Irgendwann musst du einfach dem Fitnessstudio ins Auge sehen. Wenn du nicht total aufs Laufen stehst (viel Spaß mit der Arthritis), wirst du wohl früher oder später anfangen, in diese geschmacklosen Tempel der Gesundheit und Eitelkeit zu pilgern.
Vielleicht wird es dir gefallen. Vielleicht bist du so “von der Straße weg” und stellst keinen Blödsinn mehr an. Vielleicht gibt dir das Training einen richtigen Kick. Oder du hast einfach Angst davor, ansonsten irgendwann in einer Kneipentoilette einem Herzinfarkt zu erliegen, woraufhin eine schlechtgelaunte Wirtin deinen erbärmlichen, schwabbeligen Kadaver über der Schulter aus der Kabine hieven muss.
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Letztes Jahr, also mit Mitte 20, habe ich angefangen, ins Fitnessstudio zu gehen. In der Zwischenzeit habe ich ein paar Dinge gelernt. So ist das mit den Muckibuden:
Fitnessstudios sind im Grunde langweilige Clubs
So manche Club- und Partyszene in Großstädten erliegt der Gentrifizierung. Nur noch die teuersten und größten Schuppen bleiben bestehen. Und wenn die Szeneläden erst einmal weg sind, ziehen überteuerte Cafés und Brunch-Bistros dort ein. Und Fitnessstudios.
Es gibt auf dieser Welt tatsächlich noch den richtigen Ort und die richtige Zeit, um sich irgendwelche Substanzen in Kombination mit Skrillex zu geben. Tatsächlich ist das sogar die einzige Art, wie man Skrillex hören kann. Die genaue Zeit dafür ist Montagmorgen zwischen 8 und 9 Uhr, wenn du dich noch irgendwie überzeugen kannst, es sei Wochenende, bevor du zu deinem langweiligen Bürojob zurückmusst. Denn um mehr junge Hüpfer zur Mitgliedschaft zu animieren, bestehen jetzt immer mehr Fitnessstudios darauf, DJs auflegen zu lassen, während du dich mit einer 15-Kilo-Hantel abmühst.
Wenn du so früh morgens schon Elecronic Dance Music hörst, werden dir zwei Sachen klar. Erstens: Diese Musikrichtung ist tatsächlich scheiße. Und zweitens: Dieses Fitnessstudio, für das du 50 Euro im Monat zahlst, ist eigentlich ein langweiliger Club, wo die einzigen Drogen überteuerte Proteinshakes sind.
Personal Trainer sind Geier
Du hast es also geschafft, dich aus dem Bett zu zerren, um zum Fitness zu gehen. Du schläfst noch halb, als du widerwillig ein paar leichte Gewichte nimmst und sie so stemmst, wie es dir die Men’s Health aus der Bahnhofsbuchhandlung erklärt hat.
Plötzlich fassen zwei Hände um deine Taille. “Wenn du nicht auf deine Haltung achtest, endest du als Krüppel!”, sagt der Mann mit der Gelfrisur und dem Ganzkörperspandex. Er drückt deine Rettungsreifen und verlangt, dass du weiterstemmst. “Du machst das ganz falsch!”, schreit er. “Komm schon! Meine Oma kann mehr!”
Irgendwie ist es seltsam, potentielle Kunden zu beleidigen, um sie von den eigenen Diensten zu überzeugen, aber es scheint zu funktionieren. Zehn Minuten nach seinem ersten Grapschen machst du für ihn Kniebeugen. “Runter die Backen!”, ruft er. “Sei kein Weichei!” Er zwingt dich, Runden um das Studio zu laufen, und dreht dabei diesen einen Skrillex-Track auf. “Hör auf, schwach zu sein!”, brüllt er dir ins Gesicht. Du durchlebst gerade noch einmal jede albtraumhafte Sportstunde, in der alle Mitschüler dich immer “Schweinchen” nannten und dir ins Gesicht lachten. Aber nicht nur das: Diesmal zahlst du dafür auch noch 150 Euro im Monat.
Instagram hat Fitnessstudios unerträglich gemacht
Wenn du einen Instagram-Account hast, dann kennst du auch die üblichen Fitness-Hashtags und die Typen, die sie viel zu ernst nehmen. Wie zum Beispiel der Kerl von deiner Schule damals, der immer die Sportstunde schwänzte und stattdessen Warcraft spielte. Heute postet er Fotos von seinem Waschbrettbauch, mit Bildunterschriften wie “No pain, no gains! #instafit #fitfam #justdoit”. Und wenn er nicht gerade mit seinen Trapezmuskeln prahlt, photoshoppt er inspirierende Zitate aus Rocky, Fast and Furious 2 und, äh, von Martin Luther King auf Fotos, in denen er Gewichte hebt.
Deswegen gehört zum üblichen Fitness-Besuch vieler Leute auch ein erbitterter Kampf um Spiegelfläche. Es gibt Typen, die viel zu viel Spiegel in Anspruch nehmen, weil sie ihre Posen perfektionieren müssen. Oder du wirst angeschrien, du hättest einen “YouTube-Channel ruiniert”, weil du durchs Bild läufst. Und während du dich mit einer 10-Kilo-Hantel beschäftigst, schäumen unzählige Instagram-Freaks schon aus dem Mund, weil du ihnen den Platz mit dem besten Licht genommen hast.
Es gibt immer einen Typen, der den Fön für seine Eier benutzt
Der einzige Ort, der schlimmer ist als ein Fitnessstudio, ist die Umkleide im Fitnessstudio. Das ist eine Tatsache und das wird sich auch niemals ändern. In meiner Gegend werden die Umkleiden zwar auch langsam stylisher, aber es gibt trotzdem immer diesen einen Typen—wahrscheinlich ist es dein Trainer—, der seine Eier mit dem Fön trocknet.
Er macht das seelenruhig, während du neben ihm stehst und darauf wartest, den Fön für deine Haare (auf dem Kopf) verwenden zu können. Er braucht dabei auch länger, als er sollte, und massiert sich vor dir die Hoden, als sei das völlig normal. Dann gibt er dir den Fön und klopft dir auf die Schulter. “Da, Kumpel”, sagt er lächelnd. “Übrigens, du musst mehr Proteine essen, wenn du Gewichte heben willst wie einer von den Großen.”
Du denkst, Freitag sei es leer, aber du liegst falsch
Das Problem mit Großstadt-Studios ist, dass sie ständig mit Leuten vollgepackt sind, die hart an sich arbeiten. Dabei geben sich Fit und Fett die Klinke in die Hand. Das Ergebnis sind Laufbandreihen, auf denen zu 50 Prozent Waschbrett-Übermenschen stehen und zur anderen Hälfte normal-wabbelige Personen. Du schämst dich für deinen Körper, aber du willst ihn auch verbessern. Du willst nur nicht, dass dich jemand dabei sieht. Also gehst du Freitagabend hin, denn wer zur Hölle geht schon freitagabends zum Fitness? Oder?
Falsch, falsch, falsch. Mein Gott, liegst du falsch. Das Fitnessstudio platzt freitags aus allen Spandexnähten, und überall nur totale Pisser. Das sind die fitnessigsten Leute, die du jemals zu Gesicht bekommen wirst. Das sind die Menschen, die furchterregende Kunststücke vollführen, wie das, wo man sich von einem Balken hochstemmt, die Füße in der Luft, und dann herumwirbelt, als sei man schwerelos. Menschen, die ohne Pause 30 Minuten hart rudern. Nicht einmal einen Schluck Wasser brauchen sie dazu. Ich will nicht inmitten all dieser Leute trainieren! Ich könnte jetzt in einer Bar sitzen, aber stattdessen verstecke ich mich bei den Crosstrainern vor den Muskelschränken.
Das Fitnessstudio ist die unsexyeste aller sexy Umgebungen
Das Fitnessstudio ist so verdammt unsexy, dass es sich gar nicht in Worte fassen lässt. Es ist ein Zimmer voll grunzender Weirdos in hässlicher Kleidung. Und doch … Irgendwie stellt so viel pheromongeladene menschliche Essenz in Kombination mit nackter oder eng in Spandex verpackter Haut trotzdem etwas mit der Libido an. Es ist wie nackt schwimmen im Sumpf: eigentlich absolut unsexy, aber trotzdem irgendwie unwiderstehlich.