgeladen werden. Dieser Thumbnail erscheint auch, als R2-D2 die Pläne in Episode IV an die Rebellen-Allianz übergibt.
Auch Jon Tilbury hat sich mit den zahlreichen Schwachstellen des Scarif-Archivs auseinandergesetzt. Der Experte für digitale Speicherung stellt die These auf, dass das Imperium sein Archivierungssystem auf einem schlampigen System der Alten Republik aufgebaut haben könnte.
Doch bei dieser These gibt es ein Problem: Der Aufbau des Scarif-Archiv lässt sich nicht durch ein bereits vorhandenes Archivierungssytem erklären, denn es hat gar keine Ähnlichkeit mit dem Archiv der Alten Republik, das in Episode II zu sehen ist. Tatsächlich wird im Scarif-Archiv ein Speicherformat verwendet, das in den restlichen Star Wars-Filmen nie wieder auftaucht.
Das Archiv der Alten Republik
Im Archiv der Alten Republik werden nämlich Kopien in einer Art blau leuchtenden Kassettenhülle aufbewahrt, die fein säuberlich in Regalen aufgereiht sind. Die digitale Version einer Bücherei. Den Besuchern stehen mehrere Arbeitsstationen zur Verfügung, in denen sie die Datenbank der Republik nach Informationen durchsuchen können.
Hier sehen wir eine Station, an der Obi-Wan Kenobi problemlos Daten auf eine kleine leuchtende Murmel kopieren kann, um sie dann später in Yodas Jedi-Kindergarten vorzuführen. Und all das ist ohne eine einzige Greifarmmaschine und überdimensionale Antennen möglich.
Was ist bloß zwischen Episode III und Rogue One mit diesen fortschrittlichen Technologien passiert?
Natürlich könnte man nun argumentieren, dass es doch bestimmt Unterschiede zwischen einem geheimen imperialen Militärarchiv und dem Archiv der Republik in Episode II gibt. Allerdings sollte man bedenken, dass Obi-Wan als hochrangiges Mitglied der Jedi-Ritter nicht gerade in die Stadtbücherei gehen wird, um den Anschlag auf ein Senatsmitglied aufzuklären. Er hat sicherlich Zugriff auf streng geheime Archive, die mit dem Scarif-Archiv vergleichbar sind. Auch wenn das Archiv der Republik scheinbar von Schwachmaten geleitet wird, die nicht mal merken, dass ein abtrünniger Jedi ein gesamtes Sternensystem aus ihren Aufzeichnungen gelöscht hat, so wirkt die Scarif-Einrichtung im Vergleich trotzdem wie eine verlassene Video-World-Filiale im Jahre 2017.
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Warum müssen die Baupläne des Todessterns also auf einer Magnetbandkassette gespeichert werden, die so groß wie vier gestapelte iPads ist? Schließlich kann Obi-Wan eine Karte der gesamten Galaxie bequem in einer leuchtenden Murmel verstauen und am Ende von Episode III flüchtet Count Dooku mit einer Art holografischen USB-Stick, auf dem sich die besagten Todesstern-Pläne befinden.
Nun könnte man wohlwollend annehmen, dass die Baupläne für den Todesstern in Episode III noch nicht sehr ausgereift waren und daher weniger Speicherplatz benötigen. Dagegen spricht jedoch eindeutig, dass die Pläne auch in Rogue One und Episode IV lediglich aus einer primitiven Punktmatrix bestehen, wie diese Vorführung zeigt:
Im gesamten Star Wars-Epos tauchen nie wieder so klobige Speichermedien auf wie in Rogue One. Die Datenträger in der Alten Republik scheinen kleiner und leichter zu sein als imperiale und post-imperiale Datenträger, doch selbst die Speichermedien in Episode IV-VI scheinen handlicher zu sein als die Datenklotze aus dem Scarif-Archiv.
In Episode VII werden Daten wieder auf einer Art USB-Stick transportiert:
R2-D2 ist mit allem kompatibel
Das Star Wars-Universum hat offensichtlich unter einer Vielzahl an Speicherformaten zu leiden und man könnte meinen, dass das auch ein Kompatibilitätsproblem bei der Datenverarbeitung mit sich bringt. Seltsamerweise scheinen die Schnittstellen jedoch nie ein Problem darzustellen. Der kleine Droide R2-D2 kann mit dem Adapter an seinem Roboterarm alle Systeme infiltrieren, die ihm über den Weg laufen: die Separatisten-Basis in Episode II…
…ein Separatisten-Raumschiff in Episode III…
…eine hochmoderne imperiale Kampfstation in Episode IV…
… sowie eine nicht-militärische Mine in Episode V.
In Rogue One hackt der Droide K-2SO einen anderen Droiden mit dem gleichen Tool.
Wie kann es sein, dass es in der gesamten Galaxie standardisierte Ports gibt, aber keine einheitlichen Speichermedien? Warum gibt es so viele unterschiedliche Datenträger, wenn die Daten dann doch von allen gegnerischen Parteien verarbeitet werden können? Auf unserer Erde sieht das schließlich ganz anders aus: Das nordkoreanische Betriebssystem Red Star OS öffnet beispielsweise nur Dateien, die von der nordkoreanischen Regierung freigegeben sind. Das Gleiche gilt für das nordkoreanische Woolim Tablet. Da das Tablet jedoch von einer chinesischen Firma hergestellt wird, verfügt es trotzdem über einen USB-Port. Würden Nordkorea die gleichen Ressourcen wie dem allmächtigen Imperium in Star Wars zur Verfügung stehen, würden sie mit Sicherheit auch eine eigene Hardware entwickeln, damit die Formate anderer Länder gar nicht erst gelesen werden können.
Liegt die Lösung im schlechten Design des Scarif-Archivs?
Auch wenn die Star Wars-Filme keine Antworten auf diese Frage liefern, habe ich da so eine Theorie, warum das Imperium all seine Sicherheitskopien auf klobigen Magnetbandkassetten aufbewahrt.
Das Design des Scarif-Archivs ist einfach zu schlecht, als dass es ein Zufall sein könnte. Es scheint nicht auf einem veralteten Vorgängermodell der Alten Republik aufzubauen. Der Inhalt der Magnetbänder kann ebenso gut auf handlichen, hauchdünnen Disketten gespeichert werden – die Datenträger tauchen auch sonst nirgendwo in der Saga auf und sind eigentlich ein ziemlich überflüssiges Gadget. Das zeigt auch ein Blick auf die Funktionsweise: Das Greifarmsystem ist zwar elegant aber äußerst unpraktisch und der riesige Antennenturm macht die Scarif-Einrichtung zu einem leichten Angriffsziel.
Hätte die Star Wars-Republik durch einen Besuch beim Frauenarzt gerettet werden können?
Kurzum: Aus technischer Sicht ist schwer zu begreifen, warum das Scarif-Archiv überhaupt existiert. Das System muss von anti-imperialen Bibliothekaren entworfen worden sein, um Palpatines Macht zu untergraben. Meine These: Ebenso wie der Ingenieur Galen Erso, der den Todesstern sabotierte, entschieden sich die Bibliothekare dazu, aus dem Inneren des Imperiums heraus zu agieren. Und ihr Widerstand bestand darin, das nutzloseste und dümmste Archivierungssystem in der Geschichte der Galaxie zu entwerfen.
Teil des gerissenen Plans war es wohl auch, ein sperriges Magnetbandformat einzusetzen, dass ein unverschämt großes Gebäude erfordern würde, sowie einen ganzen Haufen ansonsten nutzloser Technologie, um die Datenträger abzuspielen. Vielleicht haben die Bibliothekare die Entwicklung der Datenträger sogar durch Verteidigungsmittel finanziert, in der Hoffnung, dass dieses Geld dann an anderer Stelle für die Entwicklung von Kriegswaffen fehlen würde – wer kann schon sagen, wieviele unschuldige Menschenleben so gerettet wurden.
Das ist für mich zumindest die einzig logische Erklärung für die obskuren Speichermedien in Rogue One. Und ich freue mich jetzt schon auf das nächste Star Wars-Prequel mit den heroischen Rebellen-Bibliothekaren in der Hauptrolle.