Schnell und ohne großen Aufwand Geld mit Hilfe von Technologie zu verdienen, war nie so einfach wie heute. Die Möglichkeiten scheinen endlos: Ich könnte mir eine Ethereum-Mine bauen und Krypto-Kohle scheffeln. Oder ich könnte dank Airbnb über Nacht zum Vermieter werden. Doch das alles sind nur Peanuts im Vergleich zu dem Reichtum, der auf dem florierenden Markt für Smartphone-Zubehör zu holen ist.
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Vor allem der Handel mit Smartphone-Hüllen lockt mit riesigen Margen, ist aber auch sehr risikoreich. Da Elektronikhersteller wie Apple oder Samsung das Aussehen ihres neuen Produktes bis zum Schluss geheim halten, können die Händler von Hüllen nur auf ein bestimmtes Design spekulieren. Wenn sie dabei auf die richtige Bauweise gesetzt haben und es schaffen, ihre Hüllen pünktlich am Tag der Markteinführung zum Verkauf bereitzustellen, können sie große Gewinne einfahren. Waren die Prognosen der Experten und etwaige geleakte Bilder der neuen Geräte jedoch falsch, gehen die Händler völlig leer aus und haben abertausende wertlose Hüllen für die Tonne produziert.
Könnte ich mir mit den geleakten iPhone-Informationen eine goldene Nase verdienen?
Nun gab es kürzlich einen Leak von Apples neuem iPhone, das vermutlich iPhone 8 heißen wird. Er gibt vermeintlich wichtige Informationen über das Design des neuen Geräts preis. Sollte ich mit diesen Informationen in der Hinterhand also auch versuchen, in das Geschäft mit den Smartphone-Hüllen einzusteigen? Könnte ich ein paar tausend Dollar in eine Großbestellung Smartphone-Hüllen investieren, sie pünktlich zum Release des neuen iPhones auf den Markt bringen und mir so eine goldene Nase verdienen?
Um herauszufinden, wie umsetzbar meine Geschäftsidee ist, schrieb ich über 200 chinesische Hersteller von Smartphone-Hüllen an. Sie alle sitzen in Chinas Elektronik-Ballungsraum Shenzhen. Ich interessierte mich vor allem dafür, woher die Hersteller wissen, wie das iPhone 8 aussehen wird, wie viele Hüllen sie produzieren können und wie ihr Herstellungsprozess abläuft.
Natürlich war mir klar, dass in Shenzhen sehr viele Elektronikhersteller angesiedelt sind, schließlich werden hier 90 Prozent der weltweiten Verbraucherelektronik hergestellt. Trotzdem war ich überrascht, dass globalsources.com 350 unterschiedliche Smartphone-Hüllen-Hersteller aus der Region auflistet. Tatsächlich ist das aber nur ein Bruchteil der unzähligen Produzenten von Smartphone-Zubehör, die in dieser Gegend angesiedelt sind.
Woher haben die chinesischen Hersteller bereits jetzt so genaue Informationen über das Design des iPhone 8?
Als Erstes schrieb ich einen einzigen Handyhüllen-Hersteller per E-Mail an. Doch dann entdeckte ich auf globalsources die Möglichkeit, mehrere Hersteller auf einmal zu kontaktieren – somit schickte ich kurzerhand die großartigste Massenmail meines Lebens an 200 Hersteller raus.
Bereits nach zwei Stunden erhielt ich die ersten Antworten. Zuerst kamen die Rückmeldungen nur tröpfchenweise, doch über Nacht platzte mein Postfach aus allen Nähten. Inzwischen habe ich über 150 Rückmeldungen auf meine Anfrage zu den Hüllen für das neue iPhone erhalten.
Auch auf die erste vielversprechende Antwort musste ich nicht lange warten: “iphone 8 we have launched, now can order and send the goods”, schrieb mir ein Hersteller in gebrochenem Englisch. Wenn ich die Ware jetzt bestellen würde, könnte ich sie also bereits 2-15 Tage später in den Händen halten.
Andere Hersteller schickten mir mit ihrer Antwort gleich Produktkataloge zu, in denen bereits detaillierte iPhone 8-Prototypen samt Hüllen zu sehen waren, darunter auch “Anti-Kratzer Hybrid”-Hüllen und Folio-Hüllen.
“Wir haben einen Freund, der bei Apple arbeitet.”
Ich fragte mich: Woher hatten die chinesischen Hersteller bereits jetzt so genaue Informationen über das Design des iPhone 8? “Wir haben einen Freund, der bei Apple arbeitet”, erklärte mir ein Betrieb. Daher hätten sie die Informationen bereits vor der offiziellen Markteinführung. Ich hakte weiter nach, erhielt daraufhin jedoch keine weitere Antwort.
Während ich mich weiter durch die schier endlosen Nachrichten klickte, stieß ich schließlich auf den vermeintlichen Jackpot.
“Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass unsere iPhone 8-Hüllen verfügbar sind”, war in der E-Mail zu lesen. Die Nachricht wurde sogar noch besser: Der Hersteller garantierte mir, die Hüllen zu 100 Prozent umzutauschen, sollten sich die prognostizierten iPhone-Maße nach dem Verkaufsstart als falsch herausstellen.
