Seit vier Jahren haben anspruchsvolle Zürcher die Möglichkeit, Mängel jeder Art in ihrer Stadt über eine App zu melden. 10.000 Meldungen wurden durch die App “Züri wie neu” bisher erfasst, mehr als 50 sind es zurzeit pro Woche. Das beste an der App: Du bleibst völlig anonym, während du mit deinem Handy einen auf Hilfssheriff machst. Du musst einzig die Koordinaten des Mangels und bestenfalls ein Foto mitschicken. Innert weniger Tage prüft die Stadt Zürich dein Anliegen und beantragt die Beseitigung der Missstände bei der zuständigen Stelle. Dabei benutzen anscheinend besonders männliche Staatsangestellte die App gerne, weil sie so das Gefühl kriegen, dem Staat etwas zurückgeben zu können, berichtete die Basellandschaftliche Zeitung.
Am häufigsten beschweren sich die Zürcher über illegal entsorgten Müll oder motzen wegen überquellenden Abfalleimern. Zwischen all den Müllsäcken finden sich jedoch auch wahre Perlen im Fundus der Zürcher Hilfspolizisten. Wir haben uns durch tausende Meldungen der App geklickt, um herauszufinden, welche Luxusprobleme die Leute in deinem Kreis quälen.
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Kreis 1
Saufende Vorstadt-Kids, die nach einer Wegweisung durch die Polizei ihren Frust mit ersten Spray-Versuchen ausgleichen wollen, sind anscheinend die grössten Probleme der Innenstadt. Und weil sonst nichts los ist, weil die Innenstadt sowieso schon vor Jahren todlangweilig wurde, wünscht man sich wenigstens ein paar Bänke für einen angenehmeren Mittagssnack an der Limmat und die Stadt leistet dem Wunsch auch noch folge. Zu weit geht ihr dann aber der Wunsch, gesetzlich gegen Müll vorzugehen. Denn Sauberkeit braucht kein Gesetz.
Kreis 2
Besoffene Partygänger schmeissen im Kreis 2 ein Werbeschild auf die Bushaltestelle – DER Trunkenheitsmove schlechthin. Stellt sich nur die Frage: Wer geht denn zum Feiern überhaupt in den Zweiten? Zu viel Champagner beim Afterwork-Drink im FIFA-Museum erwischt?
Kreis 3
Der Kreis 3 ist Zürichs Pendant zum Berliner Prenzlauer Berg, nirgendwo anders finden sich so oft Meldungen zu Defekten an Spielplätzen wie in Wiedikon und Umgebung. Für die Uetliberg-Schlittenracer: Passt bei der Rechtskurve auf Höhe 565m gut auf. Der Melder machte sich sogar die Mühe, alle Informationen säuberlich auf einem Notizzettel niederzuschreiben, damit ihr die Kurve auch kriegt.
Kreis 4
Rotlicht-Problem-Bezirk mit Unmengen an Partymüll und verkotzten Hauseingängen. So manches Landei traut sich nur mit weichen Knien hierher. Die Bewohner selbst scheinen relativ relaxt damit umzugehen. Einzig das Leuchten des Sozialamtschildes wird schmerzlich vermisst.
Kreis 5
Ein Fixie-Hipster im Kreis 5 sorgt sich um sein teures Bike und verdonnert die bemitleidenswerten Stadtarbeiter zum Nachmörteln, damit seine dünne Reifen sich nicht zwischen den Pflastersteinen verfangen. Na dann, gute Fahrt!
Kreis 6
Diese Meldung über die verrutschte Abdeckung eines Tram-Pfostens sagt wohl mehr über den Zustand der Seele des Melders aus über jenen des Kreis 6. Das erkannte offensichtlich auch die Stadt Zürich. Sie machte das einzig richtige und liess, ohne inhaltlich auf die Anfrage einzugehen, Grüsse ausrichten, denen wir uns gerne anschliessen.
Kreis 7
Ein schwerer Wirbelsturm hat den Kreis 7 heimgesucht, die Opfer: umgefallene Stühle auf Privatgrund (Stadt kann leider nichts machen) und vermeintlich verdrehte Wegweiser (Luftlinie ist nicht gleich schnellster Weg). Wir stellen uns den Mitarbeiter der Stadtreinigung vor, wie er zum Tatort des Vorfalls “Littering an der Ecke Freudenberdstrasse/Forsterstrasse” fährt, nur um festzustellen, dass dieser nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fällt. Es ist ein hartes Leben.
Kreis 8
Nicht oft, aber manchmal muss der allzu pingelige Hilfssheriff aus dem Kreis 8 auch mal mit Absagen klar kommen. Was wohl der Velofahrer aus dem Kreis 5 dazu meint?
Kreis 9
Haha, Penis! Der Kreis 9-Bewohner fand das jedoch nicht so lustig und fühlte sich bei dieser Riesenschlange unwohl. Statt sich auf einen Diskurs darüber einzulassen, wie sexistisch ein Penis-Tag wirklich ist, schiebt die Stadt die Verantwortung auf die SBB ab.
Kreis 10
Immer alles vollgekotzt und dann enttäuscht auch noch der Sonnenuntergang. Das Leben auf dem Zürcher Sonnenhang muss grauenhaft sein.
Kreis 11
Nichts gegen den Kreis 10, aber mit “Gföhrlikon” kann niemand mithalten. Tod und Krankheit verbreitende Ratten, seit Wochen stinkende Kotzlachen und durch den Schnee rasende Rowdies machen Zürichs Norden zu einem harten Pflaster. Die Resignation über die haltlosen Zustände spiegeln sich in den lethargischen Worten der App-Nutzer wider.
Kreis 12
Ghetto-Schwamendingen sorgt sich, dass die Feuerwehr wegen fehlenden Strassennamen nicht zu ihrem Einsatzort findet und dass vor der Kirche zu viele Zigi-Stummel rumliegen. Gar nicht mal so Ghetto.
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