Wer ständig darüber jammert, dass Tinder die Hölle des Datings sei, hat noch nie Der Bachelor gesehen. Da erteilt ein Junggeselle, dessen Haupttalent seine guten Zähne sind, so lange 22 Frauen Abfuhren, bis nur eine übrig bleibt. Und er macht es nicht durch einen dezenten Wisch nach rechts – 3,41 Millionen schauten ihm gestern dabei zu, wie er die letzte Kandidatin abservierte.
Gestern ist die siebente Staffel der Show zu Ende gegangen. Das Ganze kurz zusammengefasst: Der Werbeagentur-Besitzer Sebastian Pannek, ein Junggeselle so schön wie ein Krankenkassen-Werbeprospekt, musste sich zwischen 22 Frauen entscheiden, darunter zwei amtierende Misses (Miss München und Miss Nürnberg), ein Playboy-Model und zwei Flugbegleiterinnen. In der Bilderstrecke der Augsburger Allgemeinen werden die Damen etwa so beschrieben: “Jana (25) ist Erzieherin aus Mengen und ein großer Fan von Britney Spears. Sie hat in den vergangenen eineinhalb Jahren 20 Kilogramm abgenommen und ist darauf mächtig stolz.” Oder: “Inci (23) wohnt noch bei ihren Eltern und geht gerne shoppen. Ihr größter Traum ist es, einen BMW M6 zu besitzen.”
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Bachelor Sebastian (30), mag Borussia Dortmund, Kicken und Reisen und modelte schon einmal für REWE. Er sucht “die große Liebe”, “die Eine” – testknutschte sich aber durch gut ein Viertel der Kandidatinnen. Am Ende waren Clea-Lacy (25, brünett) und Erika (25, blond) übrig. Im Finale werden sie Sebastians Eltern vorgestellt, nach ihrer Beratung schickt er die eine nach Hause und drückt der anderen eine Rose in die Hand. Plus: Am Ende muss er auf die Frauen treffen, denen er den Laufpass gegeben hat. Eins muss man RTL lassen: Es ist schon ein ziemlich guter Fernsehmoment, einem Kerl dabei zugucken, der in einem Raum mit Frauen eingesperrt ist, mit denen er schon geknutscht und sich nie wieder bei ihnen gemeldet hat. Und es gibt auch durchaus Uninteressanteres, als zu sehen, ob die Eltern der anderen genauso peinlich sind wie die eigenen, wenn jemand am Tisch sitzt, mit dem man rumgemacht hat. Wir haben uns also das Finale angeschaut und das haben wir dabei gelernt.
1. Väter sind schreckliche Ratgeber bei der Partnerwahl
“Für einen Augenblick gelingt dem Bachelor das, was sonst nur großer Kunst gelingt: den Menschen in seiner ganzen existenziellen Lächerlichkeit zu zeigen – ohne ihn dabei vorzuführen”, schrieb Die Süddeutsche über ein sehr hölzernes Kennenlernen in der ersten Folge dieser Staffel. “Ein Triumph der Menschlichkeit über das menschenverachtende System.” Das Treffen der Frauen mit den Eltern war wieder so ein Moment. So ziemlich jeder erkennt in den putzigen, etwas hilflosen Eltern von Sebastian die eigenen, wenn man den/die aktuelle/n Partner/in an den heimischen Tisch setzt. Und genau wie im echten Leben ist der Vater vollkommen unbeholfen als Liebesberater. “Normalerweise reden Sebastian und ich über Fußball, das ist das erste Mal, wo wir intensiv über Frauen reden”, sagt er. (Der Bachelor ist 30 Jahre alt.)
Nach dem Treffen mit Clea, dann folgender Dialog zwischen Vater und Sohn:
Vater: “Ja, ist ‘ne Hübsche.”
Der Bachelor: “Und der erste Eindruck?”
Vater: “Ja, wird schon passen.”
Dialog nach dem Treffen mit Erika:
Der Bachelor: “Erika hat das Herz am rechten Fleck, auf jeden Fall. Sehr, sehr offen mittlerweile, und weiß sich zur Wehr zu setzen, wenn ihr was nicht gefällt.”
Vater: “OK.”
Der Bachelor: “Finde ich sehr gut, weil da waren auf jeden Fall auch Mädels dabei, die diesen Schritt nicht gegangen wären. Die gedacht hätten: Ich will ihn nicht verärgern.”
Vater: “Mhm.”
Der Bachelor: “Ich habe gemerkt, dass auch von ihrer Seite Interesse besteht. Das waren so kleine Zeichen, wo ich gemerkt habe: Das ist echt.”
Vater: “Joah. [klammert sich mit beiden Händen ans Sektglas] Du hast die ganzen Mädels kennengelernt und dein Herz wird schon für die Richtige sprechen.”