Die Fabrik, die mir dieses verheißungsvolle Angebot machte, gibt es bereits seit 2007. Neben Smartphone-Hüllen stellen sie auch Fidget Spinner und Smartphone-Armbänder her, wie ich der Firmenbeschreibung entnahm. Laut eigenen Angaben verschickt die Firma jährlich mehr als zehn Millionen Produkte und beliefert auch die chinesischen Smartphone-Riesen Huawei und ZTE.
Der Produktkatalog war wirklich beeindruckend, und der Kundenberater schickte mir auch eine Slideshow mit weiteren Informationen über die Firma zu. Demnach besitzt das Unternehmen eine 5.000 Quadratmeter große Produktionshalle mit 100 Arbeitern und 30 Maschinen, die täglich bis zu 50.000 Handyhüllen produzieren können.
“Wie viel kosten 1.000 dünne Kunstlederhüllen für das iPhone 8, in unterschiedlichen Farben?”
Mein Interesse war geweckt. Also schickte ich gleich ein paar Fragen zurück. “Wie viel kosten 1.000 dünne Kunstlederhüllen für das iPhone 8, in unterschiedlichen Farben?”, wollte ich wissen. “Wie lange dauern Versand und Lieferung? Können Sie mir den Umtausch garantieren, falls die iPhone 8-Maße falsch sind?”
Auf die Antworten musste ich nicht lange warten:
Ich könne meine Smartphone-Hüllen bereits 10-15 Tage nach Bestellungseingang in den Händen halten. Außerdem hätte ich die volle Garantie, die Hüllen umtauschen zu können, sollte das neue iPhone doch eine andere Form haben. Bei einem Stückpreis von 1,21 US-Dollar müsste ich für 1.000 Stück aber immer noch 1.210 US-Dollar (umgerechnet etwa 1.065 Euro) investieren. “Darf ich fragen, woher sie die Informationen für die Form der iPhone 8-Hüllen haben?”, wollte ich daher genauer wissen, um eine Fehlinvestition von vornherein zu vermeiden.
Der Händler versuchte meine Zweifel auszuräumen: Als Hersteller hätten sie ihre eigenen Quellen. Seit ihrem ersten Produkt, Hüllen für das iPhone 4s, hätte die Firma noch niemals daneben gelegen. Sollten sich die Maße doch als fehlerhaft herausstellen, so gäbe es ja immer noch die 100-prozentige Umtauschgarantie.
Computergenerierte Bilder von iPhone-8 Hüllen in Lederoptik
Die E-Mail enthielt weitere computergenerierte Bilder von iPhone-8 Hüllen in Lederoptik, für die ich mich interessierte, sowie ein anderes Modell mit einer Gummihülle.
Diese Bilder stimmen mit dem iPhone 8-Design überein, das Anfang des Monats geleakt wurde. Selbst die Aussparung für die vertikale Dual-Kamera – ein neues Feature, das sich deutlich von der horizontalen Kameraausrichtung des iPhone 7 abhebt – war auf den Abbildungen bedacht worden.
Doch dann wurde meine Euphorie plötzlich gedämpft, als eine weitere E-Mail in meinen Posteingang flatterte. Sie stammte von einem Hersteller, der nach eigenen Angaben vier Geschäfte und zwei Fabriken für Handyzubehör besitzt und seine Produkte nach Europa und in die USA exportiert.
Ich bin immer noch unentschlossen, ob ich pokern soll, oder nicht
“Das sind gute Fragen, aber eigentlich weiß ich nicht viel über Technologie, obwohl ich Handyhüllen verkaufe”, lautete die Antwort des Händlers. “Meiner Meinung nach hat sich beim iPhone nicht viel geändert, vor allem was das Aussehen angeht. Ich warte einfach auf das neue Design für das iPhone 8.”
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Diese überraschend ehrliche Antwort verunsicherte mich. Konnte ich den anderen Herstellern wirklich vertrauen? Sie behaupteten, jetzt schon zuverlässige Informationen über das neue iPhone-Design zu haben.
Ich bin immer noch unentschlossen, ob ich pokern soll, oder nicht. Die iPhone-Leaks waren in der Vergangenheit sehr zuverlässig und vor allem OnLeaks kann eine hohe Erfolgsquote mit seinen vorab veröffentlichten Informationen aufweisen. Andererseits sind schon ganze Unternehmen pleite gegangen, weil sie aufs falsche Pferd gesetzt haben. 2011 setzte der Handyhüllenhersteller Hard Candy auf ein abgerundetes Design beim iPhone 4s (von dem man zu dieser Zeit noch annahm, dass es iPhone 5 heißen würde) und verlor damit auf einen Schlag 50.000 US-Dollar.
Aktuell scheint es jedoch unwahrscheinlich, dass Apple mit dem neuen iPhone eine große Design-Änderung vornimmt. Tatsächlich scheinen dem Unternehmen die Innovationen ausgegangen zu sein. Zwar rief Apple 2016 mit der einzigen großen Änderung beim iPhone 7 sowohl Kritik als auch Lob hervor. Doch das Entfernen der Kopfhörerbuchse war nicht gerade eine Änderung, die die Smartphone-Branche auf den Kopf stellte. Es sieht stark danach aus, als ob auch das nächste iPhone keine radikalen Designänderungen mit sich bringen wird, und OnLeaks recht behält: Das iPhone 8 wird genauso aussehen wie das iPhone 7.