Na wenn das keine hilfreiche Entscheidungshilfe ist!
2. Niemals die Mutter mit dem Partner allein lassen. Niemals!
Während der Vater dem Sohn zu einer Entscheidung verhelfen sollte, bearbeitete die Mutter die Kandidatinnen. Herausgekommen ist genau der Albtraum-Dialog, von dem man Angst hat, wenn man bei beim Kaffeetrinken mit den Eltern kurz rausgeht.
Mutter: “Ich würde mir schon wünschen, dass er jetzt eine feste Freundin findet, die Frau fürs Leben. Man kann ja jetzt schon an die Zukunft denken.”
Clea [nickend]: “Ja, ja.”
Mutter: “Unsere Tochter, die Miriam, sie ist jetzt auch schon verheiratet. Sie hat den Kleinen, den Milan, und da denke ich häufig auch: Mensch, so langsam wäre das ja schon schön …”
Clea: [immer noch nickend]: “Ja, ja.”
Mutter: “… wenn der Sebastian Papa werden würde. Oder so in ein, zwei Jahren sich da was entwickeln würde, mit einer Freundin.”
Clea: “Ja, ja.”
Clea, später im Einzelinterview: “Ich setz mich da gar nicht unter Druck …”
Was lernen wir daraus? Wenn du nicht willst, dass deine Mutter eine Familie mit jemandem plant, mit dem du gerade mal eine Handvoll Dates hattest (wie Sebastian und Clea) – lass die beiden nie alleine. Reagiere nicht auf die Bitte, kurz noch Grillanzünder bei Edeka zu kaufen/ einen Schrank zu verrücken/ die Damen kurz ein paar Frauendinge besprechen zu lassen. Gehe noch nicht mal aufs Klo! Sonst sind, wenn du vom Pinkeln zurückkommst, die Namen deiner zukünftigen drei Kinder beschlossen.
3. Sei nicht zu nett beim Schlussmachen
Als Erika bei der finalen Entscheidung vor Sebastian steht, erzählt er ihr ihren gemeinsamen gesamten Beziehungsverlauf so detailliert, als wäre sie selbst nicht dabei gewesen (“Du hast mir einen Kuss auf die Wange gegeben, das hat sich sehr gut angefühlt”), zählt danach ausführlichst auf, was toll an ihr ist, sagt Dinge wie “meine Gefühle für dich wurden von Tag zu Tag größer”, und… lässt sie dann fallen.
Kein Wunder, dass Erika rausstürmt, als hätte er sie geohrfeigt. Würde das nicht jeder tun, der nach all den Komplimenten ein Happy End erwartet und dann aus einer unglaublich hohen Erwartungshaltung fällt?
4. Zum eintausenddreihundertundzwölfsten Mal: Die Liebe ist KEIN MÄRCHEN!
“Es war einmal ein einsamer Prinz und 22 Prinzessinnen”, so beginnt der Trailer für Der Bachelor. Darin: Aschenputtelschuh, kreischende Frauen in tief dekolletierten Tüllkleidern, die nach der großen Liebe suchen. Was sie bekommen, ist eher das:
Die Botschaft der Show bleibt seit sieben Staffeln: Frauen, das höchste Glück im Leben ist, wenn ein “Traumtyp” sich für euch entscheidet. Ihr müsst dafür nichts machen, nur schön sein, ihn vergöttern und die anderen Frauen wegzicken. Das ist übrigens eine ähnliche Nachricht wie bei den 50 Shades-Filmen. (Ist jemandem aufgefallen, dass Sebastian aussieht wie die provinzielle Version von Christian Grey? Und, dass der Fifty Shades Darker-Titelsong läuft, als er sich fertig macht, um eine der beiden Frauen abzuservieren?)
Und auch wenn Clea und Sebastian immer noch zusammen sein sollen – anders als die meisten anderen Bachelor-Paare: Auf die meisten Teilnehmerinnen wartet am Ende nicht das große Glück, sondern allerhöchstens die C-Prominenz.
5. Girlpower ist wichtiger als ein schmalziger Typ
Was ich nie verstanden habe: Den Frauen müsste doch klar sein, dass 21 von ihnen gehen müssen. Anstatt sich anzufreunden und zusammen Mädelsurlaub für Umme zu machen, zicken sie sich darüber an, wer nun ein Einzeldate mit dem Typen bekommt, wer sich zu bitchy anzieht und wer zu dünne Haare hat (und das TROTZ Extensions!!!). Dabei haben zwei australische Kandidatinnen gezeigt, wie ein echtes Happy End aussieht: Anstatt um den Typen zu kämpfen, haben sie sich ineinander verknallt und sind, zumindest laut Instagram, immer noch zusammen. Solange das nicht passiert, wäre das eine Option: